Innenminister Herrmann besucht Asylunterkunft in Hemhofen

14.9.2015, 06:00 Uhr
Innenminister Herrmann besucht Asylunterkunft in Hemhofen

© Athina Tsimplostefanaki

Anstatt des „Prinzips der offenen Scheunentore“ an den Grenzen müssten so schnell wie möglich wirksame Kontrollen und Registrierungen treten, sagte der Minister in die Mikrophone. Beim Durchgang durch die in einer ehemaligen Tennishalle eingerichteten Unterkunft zeigte sich der CSU-Politiker beeindruckt vom Engagement des Helferkreises, von der Zusammenarbeit zwischen Behörden und Institutionen sowie der Spendenbereitschaft der Bevölkerung. „Ich finde es ganz toll, dass sie sich engagieren“, sagte der Ressortchef zu Martina Zunker vom örtlichen Helferkreis.

Kaum hatten Herrmann und sein Begleittross, darunter Landrat Alexander Tritthart, der Herzogenauracher Landtagsabgeordnete Walter Nussel und Hemhofens Bürgermeister Ludwig Nagel (alle CSU) den Eingangsbereich betreten, waren sie von einer Menschentraube umgeben. Der Minister suchte und fand das Gespräch mit den Flüchtlingen, die hier ihre ersten Wochen in Deutschland verbringen. Die Sprachbarrieren wurden mit Hilfe eines arabisch sprechenden Mitarbeiters des Sicherheitsdienstes im Lager überwunden. Woher sie kommen, was sie zuletzt gearbeitet haben, durch welche Länder die Fluchtroute verlaufen ist, das waren die Fragen, die Herrmann stellte. Vor allem die jungen Leute zeigten keinerlei Berührungsängste. Offen, freundlich und entspannt gaben sie sich gegenüber den Besuchern. Ein junger Mann trug ein schwarzes T-Shirt mit der Aufschrift „Kurdistan“. So wie er gaben viele den kurdischen Teil Syriens als Heimat an.

Nach den traumatischen Erlebnissen in den Herkunftsländern und der strapaziösen Flucht bräuchten die Menschen „erst mal einen sicheren Platz und das Gefühl, dass sie angekommen sind“, so Martina Zunker. In der riesigen, zuletzt ungenutzten Halle leben 180 Menschen auf engstem Raum zusammen. Ihre Betten stehen in mit Tüchern und Planen provisorisch abgeteilten und nach oben offenen Räumen, die sich acht oder mehr Personen teilen. Dort verstauen sie auch das, was sie mitnehmen konnten. Die Altersstruktur bewegt sich „zwischen eins und 80“, erfuhr der Staatsminister von Jürgen Seiermann, dem Geschäftsführer der Arbeitersamariter. 40 bis 50 davon seien unter 16 Jahre alt.

Der ASB sorgt dafür, dass im Lager alles rund läuft und organisiert den Alltag. Dazu gehört auch die Versorgung mit Essen, erfuhr Herrmann auf Nachfrage. „Wie funktioniert das mit dem Schulbesuch?“, wollte der Erlanger Politiker wissen. Martina Zunker ist hocherfreut über den Deutschkurs, den der Helferkreis mittlerweile auf die Beine gestellt hat. Auf dem umzäunten Hof zeigte sie auf den blauen Container, in dem unterrichtet wird. Im Freien stehen weitere Container mit Duschen, WC, Küche, Waschmaschinen und Trockner, bald auch eine Spülmaschine. Bei warmen spätsommerlichen Temperaturen hing Wäsche an Spinnen und Absperrgittern zum Trocknen aus.

Im Fernsehinterview vor den Pforten verkniff sich Joachim Herrmann – anders als Tags zuvor einige Parteifreunde, darunter Ministerpräsident Horst Seehofer – allzu harsche Kritik an Angelika Merkels Flüchtlingspolitik. Man müsse jetzt nach vorne schauen, vernünftige Lösungen suchen. Freilich könne der unkontrollierte Zustrom ohne Registrierung kein Dauerzustand sein. Es gelte, die Flüchtlinge mit Anspruch auf Aufnahme entsprechend den Vereinbarungen in den Ländern zu verteilen. Alle europäischen Staaten müssten sich der Hilfe beteiligen, forderte Bayerns Innenminister. Vom Bund verlangt Herrmann Geld für dringend benötigten neuen Wohnraum.

Laut Martina Zunker bleiben die Flüchtlinge meist zwischen sechs und acht Wochen im Erstaufnahmelager. Vorgesehen seien eigentlich nur bis zu vier Wochen. Der Landkreis Erlangen-Höchstadt beherbergt aktuell knapp 1200 Flüchtlinge, unterrichtete Landrat Alexander Tritthart. In Hemhofen habe es wegen der Unterkunft nur in den ersten Wochen Unmut in der Nachbarschaft gegeben, teilte Ludwig Nagel dem Minister mit. Zuletzt sei es „äußerst ruhig“ gewesen. Angesichts all der guten Eindrücke vor Ort lag die Vermutung nahe, der Minister sei bewusst in eine Art Vorzeigeeinrichtung geführt worden.

Aber der Besuch ergab sich aus Herrmanns Terminkalender: Am gleichen Tag hatte er sich mit dem CSU-Bezirksverband in Adelsdorf getroffen, vom Aufnahmelager ging es schnurstracks weiter zur Einweihung eines Feuerwehrfahrzeugs im gleichen Ort.

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