Harte Zeiten für Roths schönsten Raum

30.6.2012, 12:40 Uhr
Harte Zeiten für Roths schönsten Raum

© T. Tschapka

Seit 1538 prägt der annähernd quadratische Bau das Stadtbild und legt Zeugnis ab für eine prachtvolle Vergangenheit, als noch Rehe und anderes Wild durch die vielen Wälder der Gegend streiften. Als Jagdschloss hatte Markgraf Georg der Fromme zu Brandenburg-Ansbach das Gebäude von 1535 bis 1538 errichten lassen, das freilich im Laufe der Jahrhunderte viele Veränderungen erfuhr. So bildete der feine Prunksaal gemeinsam mit dem Speisesaal einst einen riesigen Saal, in dem große Gesellschaften festlich schmausen konnten. Die Fabrikanten-Familie Stieber ließ Jahrhunderte später als neue Besitzer das Schloss umbauen und auch das Innere im Stil der Spätrenaissance umgestalten. Bis heute zählt das Schlösschen zu den gut erhaltenen Beispielen von Schlossbauten der Frührenaissance in Deutschland.

Dennoch biegen sich inzwischen die Balken und gerät der Prunksaal in Schieflage. Die Bohlenbalkendecke im Erdgeschoss kann auf Dauer die Last des Schmuckstücks im Obergeschoss nicht mehr tragen. Mit dem Ergebnis, dass sich der Boden des Prunksaals bereits seit Jahren senkt.

Doch das war ein schleichender Prozess. „Inzwischen haben sich zum Teil richtige Mulden gebildet“, berichtet Stefan Hofmann, der das Hochbauamt der Stadt Roth leitet. Auf der Suche nach der Ursache mussten schließlich Teile der Decke geöffnet werden. Die unter dem Prunksaal liegende Ratsstube ist schon längst kein Gastronomiebetrieb mehr, sondern schlicht Baustelle.

Harte Zeiten für Roths schönsten Raum

© privat

Untersuchungen unter anderem auch mit Hilfe von Radargeräten bestätigten den Verdacht der Experten: Das Holz der Balken ist morsch, verfault und auch die Schädlinge haben sich in ihm breit gemacht. Vermutlich stammt das Gebälk noch aus dem 16. Jahrhundert. Die Zeit hat ihre Spuren hinterlassen, hinzu kommen die Spuren von früheren Sanierungen, bei denen unter anderem Dichtungen aufgefüllt wurden — und die sorgten für zusätzliche Last. Ob das Gebälk auch mit Schadstoffen belastet wurde, müssen erst noch weitere Untersuchungen zeigen, wie Hofmann sagt.

Einsturzgefährdet ist der Saal trotz seiner Schieflage nicht. Dennoch wird er nur noch beschränkt genutzt. „Früher wurde zum Beispiel während der Schlosshofspiele bei schlechtem Wetter in den Prunksaal ausgewichen. Das geht nun nicht mehr“, erklärt der Architekt. Dabei war nicht nur die Statik das Problem, sondern die zunehmende Feuchtigkeit, die Hunderte von Besucher im wahrsten Sinne des Wortes in den Saal getragen haben. Für all die historischen Gemälde freilich eine enorme Belastung.

Um eine Sanierung kommt die Stadt Roth als Eigentümerin des Schlosses nicht mehr herum. Und die Arbeiten werden aufwändig. Das historische Parkett muss komplett entfernt werden — und bei gleicher Temperatur gelagert werden, soll es sich nicht verziehen. Da die Sanierung erheblich Staub aufwirbeln wird, werden allein die Schutzmaßnahmen für den Prunksaal in Form eines Art Plastikhauses kostspielig.

„Wir müssen aber sanieren“, betont Hofmann und verweist bereits heute auf die enormen Summen, die dadurch auf die Stadt zukommen werden. „Unter einer Million Euro werden die Arbeiten nicht zu machen sein.“ Das beauftragte Architekturbüro sei nun mit der genauen Kostenberechnung beschäftigt.

Allein wird die Stadt mit der Sanierungslast nicht sein, weil unter anderem das bayerische Landesamt für Denkmalpflege sowie die Regierung von Mittelfranken durch die Städtebauförderung in den Ring steigen werden. Doch den Löwenanteil wird die Stadt tragen müssen. Und das nicht zum ersten Mal.

Bereits vor einigen Jahren wurden Fassade, Dach und Fundament für etwa zwei Millionen Euro saniert. Und immer wieder käme etwas Neues hinzu, sagt Stefan Hofmann. So wurden auch der Süd- und der Ostflügel untersucht und dort auch Probleme mit der Statik entdeckt. Insofern gleicht das Schloss einem Fass ohne Boden. „Aber natürlich kümmern wir uns darum. Es ist das Wahrzeichen der Stadt und es wird intensiv genutzt“, so Hofmann. So ist im Schloss nicht nur das Museum beheimatet, auch die Bücherei liegt dort und der Stadtrat hat dort seinen Sitzungssaal.

Wenn die Sanierungsarbeiten im Prunksaal abgeschlossen sind, sollen in der ehemaligen Ratsstube in der dort liegenden Kapelle künftig auch Trauungen angeboten werden. Der Prunksaal selbst wird im Rahmen von Besichtigungen wieder für Besucher zugänglich sein. Großveranstaltungen soll es dort jedoch nicht mehr geben. Hier eine Ausstellung, dort ein kleiner Empfang für Ehrengäste der Stadt — mehr nicht. Das alte Gebälk wird ein wenig Ruhe bekommen. Und das ist auch gut so, schließlich warten in dem Schmuckstück noch andere Baustellen auf die Architekten.

Schloss Ratibor mit Stadtmuseum, Hauptstraße 1, 91154 Roth, 09171/ 848532, museumschlossratibor@stadt-roth.de. Öffnungszeiten: April bis Ende Oktober Di. bis So. von 13 bis 17 Uhr.

 

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