Kinder gehen ins Geld

5.3.2015, 21:47 Uhr
Kinder gehen ins Geld

© Foto: Ralf Rödel

Kinder gehen ins Geld

© Foto: Ralf Rödel

Nach der Mittagspause wird es in der Falkendorfer „Arche Noah“ für wenige Minuten hektisch: Mit geübten Griffen werden die Kinder der „Bären“- und der Spatzengruppe für das Freispiel im Garten ausstaffiert. Wer im Sandkasten spielen will, muss die „Matschhose“ anziehen. Ohne Ausnahme.

Wenige Augenblicke später knirschen Bobbycar, Tretbulldog und Dreiräder über die Terrassenplatten. Ein gewohntes Geräusch für Kindergartenleiterin Sabine Kuck. Ganz genau genommen gilt der bevorstehende Tarifabschluss noch gar nicht für „ihren“ evangelischen Kindergarten.

Die Erzieherin und Sozialpädagogin hofft aber, dass der neue kommunale Abschluss auch auf den kirchlichen Bereich übernommen wird.

Die Vollblut-Erzieherin und zweifache Mutter liebt ihre Kindergartenkinder und den von Oberreichenbach aus wohnortnahen Arbeitsplatz. Dennoch: „Ich fühle mich unterbezahlt.“ Das fällt Sabine Kuck immer wieder bei Gesprächen im Freundeskreis mit Beschäftigten in Büros auf.

Die meist weiblichen Erzieherinnen stellen die größte Gruppe der Beschäftigten im sozialen Bereich. Nach fünfjähriger Ausbildung — davon zwei Jahre an einer sozialpädagogischen Fachakademie — kommen sie auf je nach Steuerklasse auf höchstens 2400 Euro Bruttoverdienst.

Ver.di-Gewerkschaftssekretär Jürgen Göppner hat nur wenig Hoffnung auf ein friedliches Beilegen des Arbeitskonfliktes. In jedem Fall rechnet er mit Warnstreiks und einem möglichen Scheitern der aktuell laufenden Verhandlungsrunden. Als letzte Stufe des Konfliktes käme dann eine Urabstimmung und anschließend — je nach Ausgang — der „Erzwingungsstreik“.

Erzieher stellen die größte Gruppe der im sozialen Bereich Tätigen. Vor sechs Jahren war für sie ein neues Eingruppierungssystem eingeführt worden.

Nach mehreren reinen Entgeltrunden bei den Tarifverhandlungen sei es heuer angesichts „sprudelnden Steuereinnahmen“ Zeit für eine „Aufwertungsrunde“.

Der Gewerkschaftsmann angriffslustig: „Was ist der Gesellschaft die Arbeit der Erzieherinnen wert?“ Und setzt nach: „Wir alle möchten, dass die Kinder nicht nur betreut, sondern auch gefördert werden.“

Skeptisch reagierte der Gremsdorfer Bürgermeister Norbert Walter auf die Zehn-Prozent-Forderung von Ver.di. „Ich glaube kaum, dass das kommt.“ Gremsdorf hat einen kommunalen Kindergarten, für den die neue Tarifsteigerung sofort umgesetzt würde. Noch hofft Walter auf einen Abschluss „in Maßen“. Die Auseinandersetzung solle „nicht auf dem Rücken der Eltern“ ausgetragen werden, die in der Folge höhere Kindergartenbeiträge bezahlen müssten. Die Öffnungszeiten — und damit die Arbeitszeiten der Erzieherinnen — sollen jedenfalls nicht nach einem teuren Tarifabschluss reduziert werden.

„Unmut“ von Eltern befürchtet der Adelsdorfer Rathauschef Karsten Fischkal. Er glaubt, dass nach der Tariferhöhung „wieder an der Gebührenschraube gedreht werden muss. Dann steigen die Betreuungsgebühren im Gemeindekindergarten.

Zugleich zeigte er Verständnis für seine Erzieherinnen: „Gute Arbeit will bezahlt sein.“ Letztlich würden auch die Ansprüche der Eltern an die Erziehung im Kindergarten steigen.

Allerdings gehören die Sozialleistungen wie Kindergarten und Schule zu den größten Posten im Gemeindehaushalt von 14 Millionen Euro. Ihr Anteil: satte drei Millionen Euro.

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