WLAN in der Schule: Gefährlich oder unentbehrlich?

30.3.2019, 06:13 Uhr
WLAN in der Schule: Gefährlich oder unentbehrlich?

© Britta Pedersen/dpa

Anlass dafür waren zwei Anträge an das Gremium: Die ÖDP forderte, aus Gründen des Gesundheitsschutzes "in den weiterführenden Schulen des Landkreises keine weiteren Investitionen in Drahtlosnetzwerke (WLAN) vorzunehmen", sondern Computer per Kabel ans Netz anzustöpseln. Beinahe zeitgleich verlangte hingegen die CSU, "eine WLAN-Infrastruktur an den landkreiseigenen Schulen einzurichten", sofern das vor Ort gewünscht werde.

Der im Landratsamt zuständige Sachgebietsleiter Stefan Müller erklärte zunächst das Prinzip kabelloser Internet-Verbindungen und verhehlte dabei auch nicht, dass "gesundheitliche Risiken bestehen". Allerdings seien WLAN-Verbindungen, etwa im Vergleich zur Handynutzung, "vergleichsweise strahlungsarm", sodass das Bundesamt für Strahlenschutz bei Einhaltung der Grenzwerte "keine Risiken" ausmachen könne. Allerdings, so Müller: "Die Grenzwerte schützen nur bei kurzfristiger Belastung – und nicht bei mehreren Geräten sowie langfristiger Nutzung."

Dennoch hätten sich, so Müller, bei einer Umfrage alle angeschriebenen Schulleitungen für die Einrichtung eines WLAN-Netzwerkes ausgesprochen, und zwar in allen Bereichen der jeweiligen Schulgebäude. Bedenken habe es keine gegeben.

Genau die hegt jedoch ÖDP-Kreisrat Simon Scherer. Es gebe eine "wachsende Zahl von Studien", die gravierende Auswirkungen der elektromagnetischen Strahlung belegten. Sie könne demnach Schäden an menschlichen Zellen hervorrufen, die Fruchtbarkeit von Männern und Frauen beeinträchtigen, das Gehirn schädigen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen und das Verhalten beeinflussen. Experimente mit Ratten bewiesen sogar, dass die Wellen für das Entstehen von Tumoren verantwortlich sein können.

"Eine Stunde WLAN bringt sicher keinen um", formulierte Scherer im Verlauf der weiteren Diskussion plakativ, "aber was ist mit acht Jahren Dauerbelastung bei Schülern oder gar 35 Jahren bei Lehrern?" Außerdem solle man bedenken, dass Kinder "nicht freiwillig in der Schule sind", deshalb habe man eine besondere Verantwortung für ihre Gesundheit.

Der ehemalige Leiter der Grundschule Süd in Gunzenhausen, Manfred Pappler, übernahm es, den CSU-Antrag zu begründen. Was "nicht einfach" sei, wie er gleich zu Beginn einräumte, weil "die medizinischen Ausführungen Simon Scherers nicht zu widerlegen" seien. Deshalb komme es auf den "Blickwinkel" an.

Die Haltung der Schulleitungen sei eindeutig, sagte Pappler, die könne man "nicht beiseite schieben". Deshalb sei die Frage: "Wie gehen wir mit WLAN um?" An den Schulen solle der kritische Umgang mit den elektronischen Medien gelehrt werden, dafür sei WLAN schlichtweg notwendig, Kabelverbindungen seien zu zeitraubend. Aber man müsse die Anwendung so gestalten, dass das WLAN-Netz in der Schule "möglichst wenig eingeschaltet" sei.

"Dann gab es keine Strahlung"

An seiner ehemaligen Schule sei der Wireless Access Point nur in Betrieb genommen worden, wenn gerade tatsächlich WLAN für den Unterricht genutzt wurde, andernfalls sei diese Basisstation abgeschaltet gewesen: "Und da gab es dann gar keine Strahlung."

Landrat Gerhard Wägemann warf der ÖDP vor, sie wolle "die Schulen zum letzten WLAN-freien Raum machen", nachdem die Technik in Hotels, auf Camping- und Marktplätzen sowie in öffentlichen Bussen schon beinahe flächendeckend verfügbar sei. "Das ist der Zeit entsprechend", so der CSU-Politiker, "und ich will nicht, dass wir als das letzte gallische Dorf darauf verzichten." Wenn "die Schulfamilie WLAN will, sollten wir das zulassen", so Wägemann.

Deutlich zurückhaltender äußerte sich Inge Pfitzinger-Miedel. Die SPD-Kreisrätin, von Beruf Lehrerin, bezweifelte ausdrücklich, dass ein flächendeckendes WLAN-Netz für den Schulunterricht notwendig ist: "Man kann auch mit Kabelanschlüssen arbeiten."

Erst messen, dann entscheiden

Die Anträge von ÖDP und CSU hätten sie "sehr beschäftigt", sagte sie, und sie habe sich gefragt, ob man eine mögliche Gefährdung der Kinder tatsächlich verantworten könne. Deshalb sei sie dafür, zunächst Strahlenwerte in den Schulen zu messen, um dann aufgrund von Fakten eine Entscheidung zu treffen.

Pfitzinger-Miedels Parteifreund und Berufskollege Harald Dösel verwies darauf, dass in Sachen Strahlung nicht "der Access-Point im Keller das Problem" sei, sondern das Endgerät, das jemand bei sich trage, also das Smartphone, das Tablet oder der Laptop. Deshalb halte er eine "Lösung mit abschaltbarem Access-Point für richtig", die Entscheidung darüber solle allerdings in der "Eigenverantwortung der Schulen" fallen.

Alexander Höhn, auch er Lehrer von Beruf, berichtete von einer Umfrage unter Eltern an seiner Schule. Ergebnis: "Eine große Mehrheit war für WLAN." Er fände es "schade", wenn die Politik den Schulen "die Freiheit nähme", darüber selbst zu entscheiden. "Wir sollten das auf den Weg bringen und wissenschaftlich begleiten", empfahl er Messungen, wie sie Pfitzinger-Miedel angeregt hatte. "Als Vater zweier schulpflichtiger Kinder tue ich mich schwer mit dem Gedanken, sie in Situationen zu bringen, die gesundheitliche Risiken bergen."

"Nicht alles machen"

Markt Berolzheims Bürgermeister Fritz Hörner sah sich in der sehr ernsthaft geführten Diskussion "inhaltlich nahe bei Simon Scherer". Man müsse "nicht alles machen, was angeboten wird", meinte der Grüne, denn: "Das Bildungsniveau ist in den letzten Jahren trotz aller Technik nicht besser geworden." Allerdings wolle er WLAN gegen den Wunsch der Schulfamilie auch nicht verbieten.

Schließlich schlug Harald Dösel vor, dem Antrag der CSU einen Satz hinzuzufügen, wonach die WLAN-Funktion an den Schulen abschaltbar sein solle — eine Anregung, der sich CSU-Fraktionschef Peter Gallenmüller nicht verschloss: "Das tut nicht weh, wenn unser Antrag um den Satz ergänzt wird."

Gesagt, getan — und beschlossen: Gegen zwei Stimmen (Scherer, Pfitzinger-Miedel) nahm der Schulausschuss den CSU-Antrag an, die Schulen bei der Einrichtung von WLAN zu unterstützen.

"Symbolhaftes Geschenk" abgelehnt

Ein zweiter ÖDP-Antrag schaffte es an diesem Nachmittag gar nicht erst bis zur Abstimmung. Die Öko-Demokraten wollten erreichen, dass für alle weiterführenden Landkreis-Schulen ein Strahlen-Messgerät angeschafft werde. Ein "symbolhaftes Geschenk" sollte das sein, erklärte Simon Scherer, womit man die Strahlenbelastung zum Thema mache.

Nach kurzem Hin und Her schlug Landrat Gerhard Wägemann vor, die Entscheidung darüber den Schulen zu überlassen, deren Budget dafür ausreichend sei. Zusätzlich werde er die Schulen anschreiben lassen und ihnen die "außerplanmäßige Beschaffung" der rund 250 bis 300 Euro teuren Geräte gestatten. "Ein guter Vorschlag", lobte Scherer – und zog seinen Antrag zurück.

Was ihm eine bissige Bemerkung Wägemanns dennoch nicht ersparte: "Es nervt, dass Sie die Schulen ständig bevormunden wollen."

 

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