Landrat: „Wir müssen die Bürger aktivieren“

24.4.2015, 14:00 Uhr
Landrat: „Wir müssen die Bürger aktivieren“

© Karl-Heinz Panzer

Derzeit leben etwas mehr als 500 Flüchtlinge im Landkreis. Doch der Chef des Landratsamtes ist überzeugt, „dass wir uns noch über ganz andere Zahlen unterhalten werden.“ Der Landkreis liege etwa 100 Personen unter der Aufnahmequote, die ihm von der Regierung zugewiesen worden sei. Angesichts der Entwicklung im Mittelmeer rechnet Tritthart mit „rasant“ steigenden Zahlen, seine Behörde habe bereits Wohncontainer nach Buckenhof und Herzogenaurach bestellt.

Die Suche nach geeigneten Unterkünften werde sich angesichts des ohnehin knappen Wohnungsangebotes schwierig gestalten, erwartet Tritthart. „Es ist wichtig, dass wir die Bevölkerung mitnehmen. Wir sind auf Sie angewiesen“, betonte der CSU-Politiker vor seinen Zuhörern, die teils in Vereinen, teils in privaten Initiativen und Helfernetzen aktiv sind. Bislang sei die Stimmung sehr gut, auch „weil wir transparent sind.“ Für die nächste Zukunft gelte: „Wir müssen noch mehr Bürger aktivieren.“ Etwa 200 Personen waren zu dem Empfang am Mittwochabend geladen, die Hälfte etwa war gekommen. Dazu eine ganze Reihe von Bürgermeistern.

Darin, dass sie sich für eine gute Sache ins Zeug legen, bestärkte sie der Gastredner: Sebastian Wetzel aus dem Landkreis Bad Kissingen war in den vergangenen Jahren als Rettungssanitäter für den ASB unter anderem im Nordirak. In der provisorischen Zeltstadt Dormiz, wo Ende 2012 30 000 Flüchtlinge aus Syrien lebten, baute sein Hilfsdienst eine Feldambulanz auf und betreute bis zu 300 Menschen pro Tag. Vieles, was er gesehen hat, hat ihn schockiert. Zum Beispiel Kinder, die sich aus Styropor- und Plastikteilen Kriegswaffenattrappen als Spielzeug gebastelt haben.

Während ein Großteil der Patienten wegen Atemwegsinfektionen und Durchfall in die Praxis unterm Zeltdach kamen, brauchten nicht wenige Traumatisierte auch psychologische Hilfe, berichtete der 35-Jährige. „Nach wie vor gibt es bei uns Leute, die glauben, diese Menschen suchen bei uns nur ihren wirtschaftlichen Vorteil“, stellte Wetzel verwundert fest.

Die von der Bundesregierung definierten Kategorien bei den Hilfe- Suchenden gelten für den Familienvater nicht. Am Rande seines Einsatzes in Bosnien-Herzegowina, wo sintflutartige Regenfälle zu Überschwemmungen geführt hatten, haben freigespülte Landminen aus dem Bürgerkrieg die Bewohner bedroht. Hier von sicheren Herkunftsländern zu sprechen, ist dem Unterfranken unverständlich.

Im heimischen Ebenhausen habe es anfangs auch erhebliche Vorbehalte gegen die ersten dort einziehenden Asylsuchenden gegeben, schilderte Sebastian Wetzel. Aber: „Nicht eines von diesen Vorurteilen hat sich bestätigt. Jetzt sind sie bestens integriert. Man redet sogar von „unseren Flüchtlingen.“

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