Mühlhausen: Keine Flüchtlinge ins Gasthaus Bär

3.2.2016, 06:00 Uhr
Mühlhausen: Keine Flüchtlinge ins Gasthaus Bär

© Foto: De Geare

Noch vor 14 Tagen sah das Schicksal des Gasthauses Bär ganz anders aus. Im Rahmen einer Bürgerversammlung hatte sich Marco Steinbrink als künftiger Eigentümer der Traditionsgaststätte am Marktplatz vorgestellt und Pläne für sieben Wohnungen präsentiert, die er dort für die dezentrale Unterbringung von Flüchtlingen schaffen wollte. Sogar ein über fünf Jahre laufender Mietvertrag mit dem Landratsamt habe schon vorgelegen. Doch der Vertrag war noch nicht endgültig besiegelt. Jetzt steht der in Gründung befindliche Verein „Kultur-Gemeinschaft Markt Mühlhausen“ für den Kauf in den Startlöchern.

„Wir haben uns unterhalten und waren der Meinung, wir müssen auch für uns etwas tun“, sind die Initiatoren des Vereins, Hermann Gamperling und Reinhard Klaus, überzeugt. „Wir brauchen einen lebendigen Ortsmittelpunkt“. Nachdem ein Antrag auf Nutzungsänderung für das Gasthaus in der letzten Gemeinderatssitzung deutlich machte, dass Wirtin Christa Leidhardt noch Eigentümerin ist, handelten die beiden sofort.

Christa Leidhardt habe ihnen auf Anfrage bestätigt, dass mit dem Eckentaler Investor noch nichts schriftlich besiegelt worden sei, so Gamperling und Klaus. In einer spontan einberufenen Versammlung fanden die beiden daraufhin16 Unterstützer für ihre Idee, das Traditionsgasthaus selbst zu erwerben. Die Bank habe grünes Licht für die Finanzierung des Vorhabens gegeben, berichten Hermann Gamperling und Reinhard Klaus, die daraufhin den Vorvertrag mit Christa Leidhardt unterzeichneten.

Inzwischen ist die Gruppe der Unterstützer auf über 140 Personen angewachsen, die am 17. Februar um 19 Uhr in der Schule in Mühlhausen offiziell den Verein „Kultur-Gemeinschaft Markt Mühlhausen“ gründen wollen. Dieser soll nach der Nominierungsversammlung den notariellen Kaufvertrag mit der Eigentümerin schließen. Viele der Unterstützer lassen sich das Vorhaben offenbar auch etwas kosten. „Wir haben bereits Zusagen über zinslose Darlehen in Höhe von insgesamt rund 200 000 Euro“, berichtet Gamperling. Für 259 000 Euro soll das Gasthaus den Besitzer wechseln.

Mit Marco Steinbrink, dem bisherigen Interessenten für die Immobilie, habe man sich ebenfalls in Verbindung gesetzt, so Gamperling. Er habe Verständnis für das Vorhaben, versichern die Vereins-Initiatoren. Marco Steinbrink selbst bedauert im Gespräch mit den NN, sein Projekt nicht umsetzen zu können, zumal er nach eigenen Angaben bereit gewesen wäre, den Mühlhausenern goldene Brücken zu bauen. Er habe sogar mit Bürgermeister Klaus Faatz über die Möglichkeit gesprochen, die unteren Räume als Gaststätte zu erhalten und im Nebengebäude Platz für die Vereine zu schaffen. Aber „die Leute müssen einverstanden sein“, sagt er. Aufgrund der spürbaren Skepsis im Ort, die auch er selbst unmittelbar erfahren habe, habe er Wirtin Christa Leidhardt nicht sofort vertraglich binden wollen.

Seiner Ansicht nach hätte die Gemeinde viel gewonnen, wenn mit einer Sanierung und dauerhaften Nutzung Leben im Ortskern eingezogen wäre: „Da hätte etwas Gutes entstehen können“, ist Steinbrink überzeugt und betont, weiterhin offen zu sein für Gespräche in dieser Richtung.

Seine Pläne des historischen Anwesens für die Nutzungsänderung will Steinbrink den Vereinsinitiatoren nun überlassen. Diese können zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, welche Arbeiten an dem denkmalgeschützten Anwesen im Herzen der Marktgemeinde vorgenommen werden müssen. Sicher ist: Es müsse viel Eigenleistung erbracht werden. Doch man könne auch auf die ortsansässigen Firmen bauen.

Was der Verein mit seiner künftigen Erwerbung tun will, ist jedoch schon klar umrissen und in der Vereinssatzung festgehalten: Die „Kultur-Gemeinschaft Markt Mühlhausen“ will Tradition und Brauchtum fördern. Dazu gehört unter anderem die Durchführung der Kirchweih, um die sich der Verein kümmern will, bis nach der Renovierung des Gasthauses Bär ein Pächter gefunden ist. Und selbst wenn die Sanierung einige Zeit in Anspruch nehmen sollte, wünschen sich Hermann Gamperling und Reinhard Klaus: „Das Gasthaus soll schnell wieder Treffpunkt für die Bürger und Vereine sein.“ Während der Bauphase will man deshalb auf Ersatzräume im Hinterhof ausweichen.

Für die Vereine sei damit ein unerfreuliches Szenario abgewendet, sagt Gamperling. Diese hatten bereits ihre Kündigungen erhalten. Unter den neuen Vorzeichen werden sich Gesangsverein, Obst- und Gartenbauverein, Motorradclub und Turnverein weiterhin im „Bären“ treffen könnten.

„Man braucht eine starke Gemeinschaft“,

ist Hermann Gamperling überzeugt. Die scheint sich derzeit um ihn und seinen Mitstreiter und CSU-Gemeinderat Reinhard Klaus zu formieren. Und obwohl man mit dem Vorhaben gelegentlich auf Skepsis gestoßen sei („Könnt ihr das schultern?) — Kritik hat es nach Aussage der beiden Initiatoren bisher noch keine gegeben.