Von Müllauto erdrückt: Mildere Strafe für Gunzenhäuser

5.7.2018, 12:21 Uhr

Seit jenem Tag, an dem er einen Kollegen tödlich verletzte, will sich Manuel K. (Name geändert) nicht mehr ans Steuer setzen. Der damals 21 Jahre junge Gunzenhäuser fuhr jenen Mülllaster, der einen Tonnenleerer in Ellingen zwischen Fahrzeug und Hauswand einklemmte; elf Tage später starb der Mann im Krankenhaus. Jetzt stand Manuel K. vor dem Weißenburger Amtsgericht, um für eine mildere Strafe zu kämpfen.

Rückblick: Am 9. Oktober vergangenen Jahres näherte sich der leuchtend orangefarbene Mercedes, den Manuel K. lenkte, der Engstelle der Hinteren Gasse in Ellingen. In Schrittgeschwindigkeit, denn am Ende der schmalen Gasse wollte er nach links in die Schloßstraße einbiegen. Das Problem, so schilderte er es vor Gericht: "Ich saß zum ersten Mal in diesem Auto, und ich fuhr auch diese Strecke zum ersten Mal."

Manuel Ks. Unerfahrenheit trug mutmaßlich einen gehörigen Teil zu jener Tragödie bei, die sich dann ereignete. Hinzu kam, dass auch sein Kollege offenbar zum ersten Mal als Müllwerker unterwegs war: "Er hat sonst in der Sortieranlage in Markt Berolzheim gearbeitet", sagte der inzwischen 22-jährige Angeklagte. Fakt ist: Manuel K. holte vor dem Linksabbiegen nicht weit genug aus - und schrammte mit der linken Seite und dem Heckaufbau seines Spezialfahrzeugs an der Hauswand entlang, wie Schleifspuren am Gebäude den ermittelnden Beamten verrieten.

Warnung kam zu spät

Sein Kollege, der offenbar noch versucht hatte abzuspringen, konnte sich nicht mehr in Sicherheit bringen: Er wurde erdrückt. Der zweite Müllwerker drückte zwar noch den Alarmknopf, aber als Manuel K. auf das dann folgende laute Klingeln hin auf den Bildschirm seiner Rückfahrkamera blickte, "habe ich nur noch gesehen, wie der andere Kollege die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen hat". Er habe sofort angehalten, sei ausgestiegen - und habe "dann den Kollegen eingeklemmt gesehen". 

Im April dieses Jahres hatte Manuel K. einen Strafbefehl erhalten. Der Vorwurf: fahrlässige Tötung. Das Strafmaß: 120 Tagessätze à 50 Euro, also 6000 Euro. Gegen die Höhe dieser Geldstrafe legte sein Anwalt Rechtsmittel ein: "Maximal 90 Tagessätze" seien angemessen. Genau bis zu dieser Grenze gilt ein Verurteilter als nicht vorbestraft.

Richter Gunter Hommrich, der auf die Ladung von Zeugen und Sachverständigen verzichtet hatte, ließ gleich zu Beginn der Verhandlung erkennen, dass für ihn der "Sachverhalt eher nach einem Unglücksfall" aussehe. Nach der Befragung des Angeklagten erklärte er dann, er sei ebenfalls der Ansicht, dass es sich "um eine Straftat handelt, die maximal 90 Tagessätze als Strafe erfordert". Und er stellte dem Anwalt in Aussicht, dass sein Urteil so ausfallen werde.

Angeklagter war geständig

Zwar blieb die Vertreterin der Anklage mit ihrer Forderung nach 100 Tagessätzen leicht über dem Antrag der Verteidigung, räumte allerdings auch ein, dass einiges zu Gunsten des Angeklagten spreche: Er sei geständig, habe wenig Erfahrung als Müllfahrer gehabt, und sein Verkehrsverstoß sei an sich "nicht gravierend" gewesen. Eine Vorstrafe wegen Fahrens ohne Führerschein stamme zudem aus seiner Jugendzeit, danach habe er sich nie mehr etwas zuschulden kommen lassen.

Nach etwa 90-sekündiger Beratungszeit verkündete Amtsrichter Hommrich dann das erwartete Urteil: 90 Tagessätze à 50 Euro, die Manuel K. in 20 Monatsraten zu je 225 Euro abstottern muss. Der Angeklagte zeige sich reuig und sei glaubhaft, zudem habe die erwähnte Vorstrafe wenig Gewicht, argumentierte er. Nachdem Staatsanwaltschaft wie auch Verteidigung erklärten, auf weitere Rechtsmittel zu verzichten, erklärte Hommrich sein Urteil für sofort rechtskräftig.

Für Manuel K. hat jener schicksalhafte Tag im Herbst vor allem eine Folge: Der Berufskraftfahrer, der bei seinem Arbeitgeber, einem Entsorgungs-Unternehmen im Gunzenhäuser Ortsteil Aha, gelernt hatte, sitzt nicht mehr hinterm Steuer, sondern arbeitet dort als Lagerist: "Ich habe meinem Chef nach dem Unfall gesagt, dass ich nicht mehr Lkw fahren will", sagte er mit stockender Stimme vor Gericht.