„Milchtankstelle“ sprudelt rund um die Uhr

14.4.2016, 18:34 Uhr
„Milchtankstelle“ sprudelt rund um die Uhr

© Ralf Rödel

„Endlich haben wir eine Tankstelle in der Gemeinde“, freut sich Bürgermeister Helmut Lottes. Aus dem Zapfhahn der neuen „Milchtankstelle“ bei Familie Brandt in Hermersdorf 17 fließt allerdings kein Sprit. Stattdessen gibt es dort frisch gemolkene, naturbelassene Rohmilch – und zwar rund um die Uhr, sieben Tage die Woche.

„Eine Superidee“, findet Kreisbäuerin Evi Derrer, denn nun könne der Kunde selbst dazu beitragen, dass Landwirte einen fairen Preis für ihre Milch bekämen. Ein Euro kostet der Liter an der neuen Milchtankstelle der Brandts — Geld, das direkt beim Erzeuger ankommt.

Die Idee haben Werner, Angelika und Sohn Johannes Brandt von einem Besuch in Unterfranken mitgebracht und waren sich sofort einig: „Das machen wir auch“. Die Milchtankstelle ist so einfach zu bedienen wie ein Getränkeautomat. Man wirft Geld ein, öffnet das Türchen der „Zapfstelle“ und hält eine Milchflasche unter den Stutzen. Ein Druck auf den Knopf, und schon fließt die Milch. Eventuelles Restgeld gibt der Automat brav zurück.

150 Liter Milch fasst der Tank, der sich im Inneren des gekühlten Automaten verbirgt. Hygiene steht natürlich an oberster Stelle. Nach jedem Zapfvorgang reinigt sich der Füllstutzen automatisch, und einmal täglich wird die unverkaufte Milch entnommen, der Tank geschrubbt und frische Milch eingefüllt.

Auf die Milch von gestern freuen sich die Kühe von morgen: Sie wird für die Aufzucht der Kälber verwendet, verrät Angelika Brandt. Diese sind, wie die 55 Milchkühe des Hofes, in einem hochmodernen Stall untergebracht. Dort können sich die Tiere frei bewegen und werden gentechnikfrei gefüttert. „Doch eine solche artgerechte Haltung mit besonderem Augenmerk auf das Tierwohl muss sich auch rentieren“, gibt Juniorchef Johannes Brandt zu bedenken. Für die 30 Cent, die den Bauern bleiben, wenn die Milch auf konventionellem Weg in den Handel geht, könne man nicht kostendeckend arbeiten.

Der eine Euro pro Liter an der Milchtankstelle bleibt dagegen beim Landwirt. Kein Wunder, dass auch Robert Ort, Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbands, vom neuen, pfiffigen Weg der Direktvermarktung begeistert ist. Zudem ist eine Milchtankstelle für den Landwirt deutlich „pflegeleichter“ als etwa ein Hofladen.

Beim Kunden punktet das Konzept mit unschlagbarem Komfort. Zu jeder Tages- und Nachtzeit kann man das kleine Holzhäuschen mit dem Kühlautomaten betreten, in dem bei Dunkelheit per Bewegungsmelder das Licht angeht. Wer kein eigenes Gefäß mitgebracht hat, für den stehen gegen Pfand Glas- oder PET-Flaschen bereit. „Das spart jede Menge Verpackungsmüll“, findet Evi Derrer. Dazu kommt der Regionalbezug: „Direkt gegenüber der Milchtankstelle stehen die Kühe, die unsere Milch liefern“, sagt Angelika Brandt.

Bürgermeister Helmut Lottes erhofft sich von der Idee, dass sie „die Bauern näher zur Bevölkerung bringt“. Mit der Milch funktioniert das dank der neuen Investition der Brandts nun auf jeden Fall. Lieferschwierigkeiten sind nicht zu erwarten: Rund 700 bis 800 Liter Milch geben die Kühe pro Tag.

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