Stadthalle Gunzenhausen: Handwerk schimpft über Politiker

20.7.2017, 18:00 Uhr
Stadthalle Gunzenhausen: Handwerk schimpft über Politiker

© Kreishandwerkerschaft

Ausschlaggebend hierfür war die Vergabepraxis der Stadt Gunzenhausen. Dort werden für die Generalsanierung der Stadthalle in diesem Jahr cirka 16 Millionen Euro ausgegeben. Regionale Unternehmen kämen dabei allerdings so gut wie nicht zum Zuge, bedauerte das Führungsgremium des Verbands bei einem Pressegespräch in Oberasbach. Zu Gast war man beim stellvertretenden Kreishandwerksmeister Hermann Grillenberger, der auf den herben Kapitalabfluss aufmerksam machte, den das "Gebaren" der Altmühlstadt nach sich ziehe.

Die rechtfertige ihr Verhalten zwar damit, dass sich regionale Handwerksbetriebe in Sachen Stadthalle entweder nicht beworben hätten oder zu teuer gewesen seien – doch Grillenberger lässt beides nicht gelten. Wenn man sich auf die Veröffentlichung im Staatsanzeiger verlasse und keine weiteren Hinweise in der Tageszeitung gebe, brauche man sich über fehlende Resonanz aus dem heimischen Raum nicht zu wundern.

Bei Renovierungen und Umbauarbeiten hätten die regionalen Firmen aufgrund der oft erforderlichen Planänderungen einen deutlichen Vorteil in puncto Flexibilität und Anfahrtszeiten. Sie seien daher bei den zu erwartenden Nachträgen weitaus günstiger. Es wäre durchaus möglich gewesen, die Ausschreibung mittelstandsgerecht zu gestalten, hieß es bei der Zusammenkunft. Entsprechende Richtlinien seien schon vor etwa zehn Jahren im Wirtschaftsbeirat ausgearbeitet worden und der Stadt Gunzenhausen auch bekannt. Bei Beachtung von all dem wäre es möglich gewesen, 20 bis 30 Prozent der Aufträge in die Region fließen zu lassen. Der wären dann wiederum verbesserte Einnahmen aus Gewerbe-, Einkommens- und Lohnsteuer beschieden gewesen. Der Baustoffhandel vor Ort hätte einen Schub bekommen, die Arbeitsplatzlage sich weiter entspannt.

 

Nicht zu vergessen sei der ideelle Vorteil: "Mitarbeiter heimischer Firmen identifizierten sich hochgradig auch mit heimischen Projekten." Und die Betriebe in der Region könnten sich in dieser selbst "keine Fehler leisten". Er wünsche sich vom Stadtrat, dass er sich "mit gleicher Leistungsbereitschaft, Begeisterung und Kreativität für das regionale Handwerk einsetzt wie bei den Themen Kirchweih und Eislaufbahn", betonte Grillenberger. Und sich fraktionsübergreifend für die Arbeitsplatzerhaltung bei den Unternehmen vor Ort engagiere, wie es bei Industriearbeitsplätzen selbstverständlich sei. Für Chancengleichheit brauche es auch einen längeren Vorlauf bei Ausschreibungen, um die Aufträge planbar zu machen.

Auch die Breitbandversorgung bereitet der Kreishandwerkerschaft Kopfzerbrechen. Vielerorts quälten sich große Datenmengen über Stunden durch die Leitung. Auch die Umstellung eines großen Anbieters auf IP-Telefonie führe vielerorts dadurch zu Problemen, dass es bei kleinen Firmen bis zu dreimal pro Woche längere Ausfälle der Telefonanlage gibt, wie der stellvertretende Kreishandwerksmeister Klaus Weber zu berichten wusste. Mit seinen Kollegen ärgert er sich auch über die seit 2000 um hundert Prozent gestiegenen Strompreise. Energieintensive Kleinbetriebe gerieten so in Existenznot, während Großkonzerne auch noch von der EEG-Umlage als dem Hauptpreisfaktor befreit würden. Das sei "Energiewende auf Kosten der Stromkunden", so Weber.

Freilich gelte es aber auch, die "Chancen und enormen Aufstiegsmöglichkeiten" zu sehen, die das Handwerk trotz allem nach wie vor und mehr denn je biete, unterstrich Kreishandwerksmeister Hanno Dietrich. Es würden derzeit nicht nur sehr viele Fachkräfte in 150 Berufen ausgebildet, sondern den Nachwuchsprofis stünden durch Weiterbildung zum Meister oder Techniker aussichtsreiche Karrieren ins Haus, etwa auch durch Betriebsübernahmen. Gerade in nächster Zeit erwarte man hierzulande vielfach einen altersbedingten Generationswechsel.

]Meisterbrief bürgt für Qualität

[Um solch geglückte Stabsübergaben und florierende Unternehmen weiter zu forcieren, solle aber der Meisterbrief als Qualitäts- und Ausbildungssiegel erhalten bleiben. Leider stelle sich die Europäische Union hier etwas quer. Und es müsste auch die Leistung der Betriebe über entsprechende Endpreise akzeptiert werden – denn in ihnen spiegelten sich auch faire Lohnkosten wider.

Die Entwicklung auf dem Ausbildungsmarkt gestaltete sich positiv. In den vergangenen beiden Jahren seien in der Region bis zu zweistellige prozentuale Steigerungen bei der Zahl neuer Lehrverhältnisse im Vergleich zum Vorjahr verzeichnet worden. Dennoch seien aufgrund der guten konjunkturellen Lage noch viele Lehrstellen frei und gut qualifizierte Schulabgänger gefragt, bekräftigte Sebastian Dörr, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft.

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