Politik, Meerschweinchen und Mitleid

3.2.2017, 14:00 Uhr
Politik, Meerschweinchen und Mitleid

© Foto: Ralf Rödel

In Etzelskirchen ist die Welt aus den Fugen geraten. Die Störche fliegen nicht über den Weiher, nein, im BRK-Seniorenheim am Ortsrand liegt der „Karpfenweiher“ über dem „Storchennest“. Es geht dann aber doch nur um die Namen der Stockwerke. Es wird geschmunzelt im Aufzug, als Heimleiter Jan Pyschny den Bezirkstagspräsidenten Richard Bartsch (CSU) durch die Einrichtung führt.

Zum Spaß ist Bartsch allerdings nicht gekommen. Einmal im Monat besucht er eine der 205 Gemeinden in Mittelfranken, spricht mit dem Bürgermeister und mit den Menschen vor Ort – vor allem in solchen Institutionen, in denen Personen leben, die Geld vom Bezirk beziehen. Neben dem Etzelskirchener Heim schaut sich der 57-Jährige deshalb auch in der Suchthilfeeinrichtung Laufer Mühle in Adelsdorf um.

„Alles kennenlernen“

„Ich will alle Seiten kennenlernen“, sagt Bartsch. Er will wissen, wie sich die oft zitierten Probleme in der Pflege konkret auswirken, neue Wege erschließen, um Menschen für den Beruf zu begeistern. All das erfährt er zwischen den Meerschweinchen im Eingangsbereich, in der hauseigenen Töpferei, der Kapelle oder auch im lichtdurchfluteten Sport- und Bewegungsraum.

Mit Bürgermeister Gerald Brehm hat Bartsch am Morgen bereits Kaffee getrunken. Sie haben über Inklusion gesprochen, aber auch über die internationalen Kontakte der Stadt – beispielsweise ins irische Castlebar und ins russische Krasnogorsk. Solche Verbindungen sind für Richard Bartsch elementar, „Franken ist eben nicht die Insel der Glückseligen, wir brauchen den Austausch in Europa“, sagt Bartsch. Viel werde momentan geredet über fremde Menschen, „man sollte aber nicht nur über Ausländer sprechen, sondern auch mit ihnen reden und andere Kulturen kennenlernen“.

Umdenken erreicht

Ein drängendes Problem hat Bartsch für die Zukunft ausgemacht: Auch behinderte Menschen würden älter, es sei notwendig, auch für diese eigene Heime zu schaffen. Denn diejenigen, die bislang in den Werkstätten wie bei den Barmherzigen Brüdern in Gremsdorf leben, lassen sich freilich nur schwer in die gewohnten Strukturen einbinden. „Das ist eine große Aufgabe“, sagt der Bezirkstagspräsident. Dafür brauche man Geld und Personal, „dabei haben wir es heute schon schwer, Leute in die Berufe zu bekommen“.

Wie das Heimleiter Jan Pyschny in Etzelskirchen schafft? 140 Menschen arbeiten dort, davon 100 Pflegekräfte. „Die Pflege macht sich selbst schlecht“, sagt Pyschny. Dabei sei sie doch

eigentlich ein schöner Beruf, die Gehälter verglichen mit anderen Branchen „auch nicht so schlecht“. Leider würden sich viele dennoch bemitleiden, „aber bei unseren Mitarbeitern haben wir schon ein Umdenken erreicht“.

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