Höchstadt: Bekenntnis zur Solidarität

2.5.2016, 06:00 Uhr
Höchstadt: Bekenntnis zur Solidarität

© Christian Enz

Mit Massendemonstrationen forderten australische Arbeitnehmer im Jahr 1856, die tägliche Arbeitszeit auf acht Stunden festzusetzen. Die Geburtsstunde des Tags der Arbeit, der sich in mehr als hundert Jahren zu einem Symbol für Klassenkampf und Revolution entwickelte. Diese martialischen Zeiten sind freilich Geschichte. Dennoch, dies betonte Norbert Bechstein, brauche es die gewerkschaftlich organisierte Arbeitnehmerschaft heute wie damals. „Uns geht die Arbeit nicht aus“, so der Höchstadter DGB-Vorsitzende.

Diese habe viele Facetten – im Zentrum stehe aber stets die Verteidigung sozialer Errungenschaften. Überlegungen, mit Ausnahmeregelungen für Flüchtlinge den Mindestlohn auszuhöhlen, erteilte er eine klare Absage. Dies, so Bechstein, sei auch gar nicht nötig. „In der Praxis hat sich gezeigt, der Mindestlohn ist machbar.“ Statt der von Arbeitgeberseite angedrohten Entlassungswelle gebe es sogar wieder mehr sozialversicherungspflichtig Beschäftigte.

Soziale Verantwortung, dies proklamierte Martin Feder, dürfe sich nicht auf die Sicherung einer Grundversorgung beschränken. Über Leiharbeit, befristete Arbeitsverhältnisse und Werkverträge könnten Arbeitgeber ihr unternehmerisches Risiko auf jeden Einzelnen abwälzen. „Hunderttausende werden schlechter bezahlt und behandelt als die Stammbelegschaft. Trotz anderslautender Vereinbarungen im Koalitionsvertrag wurde der Gesetzesentwurf zur Eindämmung von Missbrauch in der Leiharbeit durch die CSU gestoppt. Verlierer sind wir alle“.

Rückendeckung fand er dafür bei Norbert Bechstein. Dieser beklagte zudem die zeitliche Ausgestaltung von Arbeitszeit. Hier gäbe es immer weniger Raum für gesellschaftliches Engagement und Familie. „Die Arbeitszeit hat sich in den letzten Jahren zunehmend auf den Sonntag ausgedehnt, weil die Finanz-Feudalherren ihren Profit maximieren wollen“. Dabei sollte es Sonntagsarbeit nach dem Gesetz nur dann geben, wenn die Tätigkeiten nicht an einem anderen Wochentag erledigt werden könnten. Dekan Kilian Kemmer erklärte, dass er als Pfarrer kraft Amtes zur Gruppe der am Sonntag Arbeitenden gehörte. Für den Dialog von Mensch zu Mensch lud er die Gewerkschaftsvertreter deshalb für einen beliebigen anderen Tag zu einer gemeinsamen Brotzeit auf den Kellerberg.

Dr. Bianca Schnupp von der evangelischen Kirche Höchstadt unterstrich dies. Gleichzeitig mahnte sie mangelnde Solidarität von oben mit unten an. „Durch Steuerhinterziehung wird der Staat jährlich um etwa 50 Milliarden betrogen. Was könnte man damit alles machen – und gleichzeitig auf Steuererhöhungen und Maut verzichten.“

Höchstadts Bürgermeister Gerald Brehm lobte die Solidarität der Bürger vor Ort. „Die Gemeinschaft ist das Wichtigste, was ein Schwacher hat“. Darum, so das Stadtoberhaupt, sei es wichtig, auch außenstehende Bedürftige aufzunehmen. „Deshalb haben wir uns entschlossen, geeignete Asylbewerber dauerhaft in unsere Stadt integrieren zu wollen“. Eine fordernde Aufgabe, bei der die Stadt von namhaften Arbeitgebern in der Region unterstützt wird. „Aber so was geht natürlich nicht am Grünen Tisch. Da sind wir auf ihre Unterstützung angewiesen, das im Alltag, in den Betrieben, auch umzusetzen“.

Landrat Alexander Tritthart warb ebenfalls für die Integration von Asylberechtigten. Gleichzeitig betonte er, dass die Region Erlangen-Höchstadt auch die Kraft habe, dies zu meistern. „Wir sind in der guten Situation, dass es bei uns Vollbeschäftigung gibt. Auch stehen für die Schulabgänger genügend Ausbildungsplätze zur Verfügung“. Gute Rahmenbedingungen, die Garant seien für die hohe Lebensqualität. Gleichwohl gäbe es Herausforderungen. „Beispielsweise im sozialen Wohnungsbau haben wir einiges zu tun. Das gehen wir auch an“.

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