Kein Happy End für „Bonnie und Clyde“

26.1.2016, 15:55 Uhr
Kein Happy End für „Bonnie und Clyde“

© Foto: Ingrid Jungfer

Eigentlich wollten sie heiraten, hatten schon das Aufgebot bestellt. Kennengelernt hatten sie sich 2013 beim Besuch eines Abendgymnasiums. Sie lebte noch bei ihren Eltern, wollte aber weg von dort. Er war Freigänger, saß eine Haftstrafe von insgesamt dreieinhalb Jahren im Gefängnis Euskirchen ab; unter anderem wegen bewaffneten Diebstahls. Und kehrte eines Tages nicht mehr ins Gefängnis zurück.

Fortan waren sie auf der Flucht, ein junges deutsches Liebespaar ohne festen Wohnsitz und Geld. Sie tauchten unter, verkauften ihre Handys, mieteten sich mehrmals ein, ohne zu zahlen. Machten es mit Mietautos genauso. Sie waren pleite, ließen den Hochzeitstermin platzen, sie war inzwischen von ihm schwanger.

Bald planten sie den ersten Überfall. Dazu kauften sie im Waffengeschäft einen Gasrevolver und ein Pfefferspray; forschten nach Tankstellen, in denen stets Frauen an der Kasse saßen. Am 5. März 2014 begannen sie in Nordrhein-Westfalen mit einer Überfallserie. Und suchten zunächst zweimal nacheinander abends eine Tankstelle in Weyerbusch heim, später dann eine in Hamm, wo ihnen ebenfalls im kurzen Zeitabstand von wenigen Tagen ein Doppelüberfall gelang. 3000 Euro und etliche Stangen Zigaretten hätten sie bei den vier Überfällen erbeutet, sagten sie später vor Gericht aus. Auch die zwei noch folgenden Überfälle haben beide Angeklagte gestanden.

Bei dem in Weisendorf am 20. April 2014 gegen 21 Uhr machten sie jedoch keine Beute. Der Mann floh, nachdem sich die mutige Kassiererin geweigert hatte, ihm Geld auszuhändigen. Die junge Komplizin wartete auf ihn wie stets im in der Nähe geparkten Auto.

Zum immer gleichen Ablauf der Überfälle gehörte auch, dass der Mann sich nie maskierte. Er trat zunächst als unauffälliger Kunde auf, der sich für das Angebot in den Regalen interessierte. Tatsächlich aber beobachtete er den Verkaufsraum und bedrohte stets erst dann die Frau an der Kasse mit Pfefferspray und Gasrevolver, wenn er mit ihr allein war.

Trotz sofort gestarteter Suche, bei der auch ein Hubschrauber eingesetzt war, gelang dem Duo die Flucht. Bald gefasst wurden sie dennoch. In Zwiesel, im Bayerischen Wald, war ihre Räubertour zu Ende. Bald auch ihre Liebesbeziehung, die in der Öffentlichkeit mit der von „Bonnie und Clyde“ aus einem amerikanischen Gangsterfilm verglichen wurde.

Die Richterin am Landgericht Koblenz wollte dem keineswegs folgen. Denn die Taten der Angeklagten wiesen nichts Romantisches auf. Schließlich hätten alle Kassiererinnen unter dem Überfall gelitten und gesundheitliche oder psychische Schäden davongetragen. Eine musste sogar über Monate in eine Klinik. Auch die in Weisendorf habe gelitten. Trug sie doch von den vier Pfefferspray-Stößen schmerzende Hautreizungen davon, so die Richterin.

Die Staatsanwältin hatte sogar zwölf Jahre Haft für den Mann gefordert. Dessen Anwälte hätten dagegen die Hälfte für angemessen gehalten. Der Anwalt der Frau scheiterte mit seinem Antrag, für sie eine Bewährungsstrafe durchzusetzen. Denn die Richterin folgte der Forderung der Staatsanwältin nach dreieinhalb Jahren Jugendstrafe.

Und was sagte das angeklagte Paar? Es war schon lange kein Paar mehr, vielmehr unerbittliche Gegner. Obwohl inzwischen ein gemeinsamer Sohn geboren war. Sie beteuerte, nie das Fluchtauto gefahren zu haben. Er behauptete, dass sie drei Mal gefahren sei. Beim Waffenkauf sei sie nicht dabei gewesen, sagte sie. Er widersprach ihrer Aussage. Sie sagte, sie habe nie bemerkt, dass er Drogen wie Kokain oder Chrystal Meth nahm. Er versicherte, die sechs Überfälle im Drogenrausch begangen zu haben. Aber dafür fehlte jeglicher Beleg.

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