Höchstadt: Hinter Fassaden schlummern Schätze

18.9.2018, 07:00 Uhr
Höchstadt: Hinter Fassaden schlummern Schätze

© Fotos: Sonja Och

Höchstadt ist im Grunde drei Mal zerstört worden: 1633 haben die Schweden im 30-jährigen Krieg die Stadt niedergebrannt. Danach wurde vieles wieder aufgebaut. 1668 gab es erneut einen verheerenden Brand, bei dem große Teile der Stadt vernichtet wurden. Danach habe es in Höchstadt etwa bis Ende des 19. Jahrhunderts fast nur Häuser in Fachwerkbauweise gegeben, weiß Christian Plätzer, Museumsleiter und Gymnasiallehrer. Das hatte einen einfachen Grund: Bauen mit Holz war früher viel billiger als mit Stein. Erst Anfang des 20. Jahrhunderts hat sich der Baustil geändert und so wurden bei vielen Häusern die Fachwerkfassaden verputzt.

Höchstadt: Hinter Fassaden schlummern Schätze

Die dritte große Veränderung in der Stadt gab es dann vor 40 bis 50 Jahren: "Wir sind nicht vom Krieg zerstört worden, sondern vom Wohlstand", sagt Georg Leyh. Alte Fachwerkhäuser wurden gnadenlos verputzt, mit Fliesen oder Platten abgehängt, alte Fenster und Türen ausgetauscht, Dächer neu gedeckt. "Durch die Modernisierung waren die Verluste an alter Bausubstanz größer als im Zweiten Weltkrieg", weiß Plätzer. Erst in den letzten zehn, fünfzehn Jahren etwa habe sich hier das Bewusstsein wieder ein bisschen gewandelt.

Der Historiker hat vor einem Jahr die Leitung des Stadtmuseums übernommen und sich damals Gedanken gemacht, welches Thema sich für eine Sonderausstellung eignen und für die Stadt interessant sein würde. Weil gerade in letzter Zeit einige besonders schöne Fachwerkhäuser wie das Töpfla in der Hauptstraße saniert worden sind, lag es nahe, das Thema Fachwerk in den Mittelpunkt zu stellen.

Höchstadt: Hinter Fassaden schlummern Schätze

Gemeinsam mit seinem Jugendfreund Georg Leyh, der gerade das Töpfla mustergültig saniert hatte, und weiteren Fachleuten arbeitete er ein Konzept für die Sonderausstellung aus, in deren Mittelpunkt eine Bestandsaufnahme stand. "Damit wollen wir zeigen, was an alten Häusern überhaupt noch da ist", sagen Leyh und Plätzer. In der Altstadt wurde dafür akribisch Haus für Haus angeschaut – und dabei so manches verstecktes Schätzchen entdeckt.

Offiziell seien im Nachschlagewerk "Fachwerk in Franken" von Professor Dr. Konrad Bedal, 1980 erschienen, in Höchstadt nur vier Häuser aufgelistet, berichtet Leyh: die Anwesen in der Hauptstraße 7, Marktplatz 4, Obere Brauhausgasse 8 und Schranne 4. "Diese vier Häuser waren alle saniert. Mehr gab es damals nicht." Das hat sich inzwischen geändert.

Bestand dokumentiert

Für die aktuell laufende Sonderausstellung wurde erstmals dokumentiert und auf vier Karten grafisch dargestellt, wo es in Höchstadt erstens in der Altstadt amtlich registrierte Denkmalbauten mit Fachwerk gibt, zweitens an welchen Häusern Fachwerk wenigstens teilweise sichtbar ist, drittens hinter welchen Fassaden die Fachleute Fachwerk vermuten, und viertens, wo alte Fachwerkbauten abgerissen worden sind.

So sei zum Beispiel in der Gerbergasse 1 erst in den 1980er Jahren ein altes Bürgerhaus abgerissen worden und an gleicher Stelle durch einen Neubau ersetzt worden. Direkt daneben ist inzwischen ein Fachwerkhaus saniert, das heute das Verwaltungsgebäude des benachbarten Altenheimes beherbergt. Davor liegt das Kommunbrauhaus, das ebenfalls saniert ist und nun als Versammlungsstätte für den Stadtrat dient.

"Aber es gibt noch viel, viel mehr", weiß Architekt Leyh. Allein in der Hauptstraße, wo das sanierte Töpfla liegt, gebe es mindestens fünf bis sechs Häuser, hinter deren verputzten Fassaden vermutlich schönes Fachwerk liegt. Sicher ist das beim "Von-der-Saal-Anwesen" in der Hauptstraße 19, das der Stadt gehört und das nun ebenfalls saniert werden soll. "Das ist ein wunderbares Anwesen", freut sich Leyh, unter dessen Leitung die Renovierungsarbeiten über die Bühne gehen. (Siehe auch Artikel: "Alte Substanz erhalten")

Mit der Sonderausstellung wollen Plätzer und Leyh versuchen, das Bewusstsein für die alte Bausubstanz in der Stadt zu schärfen. Lange Zeit hätten viele Leute die Meinung vertreten, das "alte Zeug sollte man wegreißen". Inzwischen deute sich in der Stadt ein Bewusstseinswandel an. Nicht nur das Kommunbrauhaus, das Rathaus und das Töpfla sind restauriert, sondern zunehmend gebe es auch private Bauherrn, die ein altes Haus sanieren, wie zum Beispiel in der Unteren Brauhausgasse 2, wo ein Adelsdorfer die ehemalige Obdachlosenunterkunft herrichtet. "Es ist schön, dass die Leute das Alte wieder mehr schätzen", findet Architekt Leyh.

Christian Plätzer wünscht sich, "dass sich die Erkenntnis durchsetzt, dass jedes sanierte Haus ein Gewinn für die ganze Stadt ist". Mit der Ausstellung "Fachwerk in Höchstadt" wollen er und Georg Leyh die Diskussion darüber anstoßen. Dass das Thema doch viele Leute interessiert, merkt er an den Besucherzahlen im Museum, denn die Sonderausstellung lockt mehr Leute an als gedacht.

Plätzer und Leyh glauben an das große Potenzial in Höchstadt: Gerade das Areal rund um das Stadtmuseum, das einst das alte Rathaus war, sei sehr schön. Und um die Ecke liegt die Schranne – ein Platz mit herrlichen alten Häusern. Plätzer hat eine Vision: "Stellen Sie sich vor, hier wären keine Autos, der Platz wäre verkehrsberuhigt, die Häuser alle schön saniert und man könnte gemütlich in einem Café sitzen. Das wäre doch eine herrliche Ecke hier in Höchstadt."

ZMehr Fotos zum Thema unter www.nordbayern.de/hoechstadt

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