Höchstadt: Kostümführung zum Schwedensturm

6.3.2018, 18:27 Uhr
Höchstadt: Kostümführung zum Schwedensturm

In zerrissenen Kleidern sucht die Frau auf dem Höchstadter Marktplatz verzweifelt nach Kundschaft. Aber es ist niemand mehr da, dem sie die Waren aus ihrem Korb verkaufen kann. Sie zählt es an ihren Fingern ab: "Sieben! Nur noch sieben Bürger waren in Höchstadt am Leben." Nach dem achten Überfall der schwedisch-weimarischen Armee am 10. März 1633 liegt die Stadt in Schutt und Asche.

Gästeführerin Christiane Kolbet ist als "Marketenderin" verkleidet, eine Händlerin, die Soldaten mit Lebensmitteln versorgt. "Den Höchstadtern ist es schlimm ergangen", sagt sie. "Aber das wisst Ihr ja . . . Nein? Na dann kommt mal mit . . . "

Und so startet die 55-Jährige ihre Tour durch Höchstadt, die sie in Absprache mit dem Heimat- und Verschönerungsverein extra für das Jubiläumsjahr konzipiert hat. Vor 400 Jahren ging der 30-jährige Krieg mit dem Westfälischen Frieden zu Ende. Der Angriff auf Höchstadt liegt da schon 15 Jahre zurück, er jährt sich heuer zum 385. Mal.

Unter Brücke versteckt

"Es war ein Himmelfahrtskommando", sagt Kolbet. Die Generäle Lohhausen und Zorn von Bullach hatten den Angriff für den 10. März akribisch geplant. Früh am Morgen begann das Bresche-Schießen. Die Höchstadter verteidigten sich kläglich. Unbemerkt konnten weimarische Reiter in die Stadt eindringen und das Tor öffnen. Sieben Einwohner überlebten das grausame Gemetzel in der Stadt, weil sie sich unter der Aischbrücke und im Schwedenbrunnen versteckt hatten. Außerhalb der Mauern entkamen 62 weitere Menschen dem Tod, weil sie sich bei ihrem Vieh im Bürgerwald aufhielten. Von 160 bekannten Familien wurden 98 ausgelöscht.

Vieles in der Stadt erinnert an den schwärzesten Tag ihrer Geschichte. "Ich weiß kaum, wie ich das alles in eine Führung von eineinhalb Stunden packen soll", sagt Kolbet. Vor dem Rathaus berichtet die "Marketenderin" von der Zerstörung, die ihr in den umliegenden Dörfern begegnet ist. Etzelskirchen ist außer der Kirche und einem Häuschen abgebrannt. Auch in vielen anderen umliegenden Orten wohnt niemand mehr: zum Beispiel in Sterpersdorf, Greiendorf und Weidendorf.

Im Engelgarten berichtet die Gästeführerin davon, wie der Krieg 1629 hätte enden können. Höchstadt wäre das harte Schicksal erspart geblieben. Wie hart es war, macht sie bei vielen weiteren Stopps während der Tour deutlich. Bei der Gedenktafel des Heimatvereins "Am Graben", etwas abseits der Hauptstraße, kommt sie auf den Angriffsturm im Einzelnen zu sprechen. "Die Befestigung war dem damaligen Stand der Angriffswaffen nicht mehr gewachsen: Die Gräben waren zu schmal, die Mauern zu schwach. Es fehlte an Flankierungsmaßnahmen. In der Stadt befanden sich 60 Soldaten und 300 Bürger." Die Höchstadter hatten keine Chance.

Christiane Kolbet präsentiert sogar Bleikugeln von der Art, mit den ein 22-jähriger Kapitän auf schwedischer Seite erschossen worden ist. "Die kann man einfach bei Ebay kaufen", verrät sie und packt sie zurück in ihren Korb. Beim Ortegel-Anwesen am Schlossberg macht sie als Nächstes halt. Hier wurden 1985 noch Gebeine gefunden von Opfern des Angriffs 1633. Am Stadtturm, wo drei Gedenktafeln und drei Kanonenkugeln an den Überfall erinnert", verabschiedet sich die Marktenderin.

Einen letzten Rat hat sie noch für die Höchstadter: "Wenn Ihr in den verwüsteten Dörfern unterwegs seid oder im Wald, der sich immer mehr ausbreitet, dann müsst Ihr Lärm machen. Am besten singt ihr! Das hält die Wölfe fern, die in die Dörfer zurückgekommen sind." Dafür bietet sich das Lied an, das der Stadtführung ihren Titel gab. "Bet’t Kinder, bet’t. Morgen kommt der Schwed‘". Das sangen entsetzte Väter ihrem Nachwuchs ins Ohr, nachdem die Schweden durchs Land zogen.

Die Führung "Morgen kommt der Schwed‘" feiert Premiere am Freitag, 9. März, um 20 Uhr. Treffpunkt ist der Brunnen am Marktplatz in Höchstadt. Die Tour kostet 6 Euro. Weitere Termine: 4. Mai, 6. Juli, 7. September, 2. November und auf Anfrage unter = (01 51) 26 21 13 82.

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