Höchstadt: Karpfen vermittelt zwischen Kulturen

2.3.2015, 08:00 Uhr
Höchstadt: Karpfen vermittelt zwischen Kulturen

© Niko Spörlein

Martin Oberle hatte schon vor Wochen die Vision gehabt, die in Höchstadt untergebrachten Asylbewerber mit den Gepflogenheiten hierzulande, mit den Menschen, mit der Kultur und mit der Stadt vertraut zu machen. Dafür rührte er unverdrossen und mit großem Engagement die Werbetrommel, klopfte bei Bürgermeister Gerald Brehm an und bat um Unterstützung, bei Michael Thiem und der Laufer Mühle, beim Fischereiverein Höchstadt, dem Rotary Club Neustadt/Aisch und bei Michael Ulbrich von der Ritter-von-Spix-Mittelschule.

Lange bitten musste Oberle die ohnehin schon engagierten Menschen in Höchstadt nicht, und alle sicherten ihm Hilfe und Unterstützung zu. So kam es am Freitagabend erstmals zu einem richtigen „Miteinander“ mit von Flüchtlingen, Schülern der Mittelschule und Höchstadter Bürgern. Und weil Oberle Chef der Außenstelle für Karpfenteichwirtschaft in Höchstadt ist, war es naheliegend, dass bei diesem multikulturellen „Beschnuppern“ Karpfen aufgetischt wurden. Der Fischereiverein bereitete die Karpfenchips in der Küche der Fortuna vor und servierte die Leckereien, die Laufer Mühle kümmerte sich um Kartoffelsalat als Beilage und um Obstsalat zum Nachtisch. Die Tafeln im dritten Obergeschoss der Fortuna waren gedeckt.

Musik und Infos

Kurz nach 19 Uhr trafen rund 20 Asylbewerber ein, zusammen mit Mitarbeitern der Caritas, die sie von der Sammelunterkunft am Lappacher Weg zur Fortuna begleitet hatten — ein Weg von nur wenigen Hundert Metern, den allerdings die meisten der aus den Kriegs- und Krisenregionen der Welt stammenden Menschen nicht kennen. So nahm ein kurzweiliger Abend seinen Lauf, bei dem Schüler Lieder sangen, Oberle und Thiem die Stadt mit ihren Einrichtungen und Menschen via Leinwand und mit eindrucksvoller Gestik vorstellten, und bei dem sich Michael Ulbrich um die musikalische Unterhaltung kümmerte.

Bis es allerdings zu diesem nicht alltäglichen Austausch kam, musste Martin Oberle nicht nur die erwähnte Werbetrommel rühren, sondern auch in der Sammelunterkunft auf dieses ungezwungene Treffen aufmerksam machen. Sogar Flyer in vielen Sprachen habe man verteilt, sagte Oberle, denn die aktuell 83 Asylbewerber am Lappacher Weg kennen sich meist nicht einmal untereinander, haben unterschiedliche Konfessionen und kommen aus rund 15 verschiedenen Ländern. Um die Vorarbeit besser koordinieren zu können, legte sich die Gruppe „Helfende Hände“ ins Zeug, die sich im Heim um die Verständigung und ganz banale Dinge des täglichen Lebens kümmert — alles ehrenamtlich, versteht sich.

Die Bemühungen sollten nicht umsonst gewesen sein, denn fast schon freundschaftliche Gesprächsrunden entstanden, wenngleich natürlich Sprachbarrieren vorhanden waren. Doch die Distanz zum „Anderen“, zum Unbekannten, wurde ansatzweise überwunden, man lernte sich kennen. Hinter der Sammelunterkunft am Lappacher Weg befänden sich einige Karpfenweiher, berichtete Martin Oberle, doch die meist jungen Asylbewerber hätten damit überhaupt nichts anfangen können, und nicht einmal annähernd gewusst, was in diesen Teichen gezüchtet werde.

Deshalb war Martin Oberles Spezialgebiet an diesem Abend ein zentrales Thema, zumal Fisch in Chipsform über Konfessionsgrenzen hinweg gerne verspeist wird. Es wird nicht bei diesem ersten Treffen bleiben, ist sich Martin Oberle sicher und denkt jetzt schon über eine gemeinsame Sommerwanderung durch die fränkische Wald-, Wiesen- und Weiherlandschaft nach.

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