Warnung vor dem bösen Wolf: Jäger blasen zum Angriff

10.4.2018, 17:30 Uhr
Warnung vor dem bösen Wolf: Jäger blasen zum Angriff

© Foto: Jürgen Leykamm

Vor allem der Bundestagsabgeordnete Artur Auernhammer sprang den Waidmännern bei, bei denen die Skepsis vor dem Tier überwiegt. Wie mit seinem Wiedererscheinen hierzulande umgegangen werden soll, sei ein "drängendes Thema", so der Parlamentarier. Denn die Wolfspopulation steige jährlich um bis zu 30 Prozent an.

Für die Landwirtschaft bleibe das nicht ohne gravierende Folgen. Es gebe jetzt schon Fälle, in denen bis zu 300 Kilogramm schwere Rinder von Wölfen gerissen worden seien. "Wo ist dann da der Tierschutz?", fragte Auernhammer provozierend. Hier müsse gegengesteuert werden, deswegen solle der Wolf "raus aus dem Artenschutz!", so die Parole des Abgeordneten.

Es dürften auch "Entnahmen" kein Tabu darstellen, und es müsse klar gesagt werden, was sich dahinter verberge. "Ich habe schon in der vorigen Großen Koalition bewusst von Abschuss gesprochen, was bei der damaligen Umweltministerium Barbara Hendricks gewisse Wallungen hervorgerufen hat", so der Abgeordnete aus Oberhochstatt. Auch jetzt spreche man in Berlin lieber von Herdenschutz.

Einschreiten muss erlaubt sein

Ungeachtet dessen, dass Wölfe auch eineinhalb Meter hohe Zäune übersprängen und das sogenannte "Rosenthalrudel" (Landkreis Bautzen) derzeit vormacht, wie sie noch viel bequemer egalisiert werden könnten. Denn dieses versetze Schafe hinter Elektrozäunen so lange in Panik, bis sie von selber ausbrächen und dann keine Chance auf Entkommen mehr hätten. "Die Wölfe lernen eben dazu", so Auernhammer. Gerade in solchen Fällen "muss man einschreiten dürfen". 

Warnung vor dem bösen Wolf: Jäger blasen zum Angriff

© Fotos: Harald Fritsch

Dabei gehe es aber lediglich um die Regulierung des Bestands, nicht darum, "jeden Wolf abzuknallen". Der Politiker warf auch noch ein weiteres Argument in die Waagschale: Die nach der DDR-Grenzöffnung ausgewilderten, alles andere als menschenfreundlichen Grenzhunde könnten sich mit der Wolfspopulation vermischt haben, zumindest werde diese Option gerade erforscht. Erweise sich die Vermutung als wahr, resultiere daraus "eine extreme Bedrohung".

Managementplan in Bayern fehlt

Für Wildtiere sei diese längst da. So wage es etwa in vielen Landstrichen Mecklenburg-Vorpommerns kein Rotwild mehr, im Wald zu schlafen, weil es "eine Nacht dort nicht überlebt", so der neue Jagdvereinsvorsitzende Harald Fritsch. Den sogenannten "Nichtangriffspakt" zwischen Wölfen und Schweinen, wie er von Naturschützern postuliert werde, verwies Fritsch ins Reich der Legenden. In maximal drei Jahren werde man über das Thema Wolf "noch ganz anders diskutieren", denn "die Bedrohungslage wird stärker!". Nach wie vor fehle in Bayern ein Managementplan für den Wolf. Komme weiterhin keiner, werde sich die Population auch in Mittelfranken "stark und schnell ausbreiten".

Warnung vor dem bösen Wolf: Jäger blasen zum Angriff

© oH

Das Agieren etwa der Mittleren Naturschutzbehörde in Ansbach vor diesem Hintergrund sei eher ernüchternd, sagte Fritsch. Wenn er dorthin etwa Bilder von Wolfsspuren schicke, werde diesen Hinweisen nicht weiter nachgegangen. "Wir wissen doch Bescheid", heiße es dann. Doch solle all dies unter den sprichwörtlichen Teppich gekehrt werden, so die Vermutung des Vorsitzenden, der sich durch die mangelhafte Ausstattung der Behörden bestätigt sieht.

Fehlende Kühlmöglichkeiten

In Ansbach etwa fehle es an Kühlmöglichkeiten für DNA-Proben. Auch die Arbeitsgruppe "Große Beutegreifer" des Landesamts für Umwelt in Hof werde vom Umweltministerium "offensichtlich unzureichend mit Mitteln" ausgestattet, sodass es auch dort an Kühltruhen mangele. Fritsch gegenüber unserer Zeitung: "Ein Skandal!".

Seine Erfahrung in der Kommunikation mit den Behörden: "Zwischen den Zeilen kommt zum Ausdruck, dass man so wenig wie möglich Öffentlichkeit will." Zudem mangle es an der Finanzierung der eigentlichen DNA-Analysen. Was die Gefriertruhe anbelangt, habe er schon überlegt, in Ansbach seine eigene vorbeizubringen, so Fritsch zynisch: "Wir wollen Klarheit bekommen – und eben keine Panikmache verursachen."

Klarheit, keine Panikmache

Für eher beschwichtigend hält der Landtagsabgeordnete Manuel Westphal offizielle Schätzungen, die von einer Population von 150 Wölfen in Deutschland ausgehen. Schon jetzt gebe es bereits 3500 vom Wolf gerissene Tiere zu verzeichnen. Begegnungen mit dem Menschen seien indes nicht unwahrscheinlich, jedoch im Falle eines Falles eher weniger erbaulich. "Ich kann mir lebhaft vorstellen, wie begeistert etwa Touristen sind, wenn sie einen Wolf sehen", so Westphal ironisch. Denn es gebe eben auch Problemwölfe, bei denen "keine Scheu vorm Menschen mehr zu spüren ist".

Die Weidetierhaltung sei zudem akut in Gefahr. Teure Herdenschutzhunde könnten vielleicht Abhilfe schaffen, doch die "schützen die Tiere auch vor dem Wanderer". Für ihn wie für Auernhammer führe kein Weg daran vorbei, "den Schutzstatus des Wolfes zu senken".

Wolf bei Mosbach gesehen

Derweil macht er sich in unserer Region offenbar weiter breit, wie unserer Zeitung überlassenes Bildmaterial deutlich zu belegen scheint. Wie jenes Foto, das von zwei Joggerinnen Mitte März bei Mosbach (Stadt Spalt) geschossen wurde. In der Nähe fand man zudem Anfang April ein gerissenes Reh. Und am Rand eines Spargelackers bei Güsseldorf gab es von einem dort deponierten, totgefahrenen Reh kurze Zeit später nur noch die Haare zu sehen.

Die Aufnahmen von Wolfsfährten häufen sich. Auch Sichtungen von Tieren (einmal auf der Straße von Schnittling nach Fünfbronn und einmal auf jener von Pfofeld nach Rittern) soll es laut Harald Fritsch bereits gegeben haben. Doch es gilt bei allen Entdeckern der Wunsch nach Anonymität – die Angst vor öffentlichem Gegenwind sei gewaltig, so Fritsch.

Derweil ist der Fall eines Todesopfers aus Nordgriechenland lange bekannt. Dort wurde eine Touristin "mit 99-prozentiger Wahrscheinlichkeit von einem Wolf getötet", so Fritsch. Die Nachrichtenagentur dpa zitierte einen Gerichtsmediziner mit den Worten: "Es waren sicher Wölfe. Das haben wir nach einer mehrstündigen Untersuchung zusammen mit einem Veterinärexperten festgestellt."

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