In Herzogenaurach gibt es eine neue Währung

24.5.2017, 13:57 Uhr
In Herzogenaurach gibt es eine neue Währung

© Foto: Oliver Koprivnjak

Bekanntlich feilschten ja schon in der Steinzeit Jäger und Sammler um Nahrung und Werkzeuge, bis dann im Laufe der Jahrtausende die professionelle Geschäftemacherei mit Geld und Scheck einsetzte und Angebot und Nachfrage Handel und Wandel strukturieren halfen.

"In der Nachkriegszeit habe ich dann wieder den Tauschhandel erlebt", erinnert sich Brüne Soltau, Vorsitzender des Seniorenbeirats. Im Geschwister-Beck-Saal der evangelischen Kirche erzählt er von Kleidern, die für Butter und Schinken erworben wurde. Jetzt, etwa 70 Jahre später, soll das archaische Tauschen wiederbelebt werden. Beim Tausch 3.0 oder, regional gesagt, beim HerzoTausch der Herzo-Heinzelmännchen, geht es darum, etwas anzubieten, das gerade nicht gebraucht wird und dafür etwa Gleichwertiges in Empfang zu nehmen, das man gerade dringend einsetzen könnte. Etwa 100 solcher Initiativen gibt es in Deutschland, 20 davon sind in Bayern beheimatet.

Wer sorgt nun für den reibungslosen Ablauf der Tauscherei? Christel Wiedemann-Drobny und Cornelia Kucich sehen in jedem Mitmenschen Talente und Fähigkeiten, die nicht in jedermanns Charakter vorkommen. Die Damen, die derzeit an der Erlanger Initiative mitwirken, wissen, dass jeder Wünsche und Bedürfnisse mitbringt, die sich verbinden lassen und gegen sinnvolle Lebenszeit eingetauscht werden können.

Was kompliziert klingt, wird anhand eines Beispiel einfach: Auf der zugehörigen Internetplattform trägt sich die Mutter, die einen Babysitter sucht, genauso ein, wie der junge Mann, der eine kleine Nachhilfestunde zum Umgang mit dem Smartphone zu bieten hat.

Sinnvollerweise gibt es keinen Eins-zu-Eins-Tausch. Bezahlt wird stattdessen in einer speziellen Währung, mit sogenannten Talenten. Mit zehn Talenten wird eine Stunde Arbeitsleistung erworben.

Wird zum Beispiel jemand für Blumengießen im Urlaub mit Talenten bezahlt, kann er dafür den Rasenmäher eines anderen Tauschpartners ausleihen. Mit dieser Talente-Währung entsteht ein Kreislauf, in dem immer weiter fleißig Talente gesammelt und gegen Fähigkeiten oder Gegenstände eingetauscht werden. Als Anreiz zum Handel schenkt die Nachbarschaftshilfe ihren neuen Mitgliedern 100 Talente als Startkapital.

Das Ziel des Ganzen? "Gegenstände und Dienstleistungen sollen ohne kommerzielles Interesse getauscht werden können", erklärt Hans Heinzel. "Wir achten auch darauf, dass da keine richtigen Händler mitmachen." Die Grundlage solle stattdessen ein Geben und Nehmen auf Augenhöhe sein. Getauscht werden kann alles, was das alltägliche Leben so fordert. Jede Arbeit zähle gleich, aber über allem stehe stets das Prinzip der Nachhaltigkeit.

In Herzogenaurach soll nun eine Untergruppe zur Organisierten Nachbarschaftshilfe in Erlangen-Dechsendorf entstehen. Die Tauschregeln, die Internetplattform, sowie das bereits vorhandene Netzwerk aus 130 Mitgliedern können als funktionierende Basis sofort die Arbeit aufnehmen.

An jedem vierten Donnerstag im Monat soll ein Markttreffen im Generationen-Zentrum stattfinden. Tauschst Du schon oder kaufst du noch?

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