Polizisten aus Gunzenhausen: "Wir sind am Limit"

3.8.2017, 06:00 Uhr
Polizisten haben immer mehr zu tun, beispielsweise Großveranstaltungen absichern (Archivfoto vom Klassik Open Air in Nürnberg)

© Horst Linke Polizisten haben immer mehr zu tun, beispielsweise Großveranstaltungen absichern (Archivfoto vom Klassik Open Air in Nürnberg)

21 Beamte fehlten im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen, so Florian Kriester, in ganz Mittelfranken seien es rund 400. Kriester ist kommissarischer Leiter des Kreisverbands Ansbach der Deutschen Polizeigewerkschaft.

In einer Pressemitteilung kritisiert er den "desaströsen Personalzustand" bei der westmittelfränkischen Polizei. Es gebe in der Region "keine einzige Dienststelle, die so viel Personal zur Verfügung hat, wie sie tatsächlich benötigen würde, um die Arbeit zur Zufriedenheit aller erledigen zu können." Beim Versuch, "die größten Löcher bei der Polizei zu stopfen", seien neue aufgerissen worden.

Drastische Worte, doch in der Sache korrekt, meint auch der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft im Kreis Weißenburg-Gunzenhausen, Stephan Kröppel. Über die genauen Personalzahlen will er lieber nicht sprechen, doch auch er sagt: "Wir sind am Limit, wir laufen im roten Bereich."

Der Schichtbetrieb, bei dem ein Polizist an drei aufeinanderfolgenden Tagen von 13 bis 19 Uhr und dann von 7 bis 13 sowie von 19 bis 7 Uhr morgens im Einsatz ist, könne hier "gerade so aufrechterhalten" werden. "Mit zunehmendem Alter wird diese Belastung für die Kollegen immer schwerer", so Kröppel.

Radltour und Einbrüche

Spezielle Einheiten wie Einsatzzüge müssten am Wochenende ständig Fußballspiele oder Demonstrationen absichern, "die kommen teils gar nicht mehr aus ihren Stiefeln raus". Jeden Tag kämen Anzeigen wegen Internetbetrugs rein, dazu immer wieder Einbruchsdelikte, die von organisierten Kriminellen aus Osteuropa begangen würden, aber auch große Veranstaltungen wie die BR-Radltour und allgemein die hohe Zahl an Gästen im Seenland. Kröppels Fazit: "Zu viel Arbeit, zu wenig Personal."

Dabei, lobt der Gewerkschafter, seien zuletzt sehr viele neue Kollegen eingestellt worden. Aber die müssen ja erst einmal ausgebildet werden, bis sie "auf der Straße" ankommen, dauere es drei bis vier Jahre, so Kröppel. Und viele schafften es gar nicht in den ländlichen Raum und Kleinstädte wie Gunzenhausen. Sie "versickern" in Nürnberg, in Sonderkommissionen, in der Verwaltung, so seine Kritik. Das Polizeipräsidium Mittelfranken will das so nicht stehen lassen. Es könne keine "Vorrangstellung des großstädtischen Bereichs, kriminalpolizeilicher Dienststellen oder von Stabsdienststellen" abgeleitet werden, heißt es dort auf Anfrage des Altmühl-Boten. Auch der Ansbacher Gewerkschafter Kriester warnt, Groß- und Kleinstädte gegeneinander auszuspielen: Erstere seien zwar besser besetzt, hätten aber auch mehr zu tun. Nach der Grundausbildung bei der Bayerischen Bereitschaftspolizei erfolgt laut Präsidium, nach mindestens zweieinhalb Jahren, "die bedarfsorientierte Abgabe an die Präsidien", von wo der Nachwuchs dann an die Dienststellen verteilt wird.

Im Landkreis Weißenburg-Gunzenhausen gibt es drei Inspektionen: Weißenburg (50 Sollstellen), Gunzenhausen (45) und Treuchtlingen (35). Diese Sollstärken seien so bemessen, dass "alle der Dienststelle übertragenen Aufgaben im erforderlichen Umfang erledigt werden können", so die Pressestelle des Präsidiums. Personelle Abgänge würden "mittels separat geplanten Personalpools grundsätzlich ausgeglichen".

Kaum Zeit für Familie

Laut dem Gunzenhäuser Gewerkschafter Kröppel quittieren in Mittelfranken dieses Jahr aber 95 Polizisten den Dienst, nur 86 kämen nach. Stimmt die Aussage seines Ansbacher Kollegen Kriester, dass im Landkreis 21 Beamte fehlen - wobei er sich auf offizielle Zahlen beruft -, so sind die hiesigen 130 Sollstellen ohnehin nicht voll besetzt. Es bräuchte also nicht nur Ausgleich für ausscheidende Polizisten, sondern es müssten weitere eingestellt werden.

Das kostet natürlich viel Geld, doch Gewerkschaftskreischef Kriester warnt: "Wir hatten in Westmittelfranken noch nie so wenige Polizisten auf der Straße wie heute." Für ihre Familien bliebe den Kollegen kaum noch Zeit. "Wir können bald nicht mehr."

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