Musikalische Begegnung mit Krasnogorsk

4.10.2015, 06:00 Uhr
Musikalische Begegnung mit Krasnogorsk

© Karl-Heinz Panzer

Besuch aus Russland ist in Höchstadt an sich nichts Außergewöhnliches. Seit Jahrzehnten läuft ein regelmäßiger Schüleraustausch mit Krasnogorsk und der Freundeskreis in den beiden Partnerstädten organisiert schon über zehn Jahre lang Besuche und Gegenbesuche. Trotzdem genießt die am Dienstagabend eingetroffene Besuchergruppe aus der Moskauer Trabantenstadt besondere Wertschätzung: „Erstmals sind hier Bürger zu Gast, die sich für die Freundschaft interessieren, und nicht nur Funktionäre“, freut sich Sibylle Menzel, die sich als Vorsitzende des Partnerschaftsvereins ebenfalls zu den Funktionären zählen darf.

Es sind viele junge Leute unter der Gruppe, Studierende, Berufsanfänger, Lehrer, Anwälte, Journalisten und manch andere. Als die bei einheimischen Familien untergebrachten Gäste am Abend des 30. Oktober zum Wirtshaussingen am Petersbeckskeller eintrafen, hatten sie schon einen ereignisreichen Tag hinter sich. Frisch geduscht, aber mehr oder weniger geschlaucht kamen sie aus dem Hallenbad. Zuvor hatten sie in der Kulturfabrik Fortuna zu Mittag gegessen und waren von Bürgermeister Gerald Brehm empfangen worden. Der hatte einmal mehr darauf hingewiesen, dass Kontakte auf lokaler Ebene gerade in den Zeiten wertvoll seien, in denen es in der großen Politik nicht so harmonisch zugehe. Oder, wie Sibylle Menzel sagte: „Wir machen die Putin-EU-Krise nicht mit.“

Teilweise waren die Gäste zum ersten Mal in Deutschland. Andere waren schon einmal beim Schüleraustausch dabei oder haben, wie die angehende Journalistin Lübawa Wirokulowa, bereits Höchstadter Schüler zuhause bei sich beherbergt. Wieder mit dabei ist auch Nina Dyschl, die vor fast 20 Jahren als Rektorin des Gymnasiums Opalicha die ersten Kontakte geknüpft und damit den Grundstein für die Partnerschaft gelegt hat.

Im Petersbeckskeller schnappte sich die Pädagogin ein Akkordeon und stimmte russisches Liedgut an. Wer von ihren Mitreisenden nicht gerade mit den – übrigens hervorragenden – von der Kolpingsfamilie zubereiteten Bratwürsten beschäftigt war, sang aus voller Kehle mit. Austauschpioniere wie Klaus Strienz wissen natürlich, dass an Moskwa und Wolga ein sangesfreudiges Volk wohnt. Also hat der pensionierte Gymnasiallehrer fürs Wirtshaussingen Reinhold Großmann mit seiner Gitarre und Hans Häfner mit dem Akkordeon für diesen Abend engagiert und Stücke aus dem Volksmusikschatz beider Nationen eingeübt. Textblätter waren ebenfalls vorbereitet. Die „Kalinka“ war zu hören, man grüßte vielstimmig von Walter Scheels gelben Wagen und ganz zum Schluss blies der „Wind of Change“ von den Scorpions, der Wendesong schlechthin.

Es roch verdächtig nach Inszenierung, aber völlig überraschend für die Veranstalter stellte sich auch noch heraus, dass Bierkönigin Dorothea I., die ebenfalls ihre Aufwartung machte, auf den Nachnamen „Russ“ hört.

In Begleitung von Höchstadts 3. Bürgermeisterin Irene Häusler machten sich die Wirtshaussängerinnen und -sänger in der Dunkelheit noch zu einem Rundgang über den Kellerberg auf. Geplant war der zeitliche Ablauf etwas anders, was Klaus Strienz mit einem ironischen Hinweis auf das viel gerühmte deutsche Organisationstalent einräumte. Mit Sibylle Menzel und vielen anderen Engagierten aus beiden Städten hofft er, dass auch Besuche von „Ivan und Olga Normalkrasnogorsker“ in Höchstadt künftig nichts Außergewöhnliches mehr sein werden.

Keine Kommentare