Erlangen-Höchstadt: Endspurt bei der Maisernte

6.10.2014, 10:00 Uhr
Erlangen-Höchstadt: Endspurt bei der Maisernte

© Athina Tsimplostefanaki

Viele Erntebauern kennen das: Superlange Arbeitstage für Jürgen Schenk als Geschäftsführer und Hauptgesellschafter der Biogasanlage in Kairlindach. Schon von weitem ist der mindestens zwölf bis 15 Meter hohe gelbe, beinahe Strommast-hohe Silageberg sichtbar. Wieder und wieder modellieren zwei über 220 PS starke Spezial-Trekker die Silage.

Fast ununterbrochen liefern Fuhrfahrzeuge frischen Mais von oft umliegenden Feldern an. Bei der Maisernte hat Schenk zwölf Mitarbeiter, sonst ist er oft allein auf der Biogasanlage. Jetzt arbeitet er von früh um 7 Uhr bis abends um 21 Uhr.

Vorgestern kam Schenk mehr als sonst ins Schwitzen. Auf einem schmalen Flurweg unweit der Biogasanlage war einer seiner Transportzüge in den Graben abgerutscht. Bange Minuten für Anlagenbetreiber Schenk. „Aber nach einer halben Stunde war alles wieder vorbei.“

„Aufruhr“ im Ort

Gerade der Abtransport des Maises von den Feldern hatte in den vergangenen Wochen zu reichlich Auseinandersetzungen in Weisendorf geführt. „Mittlerweile is in Kairlindach scho a weng a Aufruhr“, hatte der Kairlindacher Bernd Weber unlängst geurteilt und flugs eine Unterschriftenaktion gestartet. Drei Viertel der Kairlindacher unterschrieben. Trotz inzwischen durchgeführter Bürgerversammlung ist ihm immer noch nicht klar, wie es jetzt weitergeht. „Ich hoffe, die Gemeinderäte überlegen noch mal, was sie da beschlossen haben.“

Bürgermeister Heinrich Süß will die Unmutswogen glätten. Er verspricht, dass alle Anfragen von Bürgern behandelt werden sollen. Allerdings sei unklar, „ob wir das noch in der Oktobersitzung oder erst im November schaffen.“.

Vom Ablauf der Ernte und der Anlieferung hat er sich jetzt auf der Biogasanlage selbst überzeugt. „Die Bürger betonen, dass sie nichts gegen die Biogasanlage haben.“ Grundsätzlich müsse das Kernwegenetz saniert werden. Dafür gebe es voraussichtlich 85 Prozent Zuschuss.

Erlangen-Höchstadt: Endspurt bei der Maisernte

Das klappt aber nicht kurzfristig, sondern muss zwischen benachbarten Kommunen abgestimmt werden. Ausbaustart wahrscheinlich nicht vor 2016.

Die Feld- und Flurbereinigungswege sind eigentlich nur für fünf Tonnen schwere Gespanne zugelassen. „Sie halten auch 15 bis 20 Tonnen aus.“ Aber ein voll beladener Maislaster bringt 30 bis 35 Tonnen auf die Waage. Außerdem müsse man dahin kommen, „dass einzelne Orte nicht übermäßig belastet werden.“ Die Situation solle für alle „erträglich“ sein. Bisher werde alles über Oberlindach angefahren.

Einiger Bürgerprotest kommt inzwischen auch beim Leiter des auch für Erlangen-Höchstadt zuständigen Landwirtschaftsamtes, Horst Krehn, an. Jede Woche erhält er mindestens einen Beschwerdeanruf oder -mail. „Früher war da gar nichts.“

Bürger sorgen sich um das durch die Schwerlast-Gefährte arg in Mitleidenschaft gezogene Wegenetz. Andere haben regelrecht Angst vor den riesigen Erntemaschinen, die gerade auf Dorfstraßen „zu schnell unterwegs“ sind. Den meisten der oft jungen Fahrer stellte er ein gutes Zeugnis aus. „90 Prozent nehmen Rücksicht.“ Das verbleibende Zehntel stehe offenbar unter großem Zeitdruck oder sei „gestresst“.

Nur 25 Kilometer schnell

Nichts dem Zufall überlassen will Anlagenbetreiber Jürgen Schenk. Früher redete er sich bei der Fahrereinweisung den Mund fusselig. Doch das reichte nicht. Erstmalig musste heuer jeder seiner Fahrer die „Anweisungen zum Biomassentransport“ unterschreiben. Im Klartext: In kleinen Orten wie Kairlindach und Oberlindach oder Reinersdorf gelten 25 Kilometer Höchstgeschwindigkeit. Die Erntefahrzeuge dürfen nicht über „fremde Felder und Wiesen“ fahren. Bei Radfahrern und Fußgängen solle das Tempo deutlich verringert werden.

Schenks dringende Bitte: „Schreiben Sie in die Zeitung, dass die Leute nicht nachts in schwarzer Kleidung und mit schwarzem Hund auf Flurwegen spazieren gehen sollen.“ Immer wieder komme es dadurch zu „unwahrscheinlich gefährlichen“ Situationen. Am besten wäre reflektierende Kleidung.

Mit der Maisernte selbst ist Schenk durchaus zufrieden. „Eine gute, durchschnittliche Ernte.“ Geschätzte 12 000 bis 15 000 Tonnen Mais werden heuer wahrscheinlich in der Biogasanlage verarbeitet. Vorjahr: 9000 Tonnen.

Ihm ist klar: „Der Biogasboom ist vorbei.“ Inzwischen werden nur noch kleine, maximal 75 Kilowatt liefernde Anlagen gefördert. Anlagen wie in Kairlindach oder Zweifelsheim haben trotz verschlechterter finanzieller Rahmenbedingungen Bestandsschutz. Im Landkreis Erlangen-Höchstadt gibt es 30 Biogasanlagen. In bayerischen Spitzenregionen wie Ansbach sind es dagegen 180.

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