Raupen fressen den Gunzenhäuser Burgstall kahl

2.6.2018, 07:58 Uhr
Raupen fressen den Gunzenhäuser Burgstall kahl

© Jürgen Eisenbrand

Inmitten dieses Infernos stehen der Gunzenhäuser Forstdirektor Peter Stemmer und Franz Eitel, der örtliche Revierleiter der Bayerischen Staatsforsten. Und sie wirken durchaus beeindruckt von dem, was sie hier sehen. Zumal das massenhafte Auftreten des Schwammspinners, dem vor etwa 15 Jahren der Klimawandel den Sprung über die Alpen nach Norden ermöglichten, selbst die Fachleute überrascht hat: "Das war im vergangenen Jahr nicht absehbar", sagt Stemmer.

Erste Alarmzeichen entdeckten Experten im Winter, als die Landesanstalt für Wald- und Forstwirtschaft bei der Suche nach den charakteristischen Gelegen des Falters andernorts fündig wurde. Also suchte man auch am Burgstall — und machte eine fatale Entdeckung: "Wenn man in einem Wald je Baumstamm in Augenhöhe eines der Gelege entdeckt, droht im Frühjahr eine Massenvermehrung", erklärt Eitel. "Am Burgstall haben wir bis zu 14 gefunden!" Und in jedem schlummerten bis zu 1000 winzige Räupchen, darauf wartend, ab etwa Mitte April ihr zerstörerisches Werk zu beginnen.

Kampf mit Insektengift

Viele Waldbesitzer in ebenfalls betroffenen Forsten in Unter- und im Landkreis Neustadt/Aisch-Bad Windsheim entschlossen sich mangels natürlicher Fressfeinde (nur Kuckuck und Pirol kämen dafür in Frage), den gierigen Eichenblatt-Vertilger mit dem Insektizid "Mimic" zu bekämpfen — offenbar recht erfolgreich, wie erste Eindrücke nahelegen.

Raupen fressen den Gunzenhäuser Burgstall kahl

© Jürgen Eisenbrand

Das Problem: "Mimic", ein Hormon, das die Häutung der Raupen beschleunigt, muss vom Hubschrauber aus großflächig ausgebracht werden — und ist deshalb für die Anwendung am Burgstall ungeeignet. "Das Areal ist als FFH-Gebiet besonders geschützt", erklärt Revierleiter Eitel. Außerdem grenzten gleich zwei Kliniken unmittelbar an den Wald, das Freibad sei nicht weit, und auch die Wohnbebauung sei zu nahe, um das Gift aus der Luft zu verteilen.

So müssen die beiden Forstleute nun tatenlos zusehen, wie die etwa 5 Zentimeter langen Raupen die Kronen der Eichen kahlfressen. Wobei sie, wenn das Futter knapp wird, auch nicht zögern, auf anderes Laub auszuweichen: "Da sind sie nicht sehr wählerisch", sagt Jürgen Stemmer.

Und der Spuk ist noch nicht vorbei. Weil die Schwammspinner-Raupen eine für derartige Falter ungewöhnlich lange Fressperiode haben, werden sie vor der Verpuppung Mitte Juni vermutlich noch weitere zwei Wochen am Burgstall wüten — und damit wohl auch den zweiten, Johannistrieb genannten, Blattansatz der Eichen vernichten.

Trotzdem glauben Stemmer und Eitel, dass die Eichen im nächsten Frühjahr wieder austreiben werden. "Sie sind dann allerdings etwas geschwächt, weil ihnen Nährstoffe im Boden fehlen", sagt Stemmer. Beide Experten betonen freilich auch, dass ein zweites Jahr mit einem massenhaften Schwarmspinner-Befall für die Bäume kritisch werden könnte. "Dann muss man womöglich auch noch einmal neu über den Einsatz von Gift nachdenken."

In einem Punkt können sie aber auf jeden Fall Entwarnung geben: Viele besorgte Menschen riefen in den letzten Tagen bei ihren Dienststellen an und wähnten am Burgstall den für den Menschen höchst unangenehmen, weil allergische Reaktionen auslösenden, Eichenprozessionsspinner am Werk. "Beim Schwarmspinner sind kaum allergische Probleme bekannt", sagt Eitel. Und Stemmer ergänzt: Das jetzt ist zwar eklig, aber ungefährlich."

Verwandte Themen


Keine Kommentare