Longhorns erteilen FC Bayern eine Lektion

19.10.2014, 20:14 Uhr
Longhorns erteilen FC Bayern eine Lektion

© Foto: Niko Spörlein

Vor dem Spiel gab keiner einen Pfifferling auf die TSH-Korbjäger. Co-Trainer Peter Simon, der wegen einer noch nicht auskurierten Grippe nur zuschauen konnte, meinte beispielsweise angesichts der eigenen Personalnot (neben ihm fehlten bekanntlich mit Monty Rogers und kurzfristig mit dem familiär verhinderten Christian Imberi noch zwei Leistungsträger): „Das könnte heute ein bitterer Abend werden, ich kann mir nicht vorstellen, wie wir das gewinnen können.“

Auf der Tribüne war die Zuversicht verschwindend gering. Merkte der eine TSH-Fans an, dass die Bayern-Youngsters beim Aufwärmen „ja wirklich aus jeder Lage treffen“, fügte eine andere Zuschauerin hinzu, dass jeder Münchner Spieler seinen Herzogenauracher Gegner um Haupteslänge überrage: „Da haben wir doch keine Chance.“

Länge ist nicht alles

Aber gewonnen wird eben nicht beim Aufwärmen, und Größe allein ist selbst beim Basketball – entgegen anderslautender Vorurteile – kein Qualitätsmerkmal.

In den ersten Minuten konnte man aber schon diesen Eindruck gewinnen. Immer wieder brachten die jungen Bayern den Ball zu ihrem Längsten, Daniel Benjamin Mayr (2,17 Meter), der zwar zwei Mal (besonders spektakulär vom fast 30 Zentimeter kleineren Markus Person) geblockt wurde, aber auch zwei Mal spielerisch leicht den Ball versenkte. Auch Mayrs Vater Rolf (Spitzname „Bibo“), der größte Mensch Deutschlands und selbst lange Zeit aktiver Korbjäger, war in der Halle. Der Junior deutete an, dass er der deutlich bessere Basketballer als der immer etwas hüftsteife Papa ist, musste aber schon nach drei Minuten mit zwei Fouls vorsichtshalber auf der Bank Platz nehmen.

Und plötzlich nahmen die Longhorns Fahrt auf, die zuvor fast in Ehrfurcht vor dem großen Namen des Gegners und den großen Kerlen des letztjährigen Vizemeisters erstarrt waren, der eigentlich in die Pro B in den bezahlten Basketball aufsteigen sollte. Fast vier Minuten dauerte es, ehe Adrian Dlugosch den ersten Treffer zum 2:4 markierte.

Enorm bissig in der Abwehr und bestens eingestellt auf die Offensivsysteme des FCB, von denen Trainer Aidin Kabir zwei Videos mit Erfolg analysiert hatte. Denn die technisch starken Talente wussten keine Lösungen mehr, weil die TSH-Männer ihre gewohnten Laufwege clever zustellten. Und dann wurde der vorgesehene Pass eben gespielt, obwohl der Mitspieler gar nicht frei war. Folge: zahlreiche Ballgewinne der Hausherren, die nach dem 0:4 einen 9:0-Lauf hinlegten und nach dem ersten Viertel mit 18:11 führten.

Auch im zweiten Viertel blieb Mayr auf der Bank, die Longhorns um den überragenden Ryan DeMichael, der allein etwa ein halbes Dutzend geblockte Würfe in seiner Statistik aufwies, mussten zwar kurzzeitig die Gäste auf 25:29 herankommen lassen, lagen aber zur Halbzeit mit 38:29 wieder solide vorne. Neben DeMichael, der trotz seiner 2,06 Meter auch drei Dreier cool versenkte, überragten Tempomacher Person und Center Dlugosch, der sich mit viel Einsatz den deutlich längeren Münchnern entgegenstemmte.

Nach dem Seitenwechsel erwartete man allgemein die Aufholjagd des FCB, bei dem Mayr nun wieder im Team stand. Aber Parallele zum Auftakt: Einem Korb folgten zwei schnelle Fouls – und er schmorte bis kurz vor Schluss auf der Bank. Und als er wieder kam, war alles gelaufen. Denn die TSH hatte überraschenderweise alles im Griff. Ein Sonderlob gab es von Kabir für seine Ersatzbank: „Die Jungs haben einen super Job gemacht.“ Julian Patton, Benno Schüpferling und Moritz Hüttel trafen immer dann, wenn es nötig war. Peter Simon: „Unsere Dreierquote heute war gigantisch.“

Da war es auch zu verkraften, dass der Topscorer vom Dienst, Mike Kaiser, offensiv fast ausfiel. Er hatte sogar mehr Fouls als Punkte (fünf zu vier) auf seinem Konto – das gab es wohl noch nie bei ihm! Auch der längst nicht fitte Benny Aumeier foulte sich raus, und weil Person mit einer Oberschenkelzerrung nicht mehr spielen konnte, drohte es eng zu werden. Aber die TSH spielte sich in einen Rausch, während die unerfahrenen Münchner nach ihrem nun kompletten Fehlstart (drei Spiele, drei Niederlagen) einfach kapitulierten.

Chefcoach Kabir, der diesmal zwei Assistenten hatte (neben Simon noch den langjährigen Trainer Angelos Plantzas, der sich mal wieder sehen ließ), war stolz auf sein Team: „Es war unheimlich wichtig, dass wir trotz der Ausfälle daran geglaubt haben, das Spiel gewinnen zu können.“

Schon am nächsten Samstag haben die Longhorns erneut ein Heimspiel. Da geht es gegen Schlusslicht SB DJK Rosenheim. Ein Selbstläufer wird das nicht. Denn erstens muss die TSH dann selbst die Favoritenrolle annehmen, und zweitens wird mit Markus Person ein eminent wichtiger und fleißiger Antreiber ausfallen. Aber dass die Herzogenauracher Bank einige Ausfälle kompensieren kann, hat sie am Samstag eindrucksvoll bewiesen.

Longhorns: Patton 8/2 Dreier, Person 6, Aumeier 6/2, Kaiser 4, F. Simon, Dlugosch 11, Hüttel 5/1, Donhauser 6, Schüpferling 7, DeMichael 20/3.

FCB, beste Werfer: Markovic 12, Edigin 10, Freudenberg 9, Mayr und Jallow je 8.

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