Hoffen auf die Südumgehung

27.5.2017, 06:00 Uhr
Hoffen auf die Südumgehung

© Giulia Iannicelli

Kathrin Mönius steht auf dem Balkon mit dem schmiedeeisernen Geländer und schaut auf genau diese Verkehrsader. "Jetzt ist Schichtwechsel bei Schaeffler", sagt sie. Unaufhörlich rauschen Autos und Laster vorbei. Nur eine kleine Wiese auf dem Grundstück der Familie Mönius trennen Balkon und Straße, die Entfernung viel zu gering, um den Lärm zu dämpfen.

"Das geht hier fast den ganzen Tag so", erzählt die 36-Jährige. Sie hat ihren einjährigen Sohn Lukas auf dem Arm, der vierjährige Dominik schaut auch mal runter auf die Straße. Kathrin Mönius listet auf: "Früh ist Schichtwechsel bei Schaeffler, dann kommt der normale Berufsverkehr, dann wieder Schichtwechsel gegen 13.30 Uhr, dann allgemeiner Berufsverkehr, dann Schichtwechsel gegen 22 Uhr." Jahrein, jahraus. "Na gut, sonntags und an Silvester ist es ruhiger."

Dass sich die Niederndorferin jetzt an die Öffentlichkeit wendet, liegt auch an ihrem Ärger über die Bürgerinitiative "HerzoSüdBewahren." Die Engagierten dort organisieren derzeit Etappenwanderungen entlang der geplanten Umgehungstraße. Drei von fünf sind schon gegangen worden, teilgenommen haben jeweils rund 100 Bürger. "Dort geht es aber nur darum, dass die Natur in Ruhe gelassen wird", sagt Kathrin Mönius. "Aber was ist mit uns?" Die Bürgerinitiative lege keine Alternativen vor und versteife sich auf eine reine Verzögerungstaktik. "Wissen die eigentlich, was das für uns bedeutet?"

Die Niederndorferin weiß sehr wohl um die Schwierigkeit, wie Mensch und Natur in Einklang leben können. "Ich war selbst einmal Mitglied im Bund Naturschutz, bin aber vor einigen Jahren ausgetreten, weil ich einfach einen anderen Fokus hatte." Das persönliche Einkaufsverhalten ist ihr wichtig, "ich fahre auch oft mit dem HerzoBus". Aber, so die Niederndorferin: "Ich weiß, dass viele nicht auf ihr Auto verzichten wollen oder können. Das Recht kann man in einer freien Gesellschaft niemandem absprechen."

Aufforderung zum Dialog

Kathrin Mönius appelliert daher an die Bürgerinitiative, "nicht zu blockieren, sondern einen Dialog zu führen". Vielleicht könne man ja über das Anlegen neuer Biotope nachdenken als Ersatz für den Flächenverlust durch die Straße.

Die Niederndorfer klagen schon seit Jahrzehnten über die Verkehrsbelastung. Schon in den 80er Jahren, so erinnert sich Reimund Großhäuser, der Vater von Kathrin Mönius, an ein Plakat mit der Aufschrift: "Der Stadtrat schwimmt im Ausschwimmbecken, während wir hier im Verkehr verrecken." Das bezog sich auf den teuren Bau des Außenbeckens im Atlantis.

Tochter Kathrin ist erst vor drei Jahren nach Niederndorf gezogen. Hätte sie da nicht wissen müssen, was sie erwartet? "Ich bin mit meiner Familie in das Haus meiner Großtante und meines Großonkels gezogen, das hatten die beiden sich gewünscht", erzählt Kathrin Mönius, die zuvor in einem ruhigeren Gebiet in Büchenbach gewohnt hat. "Ich wusste natürlich, wo ich hinziehe. Aber so schlimm hatte ich es mir nicht vorgestellt." Mit anderen Worten: "Es war Ahnungslosigkeit, gepaart mit der Hoffnung auf die künftige Südumgehung."

Diese Hoffnung möchte sich Katrin Mönius nicht zunichte machen lassen. "Arbeitet für die Natur und den Menschen!", appelliert sie an die Bürgerinitiative.

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