Die Dinge mit dem Herzen begreifen

4.5.2015, 16:55 Uhr
Die Dinge mit dem Herzen begreifen

© Foto: Panzer

Mit knapp 40 schon allerhand erreicht: János Hübschmann hat eine Familie gegründet, zusammen mit seiner Frau Anja zwei Söhne gezeugt, zwei eigene Apotheken geführt, sportliche Erfolge gefeiert, den Hausbau geplant, ist Porsche gefahren und hat vieles mehr gemacht, um das ihn manche beneidet haben mögen. Eine Menge war von diesem Überflieger, der sich zum Fürsprecher für eine gesunde und umweltbewusste Lebensführung machte, noch zu erwarten. Auch, dass er am 1. Mai sein erstes Buch vorstellen sollte, musste man bei diesem Energiebündel auf der Rechnung haben.

Äußerst aktiv ist er nach wie vor, auch wenn sich seine Welt komplett geändert hat. Alles begann mit dem Schlüsselerlebnis im Jahr 2006, dem er eines der ersten Kapitel gewidmet hat: Nachdem sein rechter Oberschenkel mehrmals geschwächelt hatte, ging er zum Arzt. Dieser offenbarte ihm mit mitleidiger Miene, dass er ALS habe, eine unheilbare Erkrankung des motorischen Nervensystems. Dabei verliert der Patient nach und nach die Kontrolle über seine Muskulatur.

Seit sechs Jahren sitzt der frühere Apotheker, der mittlerweile auf Distanz zu Schulmedizin und Pharmaindustrie gegangen ist, im Rollstuhl. Er kann nicht mehr sprechen und ist auf ein Beatmungsgerät angewiesen. Sein mit „Liebe!“ betiteltes und 275 Seiten dickes Buch hat er mit einem per Augensteuerung bedienten Computer geschrieben.

Hübschmann wollte die Unheilbarkeit zunächst nicht akzeptieren. Alle potenziellen Giftsubstanzen in seinem Körper ließ er entfernen, ernährte sich vitaminreich und vegetarisch. Und trotzdem: „Aus dem athletischen Gesundheitsapostel wurde ein abgemagertes Häufchen Elend“, wie er schrieb, das „bei vollem Bewusstsein im eigenen Körper eingesperrt“ war.

Dieser Abschnitt war einer von den Auszügen aus dem Buch, die enge Freunde und langjährigen Weggefährten bei der Präsentation für ihn vortrugen. 250 Gäste, viel mehr passen nicht in den Saal, hörten zu. Anja Hübschmann ließ sie wissen, dass ihr Mann sich „wie ein Schneekönig freut“. Man sah es an seinen entspannten Gesichtszügen, am Lächeln und am Mitwippen, wenn die Lehrer und Schüler der Musicschool im Rahmenprogramm ihre Stücke vortrugen.

Anfangs suchte János Hübschmann Heilung bei allerlei Anlaufstellen, in Naturkliniken, bei einer Auraseherin, bei einem Wunderheiler in Fernost und vielen mehr. Er versuchte es mit Religion, Meditation und Spiritualität. Die Reisen in sein Innerstes brachten ihm zwar nicht die erhoffte Gesundung, führten ihn aber zu Offenbarungen „die mein ganzes Weltbild auf den Kopf stellen sollten. Sie sind die Quelle – der Ursprung – dieses Buches“, wie er schreibt. Früher ein rational denkender Mensch, habe er eingesehen, „dass uns wundersame Dinge passieren können, die man nur mit dem Herzen begreifen kann.“

Eine Mystikerin habe in ihm „einen schlafenden Engel, der die Welt zur Liebe hinführt“ erkannt. Im Untertitel nennt Hübschmann seinen literarischen Erstling „Ratgeber für eine liebevolle Lebensweise“. Darin sind fabel- und märchenhafte Kurzgeschichten enthalten, Gedichte, thesenartige Sätze und Satzfragmente, Tipps zu Ernährung, Lebensführung bis hin zum sportlichen Ausdauertraining. Das Multitalent János Hübschmann legt allen ans Herz, ihre Begabungen zu nutzen und zur Entfaltung zu bringen. Er selbst wird das sicherlich auch tun. Wer weiß, was von ihm noch zu erwarten ist?

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