Pflegenotstand: Freie Heimbetten werden nicht belegt

20.9.2018, 23:28 Uhr
Pflegenotstand: Freie Heimbetten werden nicht belegt

Noch laufen die Bauarbeiten für das neue, immerhin vierstöckige Pflegezentrum Liebfrauenhaus in Herzogenaurach. Dort geben im Augenblick Bauarbeiter den Ton an. Der Millionen-Bau soll im Frühjahr 2019 fertiggestellt und anschließend bezogen werden. Soviel ist klar: Der Bedarf an den dort geplanten, insgesamt 90 Pflegeplätzen ist auf jeden Fall vorhanden.

Doch er wird vorerst nicht befriedigt. "Wir können ein Stockwerk des Neubaus nicht belegen", kündigte Irmgard Walz, die Leiterin des Pflegezentrums, gegenüber dieser Zeitung an. Der Grund: Es gibt nicht genügend Pflegekräfte. Deshalb können 30 Pflegeplätze im Liebfrauenhaus-Seniorenzentrum nicht belegt werden.

Im Liebfrauenhaus sind gegenwärtig 46 Mitarbeiter in Voll- und Teilzeit als Pflegekräfte beschäftigt. Ohne Neueinstellungen kann die Zusatzarbeit für neue Heimbewohner nicht bewältigt werden, weiß Heimleiterin Walz. Laut ihrer Beobachtung arbeiten bereits jetzt viele Beschäftigte am Limit. Die Konsequenz: "Jeder reißt aus". Und sucht sich einen anderen Job. Walz ist für jeden ihrer Mitarbeiter dankbar, der die aufreibende und anstrengende Pflegetätigkeit bis zum 60. oder 63. Lebensjahr durchhält.

Sie glaubt nicht, dass die Misere bei der Mitarbeitersuche alleine durch das Anwerben von ausländischen Pflegekräften behoben werden kann. Obwohl sie selbst sehr positive Erfahrungen damit gemacht hat. "Bei uns ist in der Betreuung eine ganz nette Migrantin."

Zusätzliche Belastung

Auch Chinesen und Vietnamesen kommen bereits, um in der Pflege mitzuarbeiten. Walz warnt aber: "Auch wenn jemand seine Deutschkenntnisse mit einem B 2-Schein nachweist, ist dieser der deutschen Sprache nicht wirklich mächtig." Das bedeute: Ausländische Mitarbeiter müssten in der täglichen Pflegearbeit durch deutsche "Bestands-Mitarbeiter" unterstützt werden. Gerade diese Unterstützungsarbeit durch deutsche Pflegemitarbeiter führe zu zusätzlichen Belastungen der deutschen Stammmitarbeiter.

Natürlich will sich das Liebfrauenhaus-Team nicht nur auf ausländische Neueinstellungen verlassen. "Wir bilden auch aus." Gegenwärtig würden drei Auszubildende an den Pflegeberuf herangeführt. Einzige Einschränkung: "Das sind keine Jüngeren." Entsprechend kürzer blieben diese dem Heim erhalten.

Eine ähnliche Situation schildert Johanna Auerbeck aus dem Vitanas Senioren Centrum in Höchstadt. Dort können von den eigentlich 153 Pflegeplätzen zehn wegen Personalmangels nicht belegt werden. Die Nachfrage wäre auf jeden Fall da. Eigentlich seien die "vielen Babys", die zur Welt kommen, eine gute Nachricht, freut sich Auerbeck. Aber gerade viele junge Mütter würden anschließend als Pflegemitarbeiter wegfallen. "Das schmerzt uns sehr."

Das Senioren Centrum habe vor fünf Monaten fünf junge Mitarbeiterinnen wegen Schwangerschaften sofort vom Dienst freistellen müssen. Diese Mitarbeiterlücke konnte bis jetzt nicht geschlossen werden. Das Seniorenheim hat 96 Mitarbeiter, davon 53 in Vollzeit.

Zum Anwerben neuer Mitarbeiter "machen wir ganz viel", sagt die Heimleiterin. Schon seit Jahren arbeite man mit der Arbeitsagentur zusammen. Auch habe man "sehr schöne Stellenanzeigen" geschaltet.

Unsichere Bleibe-Perspektive

Zum Mitarbeiterstamm gehören bereits Kroatinnen und Rumäninnen. Außerdem eine "Lehrerin aus der Ukraine". Aber gerade deren Bleibeperspektive ist unsicher. "Da sind wir jetzt am kämpfen", verrät die freundlich-resolute Heimleiterin. Ihr Ziel: "Wir wollen Menschen gewinnen, die ein großes Herz haben."

Beim BRK-Seniorenheim in Etzelskirchen ist das offenbar gelungen. "Wir sind eine Ausnahme", erklärt Pflegedienstleiterin Beate Bednarski. Alle 159 Plätze für Bewohner sind voll belegt. Dazu noch die drei Plätze zur Kurzzeitpflege. Und das seit einem Jahr. Dafür reicht das BRK-Personal aus. 85 Pflegekräfte arbeiten hier in Voll- und Teilzeit.

Die hauptamtlichen Mitarbeiter würden noch durch etwa 50 Ehrenamtliche unterstützt.

Das BRK-Heim ist in der Region einer der großen Ausbilder im Pflegebereich. Und genau da fangen die aktuellen Probleme an. "Wir warten noch auf ganz viele Auszubildende." Ursprünglich habe man für den jetzigen Ausbildungsstart 15 Auszubildende eingeplant. Zehn über das Berufsbildungszentrum Forchheim (bfz) vermittelte Ausländer hätten Ausbildungszusagen erhalten, aber nur vier seien bisher gekommen.

Die restlichen sechs sind nach wie vor an ihren Ausbildungsplätzen interessiert. "Sie haben aber kein Visum bekommen", bedauert die Pflegedienstleiterin. "Das verstehe ich nicht", so ihre enttäuschte Reaktion. Denn die Bewerber seien "intelligente junge Menschen", einige hätten sogar studiert.

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