Kleinvieh macht auch Mist

27.4.2015, 17:16 Uhr
Kleinvieh macht auch Mist

© Fotos: Michael Müller

Mit einer Graffler-Legende muss ich gleich einmal aufräumen: Man muss nicht bei den Ersten sein, um das große Geschäft zu machen. Das gilt höchstens für die Käufer, die dann noch ein Schnäppchen machen, das später vielleicht weg wäre. Aber nur selten für die Anbieter.

Denn baut man schon um 5 Uhr früh seinen Stand auf, wird man zwar möglicherweise schon von den „Profis“ bedrängt, aber die wollen garantiert viel zu wenig für die Schätze aus Keller und Dachboden zahlen. Und wird man beim handeln nicht schwach, ist die Einnahmebilanz in diesen frühen Stunden eher mäßig.

So zumindest meine Erfahrungen bei zwei vorhergehenden Flohmärkten in Nürnberg. So schlafe ich diesmal wenigstens ein wenig aus (bis 6 Uhr), um ab 7 Uhr auf dem „Marktplatz“ zu sein. Leider ohne meine üblichen Mitstreiterinnen, was sich prompt als Nachteil erweist.

Alles ohne Sherpa

Denn anders als bei meinen bisherigen Versuchen kann ich hier nicht mit dem Auto direkt vorfahren, sondern muss meine Ware fast 100 Meter vom Parkplatz zu meinem Stand schleppen. Die große Wanne mit Schallplatten, die Bücherkisten und vor allem der Designer-Chromtisch aus den 70er Jahren mit den vier schweren Glasplatten sind wahrlich kein Vergnügen.

Was mir auffällt: Der Herzogenauracher/die Herzogenauracherin ist kein Champion im Feilschen, viele zahlen anstandslos den genannten Preis. Und auch das Wühlen in den Kisten liegt ihm/ihr fern. Dabei kann man doch gar nicht sehen, welche Bücher weiter unten im Stapel liegen.

Ebenfalls begehrt: Die Hartplastiktiere von Schleich. Nur ein paar Experten mäkeln herum: Die seien ja arg „bespielt.“ Ich hatte ja nie behauptet, dass die fabrikneu sind. Zwei Kinder haben Löwen und Elefanten oder Tyrannosaurus Rex und Brachiosaurier in der Tat jahrelang brachial gegeneinander kämpfen lassen.

Eigentlich sind Schleich-Tiere unverwüstlich, doch den T. Rex hat es tatsächlich erwischt: Bruch des Ärmchens. Also landet er mit anderem Kleinkram in der Wühlkiste, aus der sich jedes Kind ein Teil kostenlos nehmen darf. Nicht alle Eltern stehen auf mein Angebot: „Den Krempel hat meiner kistenweise selbst daheim rumstehen“, ruft mir eine Mutter zu und zerrt den Kleinen zum nächsten Stand.

Zum Umsatz: Eigentlich läuft der Laden nicht schlecht, nach der Devise: Kleinvieh macht auch Mist. Und jedes Trumm, dass ich nicht mehr zurück zum Auto schleppen muss, entlastet meine Bandscheiben.

Und am Ende werden meine Stoßgebete erhört. Es findet sich tatsächlich ein Liebhaber für den oben erwähnten Glastisch: Ein Bewohner des Lebenshilfe-Wohnheims hat sich in das Prachtstück verliebt.

Um 11 Uhr bin ich guter Dinge, denn ich habe schon 167,50 Euro erwirtschaftet. Da sollte bis zum offiziellen Ende um 14 Uhr noch ein schönes Sümmchen drin sein. Um 12 Uhr erlebe ich jedoch einen herben Rückschlag. Der Großteil der Händler zieht ab. Liegt das am ganz leichten Nieselregen? „Nein, das ist immer so, länger bleiben die hier nie, weil danach kaum noch was geht“, klärt mich ein Stammgast auf.

Er sorgt für etwas Trost, weil er mir noch eine Küchenmaschine und eine Gesamtausgabe von Kurt Tucholsky abkauft und mir damit am Ende über die 200-Euro-Schallmauer hilft.

Letztlich eine akzeptable Ausbeute. „Marktchefin“ Bea Winkler vom städtischen Freizeitheim ist hingegen nicht zufrieden: 112 Anbieter, die je 7 Euro Standgebühr zahlen, sind ihr zu wenig: „In guten Jahren haben wir schon 160 gehabt.“ Die Aussichten machen mir Hoffnung. Weihersbach, ich komme wieder – dann mit noch mehr Büchern für die lesewütigen Herzogenauracher!

Bildergalerie unter www.nordbayern.de/herzogenaurach

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