"Segeltaxi" verhilft zu unbeschwerten Urlaubstagen

31.8.2016, 07:00 Uhr
Die Aktion „Segeltaxi“, initiiert von Lothar Schiele (Dritter von links), ermöglicht Familien mit schwer kranken Kindern ein paar schöne Urlaubstage, wie hier am Großen Brombachsee an der Absberger Seespitz.

© Foto: Ellinger Die Aktion „Segeltaxi“, initiiert von Lothar Schiele (Dritter von links), ermöglicht Familien mit schwer kranken Kindern ein paar schöne Urlaubstage, wie hier am Großen Brombachsee an der Absberger Seespitz.

Es ist eine traurige und zugleich Mut machende Geschichte, die Lothar Schiele auf einem kleinen Segelboot am Ufer der Absberger Seespitz erzählt. Vier Jahre alt war sein Sohn Hannes, als er an Leukämie erkrankte und deshalb viel Zeit im Krankenhaus verbringen musste. Dabei merkte die Familie, dass viele Dinge in der Klinik nur über Spenden finanziert sind, beispielsweise ein Spielzimmer oder ein Fernseher für die Kinder oder auch Erzieherstellen.

"Und immer wieder hat etwas gefehlt, etwa ein Radiergummi", erinnert sich Lothar Schiele. Hannes fackelte nicht lange, besorgte sich das Geld von seiner Oma und spendete es für eine Neuanschaffung. Mit sieben Jahren hatte der segelbegeisterte Junge die Idee, Fahrgäste mit seinem Boot über den heimatlichen Bucher Stausee zu schippern — wie ein richtiges Taxi gegen Geld versteht sich, das er wiederum einem guten Zweck zur Verfügung stellen wollte. Dafür gründete er seine Firma "Segeltaxi", gestaltete ein eigenes Logo und stellte seinen Freund als Hilfskapitän an. Seine Religionslehrerin fungierte als Sekretärin.

Sogar die Einladungen zur Eröffnung waren bereits geschrieben, aber die Umsetzung seiner Pläne durfte Hannes nicht mehr erleben, 2008 starb er an seiner Krankheit. Seine Idee aber sollte weiterleben, und so stattete Vater Lothar 2009 sämtlichen Vereinen rund um den Bucher Stausee einen Besuch ab und warb für das "Segeltaxi". Schnell fanden sich genügend Mitstreiter und noch im selben Jahr wurde unter diesem Namen das erste Fest mit Mitsegel-Aktion, Musik, Tanz und Tombola gefeiert. Seither steht es alle zwei Jahre als feste Größe im Veranstaltungskalender, freut sich der 52-Jährige.

Viele Unterstützer

Alle Erlöse fließen ausnahmslos in die Spendenkasse, die der beteiligte Verein "Unterwegs gegen Krebs" verwaltet und kommen Vereinen und Institutionen wie dem Kinderhospizdienst Aalen zugute. Mittlerweile unterstützen auch drei Paten (Schauspieler Horst Janson, Arved Fuchs und Michael !Flex" Flechsler als lokale Größe) sowie zahlreiche Firmen als Sponsoren die Benefizaktion. Dadurch war es möglich, 2012 das Projekt "Familien aufs Boot" zu starten.

Darüber soll verwaisten Familien oder Familien mit schwer kranken beziehungsweise wieder gesunden Kindern ein Stück Lebensqualität geschenkt werden. "Sie sollen auch etwas von der Sonnenseite des Lebens kennen lernen", so die Intention des engagierten Vaters. Eine Krankheit wie Krebs betreffe immer die ganze Familie, ergänzt seine Frau Ksenija Kreutz-Schiele. "Deshalb muss auch der ganzen Familie geholfen werden."

Da sie aus Kroatien stammt und Hannes dort sehr gerne seine Ferien verbrachte, lag das Ziel der ersten Reise auf der Hand, und auch seine Leidenschaft für den Segelsport fließt in dieses Projekt ein: 2014 wurde erstmals ein Schiff gechartet und von Split aus zu einer einwöchigen Fahrt aufgebrochen.

An Bord waren 25 Gäste und drei Betreuer. Welche Familie in den Genuss einer solchen Fahrt kommt, überlassen die Initiatoren den Fachleuten des Kinderhospizdiensts Aalen. "Die haben da freie Hand", erklärt Lothar Schiele. Die Familien werden aber eine Woche lang nicht einfach sich selbst überlassen. Als Ansprechpartner und Stütze fahren stets Pädagogen des Diensts mit.

Nach zwei Aufenthalten in Kroatien, haben sich die Verantwortlichen des "Segeltaxis" mit dem Großen Brombachsee heuer für ein Revier in Deutschland entschieden. Zum einen durften auf dem Schiff in Kroatien keine Kinder unter sechs Jahren mitreisen, zum anderen können es Familien mit akut kranken Kindern nicht riskieren, sich zu weit vom "eigenen Krankenhaus" zu entfernen.

Unterkunft am Brombachsee

Nicht zuletzt durch die Vermittlung von Jens Weiland, der in Gunzenhausen einen Bootsservice betreibt, und das "Segeltaxi" seit einigen Jahren unterstützt, fiel die Wahl auf das Fränkische Seenland. Quartier bezogen hat die 23-köpfige Gruppe im "Jägerhof" in Absberg, am Hafen liegen drei angemietete Segelboote bereit und die Räder warten auf ausgiebige Touren.

Eine große Stütze sind die beiden ehrenamtlichen Skipper Thomas Mayer und Peter Kuch, die schon in Kroatien dabei waren, und die auch dieses Jahr wieder eine Woche Urlaub nehmen, um den Familien das Segeln zu ermöglichen. "Sie sind Männer der ersten Stunde", loben die Schieles das Engagement der beiden.

Das Ehepaar und Tochter Darija nutzten das Wochenende, um sich selbst ein Bild von der Urlaubsregion zu machen. Und sie sind begeistert: "Es ist hier alles wunderbar für Familien angelegt". Daher wird das "Segeltaxi" wahrscheinlich in zwei Jahren erneut am Brombachsee anlegen, nächstes Jahr soll es wieder nach Kroatien gehen.

Weitere Informationen über die Benefizaktion gibt es im Internet unter www.segeltaxi.com.

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