Die neuen Kulturtage: Festival in der ganzen Stadt

22.10.2016, 08:57 Uhr
Die neuen Kulturtage: Festival in der ganzen Stadt

© Fotos: Iannicelli / Rödel

25 Jahre lang (und 2017 noch ein 26. Mal) hieß die Veranstaltungsserie schlicht und einfach „Herzogenauracher Kulturtage“; danach geht es unter dem Logo „hin&herzo“ kulturell in die Vollen.

Die weiteren wichtigsten Neuerung; Bisher zogen sich die Kulturtage meistens über gut zwei Monate im Herbst bis in die Adventszeit. Künftig wird es am letzten Wochenende im September vier Tage lang ein kompaktes Festival geben, bei dem es an vielen Orten in der Stadt etwas zu hören, sehen und erleben geben soll. „Wie der Name sagt: Man soll hin und her flanieren können“, so Helmut Biehler vom Kulturamt.

Es ist eine große Umwälzung, die auf die Herzogenauracher Kulturfreunde zu kommt, aber Bürgermeister German Hacker und Biehler versichern, dass das neue Konzept äußerst ausgiebig und gut vorbereitet worden sei.

Ausgangspunkt dieses „Neustarts“ war der Eindruck im Rathaus, dass der „ursprünglich erfolgreiche Ansatz“ heute nicht mehr trage, weil sich das kulturelle Gesamtangebot der Stadt seit den 1990er Jahren deutlich erweitert habe. So würden die Termine der Kulturtage eher als Einzelveranstaltungen denn als Teile eines Kulturfests wahrgenommen. Zudem habe die Strahlkraft aus das Umland abgenommen. Hacker: „Der Chinesische Staatszirkus war eher die Ausnahme als die Regel.“

Für die Reform hat die Stadt schon im November 2015 einen Profi mit ins Boot genommen. Das Büro „projekt2508“ aus Bonn hat reichlich Erfahrungen mit großen Kulturveranstaltungen im In- und Ausland. Das Team um Geschäftsführer Ulrich Keinath, der das Konzept auch am Donnerstag im Stadtrat persönlich vorstellen wird, machte zunächst eine Bestandsaufnahme, dann eine Analyse dessen, was in der Region kulturell sonst geboten ist (und das ist eine Menge) und Interviews mit vielen wichtigen Kulturschaffenden und -tätigen in Herzogenaurach.

Dann kam der Vorschlag, die Kulturtage in ein Kulturfestival zu verwandeln. Kurz und kompakt, mit einer Kombination von hochkarätigen Künstlern von außerhalb und heimischen Akteuren. Die Veranstaltungen sollen an den bekannten Spielstätten, aber auch an ungewöhnlichen Orten stattfinden. Biehler fände beispielsweise eine Klassikkonzert in einem Firmen-Outlet reizvoll. Zudem soll es im Stadtkern eine zentrale Bühne in einem multifunktionalen Veranstaltungszelt geben. Die Künstler sollen nach wie vor aus allen Sparten kommen, künftig jedoch auch öffentlichkeitswirksame Genres wie Performancekünstler oder Flashmobs.

Dort soll das Festival am Donnerstag offiziell eröffnet werden, andere Programmpunkte sollen dort ebenfalls stattfinden. So auch die Verleihung eines Nachwuchspreises, den die Stadt alljährlich ausschreiben will. Dabei sollen Werke – egal ob aus bildender Kunst, Musik oder Literatur – entstehen, die über das Festival hinaus Bestand haben und an das jeweilige Jahr von „hin&herzo“ erinnern sollen.

Jeweils zum Jahresthema, das für 2018 schon fest steht und „Revolution“ lautet. Nicht nur wegen des umsturzartigen Wandels der Kulturtage, sondern auch wegen der Jubiläen der Oktoberrevolution in Russland 2018 und dem „50. Geburtstag“ der 68er.

Dieses Jahresmotto soll in jedem Jahr ein anderer abstrakter Begriff sein – und andere Herzogenauracher Kulturträger können sich, so Hacker und Biehler, gerne anschließen und ihre Veranstaltungen daran anpassen.

Inhaltlich zuständig war bisher für die Kulturtage ein Arbeitskreis, der künftig durch ein 15-köpfiges Kernteam abgelöst wird, wobei es da durchaus noch personelle Überschneidungen gibt. Hacker: „Es wäre ja dumm, wenn wir diesen langjährigen Erfahrungsschatz nicht nutzen würden.“ Im neuen Gremium sitzen neben bekannten Kunst- und Kulturschaffenden auch Vertreter der Verwaltung und der vier Stadtratsfraktionen.

Und da der Vorschlag aus Bonn schon durch diverse Gremien debattiert und (teilweise mit Änderungen) durchgewinkt wurde – allein drei Mal war er Tagesordnungspunkt im Kulturausschuss, scheint ein Veto des Stadtrats äußerst unwahrscheinlich – selbst wenn der städtische Netto-Anteil an den Kosten sich künftig verdoppeln wird. Bisher standen 30 000 im Haushalt..

Auch langgediente Mitstreiter des bisherigen Arbeitskreises sind prinzipiell der Neuerung nicht abgeneigt. So etwa CSU-Stadtrat Franz-Josef Lang, der dennoch gewisse Bedenken hegt: „Ich will kein Spektakel und wünsche mir, dass die Kultur weiter im Vordergrund steht. Ich habe großes Vertrauen in das Büro, das Kulturamt und das Kernteam, dass da gemeinsam gut abgewogen wird. Keinesfalls darf sich die Kultur dem Kommerz unterordnen.“

In die gleiche Kerbe schlägt sein langjähriger Mitstreiter, der ehemalige SPD-Stadtrat Gotthard Lohmaier: Angesichts dessen, dass die Stadt auch Sponsoren für viele Programmpunkte sucht, sei etwa zu befürchten, dass die betroffenen Firmen ein größeres Mitspracherecht einfordern. Lohmaier: „Wir brauchen kein Event, keine große Party, bei der die Fressbuden wichtiger sind als die Küsntler. Ansonsten ist aber nichts dagegen einzuwenden, dass die Kulturtage neu überdacht wurden.“

Auf solche Kritikpunkt ist Bürgermeister Hacker gefasst. So findet sich im 60-seitigen Exposé unter der Überschrift „Qualitätsanspruch und -sicherung“ auch der folgende Satz: „Die Kulturveranstaltung darf keinesfalls den Charakter eines weiteren Stadtfestes bekommen.“ Konkreter: Gastrononie muss es natürlich auch da geben, aber die soll erst an zweiter Stelle kommen.

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