Warnstreiks der Metaller in Gunzenhausen

1.2.2018, 18:02 Uhr
Warnstreiks der Metaller in Gunzenhausen

© Fotos: Erich Neidhardt

Mit ihren Warnstreiks erhöhte die IGM gestern und auch schon in den Tagen zuvor unter anderem in Nürnberg den Druck bei den laufenden Tarifverhandlungen für die Metall-und Elektroindustrie. Dabei griff man zu einem bislang noch nie angewandten Mittel: Erstmals wurde in bayerischen Betrieben die Arbeit ganze 24 Stunden lang niedergelegt. "Das soll die Arbeitgeber zum Nachdenken bringen", formulierte Franz Spieß, der Erste Bevollmächtige der IG Metall Schwabach, bei den Kundgebungen vor den Werkstoren von INA-Schaeffler und Pressmetall zusammen mit dem Politischen Sekretär bei der IGM Schwabach Horst Schmitzberger das Ziel.

Zahlreich hatten sich Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der beiden Betriebe zu den Kundgebungen eingefunden. Sie trotzten dem nasskalten und unfreundlichen Wetter und machten mit Transparenten auf die aktuellen Forderungen der Gewerkschaft aufmerksam. Zum Aufwärmen standen Zelte bereit, die die Streikenden mit flotter Musik empfingen. Hier gab es außerdem zur Stärkung Kaffee und Limo sowie belegte Semmeln und Brezen. Mittags wartete eine "tarifpolitische Brotzeit" auf die Teilnehmer, die in einem Großzelt auf dem Parkplatz des Gasthofs Jungmeier in Schlungenhof genossen werden konnte. Hier fand sich abends auch der Bezirksleiter der IG Metall Bayern, Jürgen Wechsler, ein und sprach zu den Gästen. Die katholische Betriebsseelsorge Eichstätt war mit Diakon Kurt Reinelt vor Ort.

Die Forderungen der Gewerkschaft untermauerten gestern landkreisweit über 1100 Mitarbeiter: Knapp 580 bei Pressmetall, 400 bei Ina-Schaeffler und 150 bei Krauss Maffei in Treuchtlingen, wo ebenfalls gestreikt wurde. Auch hier blieben 24 Stunden lang die Lichter aus. Die "absolut hohe Zustimmung" wertete Franz Spieß als ein Zeichen, "dass die Leute dahinterstehen". "Würdet Ihr so arbeiten, wie die Arbeitgeber verhandeln, dann wären Firmen wie Schaeffler längst pleite", brachte Spieß vor der Fabrik in der Industriestraße den Ärger der Gewerkschafter über die schleppenden Verhandlungen auf den Punkt und erntete dafür spontanen Applaus. Diesen spendeten auch Kolleginnen und Kollegen der Firmen Bergner (Schwabach) und Leoni (Roth), die mit ihrem Kommen ihre Solidarität mit den Gunzenhäusern bekundeten.

"Miteinander für morgen" lautet das Motto der IG Metall für ihre aktuelle Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie. Die Gewerkschaft fordert für die bundesweit rund 3,9 Millionen Beschäftigten sechs Prozent mehr Geld und die Wahloption, ihre Arbeitszeit für bis zu zwei Jahre auf bis zu 28 Stunden pro Woche zu verringern. Seit Ende November 2017 wird in den Tarifgebieten mit den Arbeitgebern verhandelt — bisher ohne Ergebnis. Der Gewerkschaft geht es um mehr Bezahlung für die Beschäftigten und um Arbeitszeiten, "die zum Leben passen".

Warnstreiks der Metaller in Gunzenhausen

Beschäftigte, die ihre Arbeitszeit reduzieren, um Kinder unter 14 Jahren im Haushalt zu betreuen oder Familienangehörige zu pflegen, sollen obendrein einen fixen Zuschuss von 200 Euro pro Monat von ihrem Arbeitgeber erhalten. Beschäftigte in Schichtarbeit oder anderen gesundheitlich belastenden Arbeitszeitmodellen, die ihre Wahloption nutzen und ihre Arbeitszeit verkürzen, sollen ebenfalls einen Entgeltzuschuss erhalten — 750 Euro im Jahr.

"Gemeinsam für ein gutes Leben und gutes Geld für gute Arbeit in allen Branchen", brachte Franz Spieß bei der Kundgebung vor INA-Schaeffler die Position der Gewerkschaft auf den Punkt. Er ist überzeugt, dass kein Arbeitgeber in den Branchen Metall und Elektro demnächst verarmen wird, wenn die Mitarbeiter in der geforderten Höhe am wirtschaftlichen Erfolg teilhaben können. Das Angebot der Arbeitgeber — 200 Euro Einmalzahlung, zwei Prozent Entgelterhöhung und 15 Monate Laufzeit — sei nicht akzeptabel.

"Der Umsatz je Beschäftigten betrug 2016 nach Gesamtmetall-Berechnungen 285 233 Euro und eine Netto-Gewinn-Quote von vier Prozent", gab Spieß bekannt. Damit habe jeder Beschäftigte 11 409 Euro nach Steuern erwirtschaftet. Das Angebot der Arbeitgeber mit zwei Prozent bedeute bei 3000 Euro 60 Euro brutto mehr. Hier könne man ganz sicher nicht von einer "vernünftigen Entgelterhöhung" und "angemessenen Beteiligung" sprechen. "Gutes Geld für gute Arbeit, so wird ein Schuh daraus", rief Spieß den zustimmend nickenden Zuhörern zu.

Der Sprecher stellte klar, dass die geforderte Arbeitszeitverkürzung nicht in Anspruch genommen werden muss und niemand dazu gezwungen werden kann. "Sie ist ein Recht, das Ihr beanspruchen könnt, wenn es zu Eurem Leben passt oder Ihr es passend machen müsst, weil Euch das Leben in die Verantwortung nimmt", führte er erklärend an. Erziehung und Pflege seien solche Situationen. Dafür fordere die IGM die Möglichkeit der verkürzten Vollzeit. Nicht unerwähnt ließ der Gewerkschaftssprecher, dass zum geforderten Arbeitszeitmodell auch "vernünftige Zuschüsse" gehören. "Denn Ihr müsst es Euch auch leisten können, wenn Euch die Verantwortung gegenüber den Menschen, die Ihr liebt, in die Pflicht nimmt", machte er deutlich.

"Verantwortung für Familie und Erholung bei belastenden Arbeitsbedingungen dürfen keine Frage des Geldbeutels sein, sondern sind unverzichtbare Bausteine einer modernen Arbeitswelt", fasste Franz Spieß zusammen. Er kündigte an, dass die IG Metall weiterhin Druck machen wird. "Für gerechte Beteiligung und Zeit zum Leben, statt Almosen und Arbeit bis zum Umfallen", wie er sagte.

Die Verhandlungsführer auf der gegenüberliegenden Seite des Tisches müssten erkennen: "Es ist fünf nach zwölf und die Geduld unserer Kolleginnen und Kollegen ist endlich". Sollten sich die Arbeitgeber nicht auf die Gewerkschaft zubewegen, dann heiße die Devise: "Urabstimmung und unbefristete Streiks", kündigte Franz Spieß an.

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