Verpa-Gunzenhausen: Dicke Geschäfte mit hauchdünner Folie

26.8.2016, 07:00 Uhr
Verpa-Gunzenhausen: Dicke Geschäfte mit hauchdünner Folie

1979 gründete der heutige Senior-chef Joachim Baumann in Weidhausen bei Coburg die Verpa GmbH. „Anfangs als reinen Verpackungs-großhändler“, wie sich sein Sohn André erinnert. Der Diplom-Betriebswirt ist seit mehr als 15 Jahren ebenfalls im Unternehmen tätig und hat die Anfänge von Verpa in der Altmühlstadt besonders intensiv miterlebt: „Ich habe meine Diplomarbeit 1999 über die Übernahme der Firma All-Plastic Mayer geschrieben.“

Schon drei Jahre zuvor hatte Verpa seinen Verkaufsschlager Verpalin als Markenzeichen eintragen lassen: besonders dünne Folien aus Polyethylen (PE), die dank spezieller PE- Mischungen bis zu 50 Prozent an Material sowie Transport- und Lagerkosten einspart. „Unsere Grundidee war damals: Wir wollen die Ware selber produzieren, aber wir wollen etwas Besonderes herstellen“, sagt André Baumann. Und nennt eindrucksvolle Beispiele.

So sei es gelungen, die Verpackungsfolien für die oberfränkische Polstermöbelindustrie von 150 Mikrometer (µm, millionstel Meter) Stärke auf 60 µm zu reduzieren. Und die Stärke der Folien, in der der Treuchtlinger Mineralwasserproduzent „Altmühltaler“ seine PET-Flaschen einschweißt, sei schrittweise und über Jahre hinweg von 60 auf nunmehr 28 µm geschrumpft. „Wir sind fest davon überzeugt, dass solche Verpackungen notwendig sind“, sagt der 43-Jährige. „Aber wenn wir schon verpacken, dann mit so wenig Material wie möglich. Das schont die Ressourcen.“

Die Folienmengen, die die Verpa-Werke in Gunzenhausen, Weidhausen und dem polnischen Wroclaw (ehemals Breslau) verlassen, sind dennoch gigantisch: 55 000 Tonnen sind es pro Jahr, womit die Gruppe, die 471 Mitarbeiter beschäftigt (davon etwa 200 in der Altmühlstadt), rund 110 Millionen Euro umsetzt.

Verpa-Gunzenhausen: Dicke Geschäfte mit hauchdünner Folie

Dafür laufen die Maschinen in der Industriestraße auch rund um die Uhr an sieben Tagen in der Woche. 16 so- genannte Extruder — groß wie ein Sattelschlepper und millionenteuer — verarbeiten jeweils pro Stunde bis zu 500 Kilogramm Granulat zu Schlauchfolie. Und spucken diese mit einer Geschwindigkeit von 100 Metern pro Minute aus einer Düse aus, die den Laien an ein aufrecht stehendes Jet-Triebwerk erinnert — durchaus auch, was deren Geräuschentwicklung angeht.

Von dort läuft die Folie einige Meter senkrecht nach oben, ehe es über ein Gewirr von Rollen und Walzen über Dutzende von Metern bis zu jener Walze geht, auf die sie schließlich aufgerollt und entweder für den Versand oder für die Weiterverarbeitung vorbereitet wird.

Eine Form der Weiterverarbeitung ist das Bedrucken. Und dafür hat Verpa jüngst mächtig investiert: Für mehrere Millionen Euro kaufte das Unternehmen für den Standort Gunzenhausen zusätzlich zur wenige Jahre alten Acht-Farben- noch eine Druckanlage, die gleich zehn Farben verarbeiten kann. „Das sind die modernsten Anlagen der Welt“, schwärmt der Gunzenhäuser Werksleiter Marco Stenglein (34). Bis zu 600 Meter Folie kann man damit pro Minute bedrucken. Auch Sonderfarben wie Gold oder Silber, die anspruchsvolle Kunden mit ebenso anspruchsvollen Verpackungen gerne ordern.

Verpa-Gunzenhausen: Dicke Geschäfte mit hauchdünner Folie

© Fotos: Eisenbrand

Fünf Ingenieure tüfteln am Verpa-Stammsitz Weidhausen tagtäglich an neuen, innovativen Ideen. Und sind dabei offenbar überaus erfolgreich: Verpalin wird immer dünner (Mindeststärke derzeit: 6 µm), und die fränkische Folie erschließt sich in verschiedenen PE-Rezepturen immer neue Märkte: als Wellfolie etwa in der Käseherstellung, als Butterfolie soll sie die ökologisch nicht unproblematische Alu-Papier-Kombination ersetzen, die „Verpalin life“-Variante ist aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt, und „Verpalin Diamant“ ist eine besonders glatte Folie, an der sich Keime und Bakterien kaum noch anhaften können — interessant vor allem für schnell verderbliche Lebensmittel und Frischfleisch-Verpackungen. Und auch die Pharma-Branche will man von Gunzenhausen aus mit innovativen Verpackungsideen erobern.

„Signal für die Zukunft“

Kein Wunder also, dass sich derzeit an der Gunzenhäuser Industriestraße laut Baumann niemand Sorgen um seinen Arbeitsplatz machen muss, im Gegenteil: In wenigen Tagen wird der Kauf des benachbarten, 7500 Quadratmeter großen Aldi-Geländes notariell unter Dach und Fach gebracht — die Zeichen stehen auf Expansion. „Wir arbeiten derzeit an einem Konzept für das Gelände“, sagt Baumann, der dieses Engagement durchaus als gutes „Signal für die Zukunft“ verstanden wissen will.

Bedarf für zusätzlichen Platz jedenfalls ist vorhanden: Schon jetzt wurden Immobilien in Pleinfeld und Merkendorf angemietet, neben der Bäckerei Kleeberger entstand eine Leichtbauhalle, und wenn das Aldi-Gebäude erst mal in Verpa-Besitz sei, „werden wir zwei Tage später schon Teile unseres überquellenden Lagers dort untergebracht haben“, lacht der Unternehmer.

Der übrigens bei einem einzigen Kunden mit der erfolgreichen „Dünn-dünner-Verpalin-Strategie“ seit vielen Jahren keinen Schritt vorankommt: „Alle Playmobil-Figuren, die Sie kaufen können, sind in Verpalin eingeschweißt“, sagt André Baumann: Folienstärke: satte 38 Mikrometer. Weniger wäre technisch natürlich schon lange möglich, aber: „Daran hindern uns gesetzliche Vorschriften; Kinder könnten die Folie sonst zu leicht verschlucken.“

 

Keine Kommentare