Dorfbewohner forsten mühsam kahle Hänge wieder auf

13.10.2017, 17:45 Uhr
Dorfbewohner forsten mühsam kahle Hänge wieder auf

© Fotos: Hans Meister

Die Minen, in denen seit Jahrhunderten und bis heute nach Gold, Silber und Blei gesucht wird, haben der Natur im Hochland von Peru schwer zugesetzt. Schon die Spanier holzten im 16. Jahrhundert die Bäume in der einst reich bewaldeten Gegend radikal ab, um mit dem Holz die Stollen in ihren Bergwerken abstützen zu können. Die Folgen für die Umwelt waren den spanischen Ausbeutern damals egal – und auch die heutigen Betreiber der zahlreichen gigantisch großen Minen handeln nicht viel anders.

Dorfbewohner forsten mühsam kahle Hänge wieder auf

"Die Erde an den Hängen ist abgewaschen, die Erosion ist enorm, alles ist dürr", berichtet Hans Meister, Vorsitzender des Förderkreises "Cajamarca", der mit seinen beiden Gästen aus Peru in die Redaktion kam und das Gespräch übersetzt. Pflanzen und Bäume wachsen kaum mehr auf den steilen Berghängen in einer Höhe zwischen 2500 und 4000 Metern, das Regen- und Schmelzwasser rauscht ungehindert in die Tiefe. Die einzige Möglichkeit hier gegenzusteuern, ist künstlich wieder aufzuforsten.

Geschenk zu Weihnachten

Das umfangreichste Projekt sei daher zurzeit die Aufforstung der kahlen Hügel, erzählen die beiden Peruaner. Santos Aguilar (38) ist der Vorsitzende und Freddy Lozano (37) sein Stellvertreter bei der "Asociación José Dammert Bellido" in Bambamarca, mit der der Förderkreis "Cajamarca" schon lange eine Partnerschaft pflegt. Gemeinsam mit einem sozial engagierten Mann aus Benzheim, der jedes Jahr bis zu 10 000 Euro aus einer Weihnachtskollekte spendet, finanziert der Herzogenauracher Förderkreis die Aufforstungsaktion mit jährlich 17 000 Euro.

Dorfbewohner forsten mühsam kahle Hänge wieder auf

© Foto: Matthias Kronau

Dank des Geldes können pro Jahr 100 000 Bäume — Pinien, Eukalyptus, Zypressen und Aliso, eine einheimische Baumart — gepflanzt werden. Wie das organisiert wird, das erzählen Santos Aguilar und Freddy Lozano. Dafür holen sie etwas aus: Früher war es in ihrer Heimat auf dem Lande üblich, dass die Dorfbewohner alle Arbeiten gemeinschaftlich erledigen. Durch die spanische Kolonialzeit seien diese Strukturen aber kaputt gemacht worden. Ein Ziel der Hilfsaktion sei es daher, die Dorfgemeinschaften wieder zusammenzuführen.

Eigenständiges Arbeiten

Ein weiterer wichtiger Aspekt sei ferner, dass die Dorfgemeinschaft ihr Eigeninteresse bekunden muss und klar sagen muss: "Ja, wir wollen die Aufforstung." Können die Bewohner das glaubhaft versichern, dann gehen Aguilar und Lozano in das Dorf und verhandeln, wie das Projekt ablaufen soll. "Die Leute müssen alles selbst organisieren und sie müssen Schulungen machen", erzählen die beiden. Nur so sei gewährleistet, dass die Aufforstung erfolgreich verläuft.

Gestellt werde nur das Saatgut. Die Dorfbewohner säen den Samen in Zuchtbeete aus. Wenn die Pflänzchen zehn Zentimeter groß sind, werden sie vereinzelt und jedes kommt in eine Plastiktüte. Sie werden wieder in Beete eingegraben, wo sie geschützt weiterwachsen können. Sind die Setzlinge dann 25 bis 30 Zentimeter groß, werden sie rechtzeitig vor der Regenzeit (Mitte Januar bis Ende März) an ihren endgültigen Platz gepflanzt.

Auch das muss sehr sorgfältig geschehen: Weil die Bäume an steilen Hängen gedeihen sollen, muss für jedes Pflänzchen ein Loch in die Erde gegraben werden, das nach vorne höher ist, um so genügend Wasser zum Wachsen zurückzuhalten, wie Aguilar und Lozano beschreiben. Doch die mühsame Arbeit lohnt sich: Dank des günstigen Klimas sei inzwischen auf einer Fläche von 480 Hektar schon ein richtiger Wald gewachsen, freuen sie sich. Weil andere Dorfgemeinschaften sehen, dass hier wieder Bäume wachsen, sei die Nachfrage nach dem Aufforstungsprojekt sehr groß. Seit einiger Zeit werden zudem auch Obstbäume und Kaffeesträucher in der Region angepflanzt, um so den Landbewohnern eine weitere Einnahmequelle zu verschaffen.

Insgesamt leben rund 100 000 Menschen in der Zone Bambamarca, 93 000 davon auf dem Land. "Für diese Leute gibt es keine medizinische Versorgung. Die Menschen könnten sich auch keinen Arzt oder Medikamente leisten", verdeutlicht Hans Meister die Lage. Hier setzt ein weiteres Hilfsprojekt der "Asociación José Dammert Bellido" an. Freddy Lozano war früher Sanitäter, dank der Unterstützung des Förderkreises hat er Pharmazie studieren können. 2006 hat er eine Apotheke aufgemacht, über die er viele Kranke mit Medikamenten versorgt, zum Teil kostenlos.

Wasser als Problem

Der 37-Jährige hat sich viele medizinische Kenntnisse selbst erarbeitet und behandelt nun auch Kranke. Dabei stehe Beratung über Ernährung und Hygiene an erster Stelle. Denn die meisten Krankheiten, die auftreten, betreffen den Magen- und Darmtrakt — verursacht durch verseuchtes Wasser. Auch das sei eine Folge der Minen, schildert Hans Meister.

Bei Regen laufen deren gigantisch große Abraumhalden über und verseuchen so das Grundwasser mit giftigen Stoffen wie Blei, Cadmium, Quecksilber. Bei einer Untersuchung habe man jüngst beispielsweise festgestellt, dass über 50 Prozent der Kinder in dem Gebiet einen mehrfach überhöhten Bleigehalt im Blut haben. "Viele Kinder sterben an Durchfällen, verursacht durch verseuchtes Wasser und mangelnde Hygiene", erzählt Lozano. "Der 37-Jährige arbeitet oft Tag und Nacht", schildert Hans Meister, "und vor allem am Wochenende, weil da die Landbevölkerung wegen des Marktes nach Bambamarca kommt."

Nur kurz streifen die beiden Peruaner drei weitere aktuell laufende Hilfsprojekte, die ebenfalls über den Herzogenauracher Förderkreis finanziert und die "Asociación José Dammert Bellido" organisiert werden: Ein Projekt für Straßenkinder, bei dem 25 bis 30 Kindern vor allem schulische Nachhilfe gegeben werde.

Ein weiteres Projekt "centro technico" hat zum Ziel, die praktische handwerkliche Berufsausbildung zu ermöglichen, denn bisher sei es nicht möglich, ein Handwerk zu erlernen. Außerdem werde gerade ein Projekt zur verbesserten Meerschweinchenzucht aufgebaut.

ZAm Sonntag, 15. Oktober, informieren Santos Aguilar und Freddy Lozano um 19 Uhr im Pfarrheim St. Magdalena in Herzogenaurach über die Hilfsprojekte in ihrer Heimatregion in Peru.

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