Bluesfrühschoppen wechselt das Blätterdach

8.6.2016, 06:00 Uhr
Bluesfrühschoppen wechselt das Blätterdach

© Archivfoto: Rainer Groh

Obgleich Gerhard Friedrich vom Verein „Spielraum Kultur Hemhofen Röttenbach“ froh ist, die Traditionsveranstaltung aufrechterhalten zu können – die Enttäuschung über das kurzfristige Aus für den angestammten Auftrittsort ist ihm deutlich anzumerken. „Seit vielen Monaten steht der Termin für die Veranstaltung fest und wird auf Flyern und Plakaten bekannt gegeben“, sagt er. „Aber erst vor zwei Wochen hat man uns gesagt, dass der Bluesfrühschoppen heuer nicht auf dem Zeckerner Keller stattfinden kann.“

Der dortigen Wirtsfamilie macht er wegen der Absage keinen Vorwurf. Schließlich wurde das Blues-Event in den 1980er Jahren dort aus der Taufe gehoben — damals steckte der Verein „Spielraum Kultur“ noch in den Kinderschuhen und Kellerpächterin Anita Kaiser hatte die Bewirtschaftung in Zeckern gerade übernommen. 27 Jahre lang passten Keller- und Musikkultur gut zusammen. Der einmal jährlich stattfindende Bluesfrühschoppen in der lauschigen Anlage entwickelte sich zur festen Größe im Veranstaltungskalender und war bei den Gästen beliebt.

Bei einigen Anwohnern dagegen nicht. Schon im letzten Jahr sei Kritik an der Musikveranstaltung laut geworden, berichtet Friedrich, nun kamen Klagen. Kellerpächterin Anita Kaiser fasste deshalb schweren Herzens den Entschluss: „Wir lassen es heuer sein“. Sie hofft jedoch, dass der Bluesfrühschoppen irgendwann wieder unter dem Blätterdach ihres Kellers stattfinden kann. Ein dauerhaftes Aus der Veranstaltung, so ihre Überzeugung, wäre „ein Verlust für die ganze Gemeinde“.

Dass Kultur aneckt, haben die Organisatoren in den vergangenen 27 Jahren immer wieder erlebt. Nicht nur, weil man, wie Friedrich sagt, als SPD-Verein verschrieen gewesen sei — Altlandrat Eberhard Irlinger gehörte ebenfalls zu den Gründern —, sondern auch, weil manche Theater- oder Kabarettaufführungen kontroverse Themen aufgriffen oder kritische Töne anschlugen. Friedrich erinnert in diesem Zusammenhang an den legendären Auftritt von Sigi Zimmerschied, der wegen dessen satirischer Äußerungen über die Kirche beinahe untersagt worden wäre. So scharf wie bei jener Gelegenheit wehte es dem rührigen Kulturverein zwar nicht oft entgegen, doch Rückenwind gab’s selten. „Man fühlt sich als Bittsteller in der Gemeinde“, bringt es Gerhard Friedrich auf den Punkt.

Seine Frau Gudrun Dörpholz-Friedrich, die dem Verein heute vorsteht, gehört zu den Gründungsmitgliedern von „Spielraum Kultur“. „Wir wollen Kultur aufs Dorf bringen“, umreißt sie das erklärte Ziel. Dafür stellt der Verein jährlich im Schnitt sieben Veranstaltungen auf die Beine: Kabarett, Konzerte, Kinderveranstaltungen und eben jenen Bluesfrühschoppen unterm Blätterdach, der als Event der ersten Stunde mit Recht als Markenzeichen des Vereins gelten darf.

Außer Frage stand deshalb für die Organisatoren, dass alle Hebel in Bewegung gesetzt werden mussten, um einen alternativen Veranstaltungsort zu finden — zumal der Verein die Musiker im Falle einer so kurzfristigen Absage ohnehin hätte entschädigen müssen. „Wir wollten auf jeden Fall wieder etwas mit Kelleratmosphäre“, sagt Vorstandsmitglied Gerhard Friedrich.

Die ist im Felsenkeller Utz in Weppersdorf nun garantiert. Allerdings wird der Verein für das hochkarätige Blueskonzert dort keinen Eintritt verlangen können — die Örtlichkeiten sprechen dagegen. Für den gemeinnützigen Kulturverein also ein Draufzahlgeschäft. Friedrich hofft deshalb auf Spenden aus dem Publikum. Dafür, so plant er, soll es Anstecker geben, mit der man seine Solidarität zum Ausdruck bringen kann. An der wird es ganz sicher nicht mangeln.

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