Jahresend-Rallye zu den Altpapier-Containern

4.1.2018, 07:57 Uhr
Jahresend-Rallye zu den Altpapier-Containern

© Foto: Rainer Groh

Am Freitag vor Heiligabend ist es dem 61-Jährigen beim Anblick seiner Garage zu bunt geworden, sagt er. Dort stapelten sich die Kartonagen bis unter die Decke. Er packte sie in den Kofferraum und füllt nun den Wertstoff-Container auf dem Herzogenauracher Mülldeponie-Gelände damit vollends bis über den Rand.

Die Pappschachtel vom Weihnachtsgeschenk für den Enkel, die Verpackung der neuen Skischuhe, der Karton der Wein-Sendung vom Händler seines Vertrauens — der Kunde im Wertstoffhof staunt selbst, sagt er, was sich an Verpackungsmaterial binnen kurzer Zeit so alles angesammelt hat.

Täglich ein Container

Das meiste natürlich ein Abfallprodukt des Versandhandels. Dessen Boom merken auch die Entsorger — nach den Zustellern von der Post sozusagen die Leidtragenden der Entwicklung. Normal, so ist von Mitarbeitern des Herzogenauracher Wertstoffhofs zu erfahren, ist übers Jahr gesehen alle zwei bis drei Tage ein voller Altpapier-Großcontainer. Zurzeit werde jeden Tag ein solcher Container in die Sortieranlage gefahren.

Dies besorgt die Firma Hofmann im Auftrag des Zweckverbands Abfallwirtschaft, dem die Stadt Erlangen und der Landkreis angehörten. Auf den Wertstoffhöfen in Herzogenaurach, in Medbach und an der Müll-Umladestation in Erlangen führt das Unternehmen aus Büchenbach Regie. Altpapier und Kartonagen transportiert Hofmann nach Nürnberg, wo die Firma Rowe, ein Unternehmen der Hofmann-Gruppe, Europas modernste Altpapier-Sortieranlage betreibt. Dort wird jede Ladung in die einzelnen Qualitätsklassen "zerpflückt", letztere dann an Papierfabriken zum Recyclen verkauft.

Zehn bis 15 Prozent mehr Material gibt es alljährlich in der Weihnachtszeit zu bewältigen, sagt auf Anfrage ein Mitarbeiter der Hofmann-Geschäftsführung. Übers Jahr gesehen zeige sich eine weitere signifikante Entwicklung im Zeitalter des Internets: Das Volumen der Papier-Abfälle wächst zwar kontinuierlich, deren Gesamtgewicht bleibt indes fast gleich. Das liege an der Flut der Kartons, aber auch an der Ebbe bei den gedruckten Medien.

In vielerlei Sicht ein Qualitätsverlust, sogar beim Abfall: Bedrucktes Papier sei auch aus Sicht der Recycler hochwertig. Die Nürnberger Sortieranlage ordnet es in die höchster Wertstufe der "deinking"-Papiere, also der Sorte, bei der man Tinte bzw. Druckerschwärze (englisch: ink) entfernt. Diese Papiere lassen sich wieder in der Druckindustrie einsetzen. In Pappkartons ist nicht nur mehr Luft, sondern auch weniger Stoff. Meist wird daraus erneut Verpackungsmaterial.

Nach dem Sortieren werden die Altpapier-Fraktionen aus Nordbayern "in alle Welt" verschickt, wie der Hofmann-Mitarbeiter sagt. Was inzwischen nicht mehr ganz richtig sei, denn der Abnehmer China habe im Zug einige Importschranken auch seine Einfuhr von Altpapier gedrosselt.

So, berichtet der Hofmann-Mitarbeiter, ist für die Entsorgungs- und Recycling-Firmen der ohnehin schon immer sehr "volatile", also wechselhafte Markt für Altpapier angespannt. Es gibt ein Über-Angebot und weniger Abnehmer, was heißt, die Preise sind gesunken. Um etwa 20 Euro pro Tonne liegen diese im Moment niedriger als Mitte des vergangenen Jahres. Und diese Preise verstünden sich stets inklusive Sortierung und Transport zur Papierfabrik. Im Gegensatz zu den Versandhändlern machen die Entsorger der Verpackungen also kein gutes Geschäft.

Das bestätigt auch Silke Knörlein, die Geschäftsführerin des Zweckverbands Abfallwirtschaft, auf Anfrage. Altpapier sei vor Jahren ein recht lukrativer Wertstoff gewesen. Derzeit ist, sagt auch Knörlein, damit aber kein Geschäft zu machen.

Die Geschäftsführerin bestätigt auch das Weihnachtshoch alle Jahre wieder an den Sammelstellen. Und sie bestätigt, dass dafür fast nur noch gebrauchte Kartons sorgen.

Doch, so Knörlein, übers Jahr gesehen, gibt es weitere Hochs: im Februar und März etwa, mitunter sogar im August. Und mehr noch: Betrachte man die Statistik über einen längeren Zeitraum, schlage die Altpapierflut gar nicht so hohe Wellen, wie es zur Weihnachtszeit empfunden werde.

2017 hat der Zweckverband, so Silke Knörlein, 1530 Tonnen Altpapier entsorgt. 2016 waren es 1470 Tonnen. Also nur ein Zuwachs von 60 Tonnen, das sind rund vier Prozent.

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