Landkreis ERH will Bewusstsein für Behinderte schaffen

8.12.2016, 15:01 Uhr
Landkreis ERH will Bewusstsein für Behinderte schaffen

© Foto: Michael Fischer

Schubladen hat jeder Mensch im Kopf. Darin bewahrt er Vorurteile auf, um andere schnell einzuordnen. Das Ergebnis: Auf Menschen, die man nicht kennt, die irgendwie anders sind, geht man reservierter zu – oder gar nicht. „Diese Schubladen werden erst geöffnet, wenn die Leute sich begegnen“, glaubt Jürgen Ganzmann, der Behindertenbeauftragte des Landkreises.

Er will ein Bewusstsein dafür schaffen, dass alte, gebrechliche, aber auch behinderte Menschen genauso wie Flüchtlinge ein gleichberechtigter Teil der Gesellschaft sind, „das muss man allerdings immer wieder ins Gedächtnis rufen“. Seit 2009 kümmert sich Ganzmann ehrenamtlich um die Belange behinderter Menschen im Landkreis, er berät den Landrat und den Kreistag, aber auch die Behörden. Jährlich nimmt er zu etwa 30 Bauplänen von öffentlichen Gebäuden Stellung, aktuell beschäftigt er sich etwa mit einem neuen Baugebiet, einem Kinderhort, aber auch einem barrierefreien Linienbus.

Hoffen auf die Triebfeder

Barrierefrei sind nach Ganzmanns Ansicht sowieso viel zu wenige Gebäude. Vor allem Praxen seien oft nur schwerlich erreichbar, „dabei sind es doch gerade Menschen mit Einschränkungen, die zum Arzt gehen“. Er hofft, dass die immer älter werdende Bevölkerung eine „Triebfeder“ ist, um den Prozess zu beschleunigen, um die Belange Behinderter weiter in den Köpfen zu verankern.

In den vergangenen Jahren hat der Landkreis laut Ganzmann „einen riesen Schritt nach vorne“ gemacht, seine Arbeit trägt Früchte. Doch zu tun gibt es weiterhin viel. Beackern will er zukünftig vor allem das große Feld der Mobilität. „Für den Job braucht es Ausdauer sowie Überzeugungskraft“, sagt Ganzmann. „Und man muss sehr kompromissbereit sein.“ Denn nicht immer ist genügend Geld vorhanden, um alle Belange zu berücksichtigen, oft ist es auch baulich nicht möglich. Aber: „Gemeinsam kann man vieles schaffen.“

Einen großen Traum hat Jürgen Ganzmann: Dass es seinen Job irgendwann nicht mehr braucht, dass Inklusion für alle Menschen normal ist, niemand mehr benachteiligt wird. Bis dahin ist es freilich noch ein harter, steiniger Weg mit vielen Hürden. Viel greifbarer erscheint da schon das, was Ganzmann einen „Zwischenschritt“ nennt: In jeder Kommune soll es schon bald einen eigenen Behindertenbeauftragten geben. Weisendorf, Adelsdorf, Herzogenaurach und Heßdorf haben einen solchen beispielsweise schon. „Man muss aber ständig dafür werben“, sagt Ganzmann. Der Kampf gegen die Schubladen geht weiter.

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