Hitler-Turm wird zum magischen Ort des Frankenweins

27.9.2016, 12:11 Uhr
Der "Hitler-Turm" am Ortsrand von Randersacker im Landkreis Würzburg ist neuer Terroir-F-Punkt im fränkischen Weinland.

© Foto: dpa Der "Hitler-Turm" am Ortsrand von Randersacker im Landkreis Würzburg ist neuer Terroir-F-Punkt im fränkischen Weinland.

Der Turm mit der braunen Vergangenheit war vor einigen Wochen in die Liste der "Magischen Orte des Frankenweins" aufgenommen worden. Dabei handelt es sich um exponierte Anlaufpunkte, welche die Vielschichtigkeit und Einzigartigkeit der fränkischen Weinlandschaft sichtbar und erlebbar machen sollen.

Hinter dem französischen Begriff "Terroir" (das "F" steht für Franken) verbirgt sich mehr als eine Gegend, eine Landmarke oder eine Lage im Weinbau. Vielmehr geht es um das komplexe Zusammenwirken verschiedener Faktoren, welche die Charakteristik eines Spitzenweins ausmachen, etwa Boden, Mikroklima und Können der Winzer. Deshalb sollen die Besucher an den magischen Orten nicht nur die Aussicht genießen, sondern sich auch über die Kultur des Weinbaus informieren können.

Hitler-Turm ist etwa zehn Meter hoch

Der Randersacker Terroir-F-Punkt ist der achte jener Orte, an denen der Zauber des Frankenweins beschworen wird. Beim "Hitler-Turm" handelt es sich um ein gut zehn Meter hohes Bauwerk aus Bruchsteinen des Muschelkalk - wie der Boden der umliegenden Weinberge. Über eine Rampe gelangt man zur Plattform des Rundturms, dessen Brüstung man mit einer umlaufenden Metallschürze verkleidet hat. Oben bietet sich ein weiter Blick auf die Winzergemeinde Randersacker und das Maintal bis hin zur Stadt Würzburg.

In Anlehnung an die angrenzende Weinbergslage hatte der Turm im Zuge der Flurbereinigung 1972 ursprünglich den Namen "Sonnenstuhlturm" erhalten. Seit 1989 steht das Bauwerk unter Denkmalschutz. Errichtet wurde es als "Hitler-Turm" 1933 vom Reichsarbeitsdienst. In die Fassade wurden große Hakenkreuze eingearbeitet. Nazi-Jungvolk traf sich dort zu kultischen Feiern und Geländespielen. Im Volksmund hieß das Bauwerk "Kartoffelturm" - angeblich waren die arbeitslosen Steinhauer, die den Turm hochzogen, für ihr Werk mit Kartoffeln entlohnt worden.

Nach dem Krieg ließen die Amerikaner die NS-Embleme entfernen. 2013 entstand die Idee, den Turm mit der braunen Vorgeschichte zu einem Terroir F umzugestalten. Die Gesamtkosten belaufen sich auf mehr als 70.000 Euro. Auf neuen Infotafeln wird auch auf die Geschichte des 3100-Einwohner-Ortes hingewiesen.

Nach Volkach, Iphofen oder Sommerhausen ist Randersacker der achte Baustein im Terroir-Konzept, das "Unsichtbares sichtbar machen" will. Jeder Anlaufpunkt hat einen anderen thematischen Schwerpunkt, in der Würzburger Vorortgemeinde ist es die Geologie.

Über die Wandlung des "Hitler-Turms" zum "Magischen Ort des Frankenweins", sagte der Präsident des fränkischen Weinbauverbands, Artur Steinmann: "Ich finde das gut und richtig, wenn man gerade mit so einer Vergangenheit so umgeht."

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