Höchstadt: Fällt das Biotop Wohnungen zum Opfer?

26.5.2018, 06:57 Uhr
Höchstadt: Fällt das Biotop Wohnungen zum Opfer?

© Foto: Roland Huber

Das wollen der Bund Naturschutz, der Obst- und Gartenbauverein, der Imkerverein, der Kellerbergverein und etliche Anlieger nicht einfach so hinnehmen. Sie haben sich in einem Schreiben an Bürgermeister Gerald Brehm gewandt. Kopien des Briefes gingen auch an die Fraktionsvorsitzenden des Stadtrates.

Vor Ort zeigen und erklären Biologe Hans Krautblatter, Helmut König, der Vorsitzende des Bund Naturschutz, Kreisgruppe Höchstadt-Herzogenaurach, und Christoph Reuß von der BN-Ortsgruppe Höchstadt, weshalb das Biotop ihrer Meinung nach besonders schützenswert ist.

Es handelt sich um ein dreigeteiltes Areal, umschlossen von Kellerberg-, Kerschensteiner- und Dr.-Schätzel-Straße. Viele große Bäume stehen dort, Hecken, das Gras ist hochgewachsen. Insgesamt sieht das Gelände recht verwildert aus.

Die südlichen beiden Abschnitte gehören der Stadt Höchstadt, der obere Teil ist in Privatbesitz; die Stadt möchte diesen Teil aber auch noch kaufen. Laut Stadtratsbeschluss vom März sollen hier 30 bis 40 sozialverträgliche Wohneinheiten gebaut werden. "Es geht darum, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen", sagt Bürgermeister Gerald Brehm.

27 Vogelarten

"Das ist nicht einfach nur ein Grundstück, das man bebauen kann", betont Hans Krautblatter. Es handle sich um ein Biotop mit einer unheimlich großen Artenvielfalt. Denn es herrsche hier eine "tolle Altersstruktur". Es seien Bäume von jung bis alt vertreten; im oberen, nördlichen Teil stünden eher jüngere Bäume, nach unten hin immer ältere. Ganz unten, Richtung Dr.-Schätzel-Straße, gebe es gut 60 Jahre alte Apfelbäume mit einem Stammdurchmesser von 50 bis 60 Zentimetern — "wahre Kolosse". In einem davon zeigt Krautblatter ein kreisrundes Loch. "Hier brütet ein Star." Insgesamt konnten die Naturschützer in kurzer Zeit 27 Vogelarten zählen, die sich in dem Biotop aufhalten, darunter auch der zur Roten Liste (RL 1) zählende Wendehals.

Gesäumt wird das Grundstück von verschiedenen Sträuchern, zum Beispiel Hartriegel, Holunder und Liguster. Neben den Apfelbäumen stehen hier auch Zwetschgen-, Birnen-, Kirsch- sowie Nussbäume. Magerer Boden wechselt sich mit nährstoffreichem ab, auf der Wiese blühen Hahnenfuß und Rotklee. Fazit der Naturschützer: "Die vielfältige Struktur sorgt für zahlreiche ökologische Nischen, die für viele Insekten- und Vogelarten wertvolle Refugien bilden."

Dieses Gartengrundstück sei also als Stadtbiotop unbedingt schützenswert. Es sei zudem ein "wichtiges Bindeglied der Grünachse", die sich vom Engelgarten über den Kellerberg bis zum Weingartsgraben hinzieht. Auch für die Anwohner sorge das Obstgartenareal für eine deutliche Verbesserung der Wohnqualität. Hans Krautblatter nennt "ausgeglichene Temperaturen, Beschattung, Luftfilterung und Lärmdämpfung." Vor allem das Gymnasium sei nach der Südseite durch den Grünkomplex gut abgeschirmt, das Biotop diene als wirksamer Puffer.

Das Bestreben nach günstigem Wohnraum versteht der BN. König betont, man unterstütze die Bemühungen der Stadt, Flächen im Innenbereich nachzuverdichten. "Jedoch sollten absolut schutzwürdige Bereiche davon ausgenommen sein." König meint: "In Höchstadt existieren genügend Bauflächen, die eine entsprechende Bebauung ermöglichen". Alle Unterzeichner bitten die Stadt Höchstadt daher eindringlich, von dem Bauvorhaben Abstand zu nehmen. Man denkt auch über eine Unterschriftenaktion nach, sollten die Bebauungspläne weiterverfolgt werden.

 

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