Am wichtigsten beim Abdrücken ist ein klarer Kopf

24.1.2015, 12:00 Uhr
Am wichtigsten beim Abdrücken ist ein klarer Kopf

© Ralf Rödel

Es ist dunkel und still im Mischgebiet An der Nutzung, in dem viele Herzogenauracher Vereine ihre schmucklosen Heime haben. Plötzlich knallt es, Schüsse hallen durch die Dunkelheit. Erst einer, dann mehrere, in kurzem Abstand hintereinander. Schon von weitem ist klar, wo die Schützengilde 1399 ihr Hauptquartier hat. Man kann es hören.

Wer die Schießstände betritt, muss gegen die Lautstärke einen Ohrenschutz aufziehen. Jörg Fischer lässt sich davon nicht beeindrucken. „Ich liebe die Ruhe am Stand“, sagt er. Er ist einer der treffsichersten Schützen der Gilde. 2013 war er zusammen mit seinem Kollegen Peter Woydig bei der Europameisterschaft im tschechischen Karlsbad. Den Lärm nimmt Fischer einfach nicht mehr wahr. Dazu ist er zu konzentriert.

Er ist nicht der einzige, dem es so geht. Willy Nothdurft, der zweite Schützenmeister der Gilde, hatte früher als Abteilungsleiter bei Schaeffler oft Zehn-Stunden-Tage. „Wenn Du zehn Minuten am Schießstand stehst, dann ist all der Stress vergessen“, sagt er. Seine Frau habe ihm erst nicht glauben wollen, dass er beim Schießen entspannen könne, das sei doch so laut. Doch irgendwann bemerkte sie: „Seit Du in den Schützenverein gehst, knirschst Du im Schlaf nicht mehr mit den Zähnen.“

Neue werden genau beobachtet

Schießen ist ein Konzentrationssport. „Man braucht ein gutes Auge und viel Training, aber vor allem innere Ruhe und Gelassenheit“, sagt Jörg Fischer. Keiner strahlt das so aus wie er. Er weiß, dass es in der Öffentlichkeit viele gibt, die glauben, das Schießen mit wildem Herumballern zu tun hätte. Doch das sei nicht so, versichert er: „Wer bei uns glaubt, er sei Django, der ist schneller raus, als er denkt.“

Ja, sagt Fischer, es gebe oft Vorbehalte gegen seinen Sport. Ihn stört, dass Schützen oft in Kollektivhaftung genommen würden. Dabei sind sie in Deutschland vergleichsweise strengen Regeln unterworfen, sowohl am Schießstand, als auch bei der Lagerung der Waffen.

Jeder, der neu im Schützenverein ist, bekommt deshalb eine ausführliche Einweisung. Ihm wird erklärt, wie er die Waffe am Schießstand handhaben muss und welche Sicherheitsregelungen es zu beachten gilt. Dabei werden die Neuen ganz genau ins Auge gefasst, sagt Fischer. Auch wenn man sich im Vereinsheim treffe, könne man in Gesprächen einschätzen, wie die angehenden Schützen ticken.

Dabei soll jeder willkommen sein, der bereit sei, sich in den Verein einzubringen. Der Frauenanteil ist in den letzten Jahren immer weiter gestiegen, bei 100 Aktiven gebe es etwa 15 bis 20 Frauen. Insgesamt hat die Schützengilde 217 Mitglieder.

Waffen fürs Training kann man sich zu Beginn vom Verein leihen. Wer erlaubnispflichtige Waffen kaufen will, muss mindestens ein Jahr aktives Mitglied im Schützenverein sein und eine Sachkundeprüfung aus Theorie und Praxis bestehen. „Vom Aufwand her ist das vergleichbar mit dem Führerschein“, sagt Fischer. Und jeder Waffenbesitzer muss seine Zuverlässigkeit vor dem Gesetz nachweisen.

„Unser Ziel ist nicht, so viel Munition zu vernichten, dass es kracht. Unser Ziel ist Präzision“, sagt Fischer. Um die zu erreichen, muss man viel trainieren — vor allem den Geist. „Das Wichtigste beim Schießen ist, den Kopf frei zu bekommen.“

„Yoga ist dafür zum Beispiel geeignet“, sagt Fischer. Außerdem Meditieren, Kreuzworträtsel lösen und Konzentrationstraining. Jeder Schütze hat sein eigenes Rezept. Fischer zum Beispiel starrt zur Vorbereitung auf einen Wettkampf eine Zeit lang auf einen Grünstreifen. „Das hilft mir runterzukommen. Und mein Augenarzt sagt, dass Grün beruhigt“, sagt er.

Aber es bringt nichts, wenn der Geist etwas will, aber der Körper nicht mitmacht, „Schießen ist ein ständiger Kampf mit dem eigenen Körper“, sagt Fischer. Muskelaufbau hilft dabei, die Waffe ruhig zu halten. Laufen und Schwimmen verbessern die Kondition, denn der Ruhepuls ist wichtig. Ein pumpender Herzschlag wird beim Schießen schnell störend.

Mit Jürgen Greif stellt die Schützengilde momentan einen amtierenden, zweifachen deutschen Meister. Sowohl dort als auch auf den Bayerischen Meisterschaften feiern die Herzogenauracher, die bis zur Bezirks-Oberliga in vielen Disziplinen vertreten sind, regelmäßig Erfolge. Bei den Bezirksmeisterschaften im Februar wird die Gilde 14 Schützen in 75 Disziplinen stellen.

Einmal im Monat gibt es am Sonntag Gästeschießen im Vereinsheim, doch auch jeden Dienstag (nur Luftdruckwaffen) und Donnerstag sind Interessierte willkommen.

 

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