Abgestiegen: Wie konnte dem HEC das passieren?

6.3.2017, 17:09 Uhr
Mit den Schiedsrichtern hatten die Alligators - hier liegt Stephan Hiendlmeyer nach einem Check am Boden - so ihre Probleme.

Mit den Schiedsrichtern hatten die Alligators - hier liegt Stephan Hiendlmeyer nach einem Check am Boden - so ihre Probleme.

Jörg Schobert, der Sportvorstand der Höchstadt Alligators, saß auf einer Treppe hinter dem Eisstadion am Kieferndorfer Weg und grübelte kurz. "Im ersten Jahr in der Oberliga werden wir wohl noch Lehrgeld zahlen", sagte er. Doch dann freute er sich wieder auf das kommende Abenteuer: "Niemand soll nach Höchstadt fahren und denken, das sind leicht zu holende Punkte." Die Sonne schien vom Himmel, es war September, der Tag der Saisoneröffnung beim HEC. Aufbruchstimmung lag in der Luft. Die Oberliga-Saison stand vor der Tür, unverhofft dank einer Ligen-Reform. Plötzlich hießen die Gegner Landshut und Regensburg und nicht mehr Buchloe und Dorfen.

Sechs Monate später ringt Schobert nach Worten. "Ich bin irgendwie leer", sagt er: "Das hat niemand erwartet. Wir sind alle total geschockt." Zwischen September und März liegt eine Oberliga-Saison, wie man sie sich an der Aisch nur hätte wünschen können. Die Playoffs wurden zwar haarscharf am letzten Spieltag verpasst. Doch leichte Punkte gab es in Höchstadt tatsächlich auch für Regensburg und Landshut nicht zu holen.

Top-Favorit auf den Bayern-Titel

Auch in der folgenden Verzahnungsrunde ließen die Alligators keinen Zweifel daran, wo sie hingehörten: in die dritte deutsche Liga. Kein einziges der zehn Spiele ging nach regulärer Spielzeit verloren. Die Alligators waren der Top-Favorit auf die Bayerische Meisterschaft. Die letzte Hürde vor dem Oberliga-Klassenverbleib war der TEV Miesbach, der es gerade noch so eben in die Bayernliga-Playoffs geschafft hatte. Eine Pflichtaufgabe, eigentlich. Doch der HEC ist abgestiegen, nach drei Niederlagen in Folge.

Wie konnte das passieren? Die Spurensuche beginnt in der Woche vor dem Start des Viertelfinales. Zwei Hiobsbotschaften sorgen in Höchstadt für Verunsicherung: Ales Kreuzer, der treffsicherste Schütze, und Philipp Schnierstein, der Goalie, fallen mit Bänderverletzungen im Knie für den Rest der Saison aus.

Ein schwerer Verlust

Vor allem der Verlust von Schnierstein wiegt schwer: Ein Torwart im Spielrausch, der sich von Partie zu Partie steigert, ist gerade in den Playoffs Gold wert. Und der sowieso schon hochtalentierte Schnierstein ist einer, der in der K.o.-Runde regelmäßig über sich hinauswächst. "Solche Ausfälle", sagt Schobert, "kann kein Team kompensieren."

Der Ausfall von Kreuzer führt zu einem weiteren Handicap: Der Chancenverwertung. Denn in allen vier Spielen gegen Miesbach war Höchstadt überlegen, schnürte die Oberbayern phasenweise in der Hälfte ein. Nur Treffer fielen nicht genug. Lediglich die erste Partie konnte der HEC mit 4:2 gewinnen.

Wut auf die Schiedsrichter

Vor allem die Fans der Alligators treibt in den vergangenen Tagen aber etwas ganz anderes um: die Leistung der Schiedsrichter. Im dritten Spiel gegen Miesbach wurden den Höchstadtern zwei reguläre Tore aberkannt, auf zwei Videos, die der Verein auf seiner Facebook-Seite veröffentlicht hat, ist das deutlich zu sehen. Die Partie ging 1:2 verloren, die beiden nicht gezählten Treffer hätten den Unterschied ausgemacht. "Es sind sechs Augen auf dem Eis, aber mir kommt es so vor, als wäre es nur ein Auge", sagte HEC-Spielertrainer Daniel Jun nach der Partie voller Wut. Und auch im vierten Spiel gab es wieder ein fragwürdiges Tor für Miesbach, die Partie ging wieder mit einem Treffer verloren.

Solche Fehlentscheidungen sind nicht selten auf der Ebene zwischen Profi- und Amateursport, auf der sich die Alligators bewegen. "Damit müssen wir leben", sagte auch Jun resigniert.

Aber wenn dadurch die Arbeit eines ganzen Jahres in Frage gestellt wird, ist das schwer zu akzeptieren. "Das Niveau wird immer besser, die Spiele immer schneller, da wird es auch für die Schiedsrichter nicht einfacher", sagt Schobert. Auch im Eishockey gibt es nicht genügend Unparteiische, viele sind am Wochenende an drei Tagen im Einsatz. Die Folge sei, dass einige Referees gerade zum Saisonende müde seien, sagt der HEC-Sportvorstand: "Ich würde da niemandem Absicht unterstellen."

Ungerechter Abstieg?

Aber dass es die Alligators ausgerechnet in dieser Phase der Spielzeit so hart trifft, gibt dem Abstieg eine ungerechte Note. Obwohl: "Die Fehlentscheidungen haben dazu beigetragen, aber man kann nicht sagen, wir haben wegen der Schiris verloren", sagt Schobert.

Denn Gerechtigkeit ist gerade in der Playoff-Zeit im Eishockey ein dehnbarer Begriff: Hier zählt nicht mehr, was in der gesamten Saison zuvor war. Die Miesbacher, die in den vier Viertelfinal-Spielen über sich hinausgewachsen sind, hatten den perfekten Plan, um die Alligators zu knacken: eine dichte Defensive, schnelles, freches Konterspiel und eine harte, provokante Gangart. Vor allem mit letzterer kamen die HEC-Spieler nie zurecht, trotz der großen Erfahrung im Kader.

Höchstadt befindet sich im Schockzustand. Jahrelang ging es beim HEC immer ein Stück voran – der Abstieg ist ein unerwarteter Rückschlag. Einige Spieler wird man in der Bayernliga wohl nicht mehr sehen. "Ich glaube aber nicht, dass der Umbruch groß wird", sagt Schobert. Jetzt wollen sie erst einmal den Kopf frei bekommen, die Spieler "sind am Boden zerstört." Zumindest dafür ist jetzt Zeit, einen ganzen endlosen Sommer lang.

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