Rasanter Rennsonntag in der Röntgenstraße

14.7.2013, 21:10 Uhr
Achtung, da vorne fährt ein "Heizomat": Jan Wälzlein (rechts) vom gleichnamigen Profiteam aus Unterfranken gewann das Rennen der Elite, das von dieser sechsköpfigen Spitzengruppe bestimmt wurde.

© Giulia Iannicelli Achtung, da vorne fährt ein "Heizomat": Jan Wälzlein (rechts) vom gleichnamigen Profiteam aus Unterfranken gewann das Rennen der Elite, das von dieser sechsköpfigen Spitzengruppe bestimmt wurde.

Um 11 Uhr fiel der erste Startschuss für den „Weidinger-Preis“, das erste Straßenrennen in der Aurachstadt nach 27 Jahren Pause. Und die Herren, die um diese Uhrzeit in die Pedale traten, taten das so energisch, als ob sie diese verlorenen Jahre mit aller Gewalt aufholen wollten. Angetreten waren gemeinsam die Senioren (die meisten jenseits der 45 Jahren) und die Junioren U19.

Doch schon nach wenigen Minuten war klar, dass die „Alten Herren“ nicht zu stoppen sein würden. Kein Wunder bei einem Stundenmittel von 45 km/h. Allen voran Lokalmatador Dieter Terfrüchte. Der 51-Jährige, einst ein erfolgreicher Steher, der sogar einmal den Europa-Cup gewann, hat immer noch nicht genug gewonnen. Und die Kriteriums-Wertung, die gestern angewendet wurde, kam dem Routinier entgegen.

Denn es gewinnt nicht der, der nach 47 Kilometern als Erster über die Ziellinie sprintet, sondern derjenige, der die meisten Punkte holt. Alle fünf (von insgesamt 45 Runden in dieser Klasse) findet ein Zwischensprint statt - und da heißt es, alles aus sich herauszuholen. Dazwischen muss man aufpassen, dass kein Rivale ausreißt und keine Verfolger aufschließen können. Das Ganze auf einem relativ engen, nur 1050 Meter langen Rundkurs, auf dem es stets leicht bergauf oder bergab geht. Vor allem der Zielsprint rührt relativ lange die Röntgenstraße hinauf. Und kommt dann wie gestern Vormittag ein stetiger Gegenwind hinzu, ist das schon eine Herausforderung.

„Permanent am Limit“

Im Vergleich zu einem normalen Straßenrennen sei die Belastung größer, auch wenn der Wettbewerb kürzer sei. Terfrüchte: „Man fährt permanent am Limit.“

Seine Gegner kennt er schon lange: „Man sieht sich ja fast jedes Wochenende.“ Letztlich hatte er die starke Konkurrenz aber im Griff und freute sich über einen „Heimsieg“. Wem (außer seinen Oberschenkeln) er den zu verdanken hat, weiß er auch: „Hochachtung, was der Ingolf Hoffmann und sein Team in den vergangenen Jahren beim RC 94 auf die Beine gestellt haben.“

Er selbst engagiert sich in der Jugendarbeit, aus der mit Peter Förster und Leonard Baum schon zwei vielversprechende Talente hervorgegangen sind. Förster fehlte gestern, weil er kurzfristig ins bayerische Aufgebot für die Oberösterreich-Rundfahrt berufen wurde, Baum, weil er abiturbedingt eine Pause eingelegt hatte. „Der kommt hoffentlich wieder. Nächste Woche nimmt er an der deutschen Bergmeisterschaft teil, Wunderdinge sind da mit Trainingsrückstand nicht zu erwarten.“ Er verweist auf die alte Weisheit, dass „Rennfahrer im Winter gemacht werden“.

Der Nachwuchs konnte sich dann in eigenen Rennen zeigen, und auch hier ging es schon zur Sache. Der bayerische Verbandsjugendleiter Toni Hornung ist mit dem derzeitigen Niveau im Freistaat zufrieden, in allen Disziplinen seien die jungen Radler aus Bayern gut vertreten, „aber die große Masse fehlt schon“, wie er zugibt.

Zur Motivation gibt es eine bayerische Nachwuchsserie, zu der auch das Herzogenauracher Premierenrennen gleich gezählt wird. Und seit vergangenem Jahr sei Radfahren auch am Nürnberger Sportgymnasium, der Bertolt-Brecht-Schule, anerkannt. Vier BRV-Talente gehen dort zur Schule, damit sie ihren Sport professioneller betreiben können.

Noch lange nicht so weit sind die „Jedermannsportler“, die zwischen den Rennen der Lizenzfahrer die Herzogenauracher Stadtmeister ermittelten. Die Werbeaktionen von Hoffmann und Co. an den Schulen hatten weniger Resonanz als erwünscht. Bei den Kindern und Jugendlichen waren die Felder recht klein – und im ersten Rennen der U12 erfuhr ein junger RC-Debütant, dass Radfahren auch sehr schmerzhaft sein kann: Bei der Einfahrt in die Zielkurve wurde er offenbar von einem kreuzenden Passanten irritiert, versteuerte und stürzte ziemlich unglücklich mit dem Bauch auf den Lenker.

Schmerzhafter Sturz

Zunächst gab es besorgte Gesichter, und auch Ingolf Hoffmann eilte zu den ASB-Helfern, konnte später aber verkünden, dass der Junge zwar einige Prellungen erlitten habe, aber „möglicherweise am Montag schon wieder in die Schule gehen kann“. Auch im Senioren-/Juniorenrennen hatte es einen Sturz gegeben, nachdem einem Sportler der Reifen geplatzt war und er dann mit einem Nebenmann kollidiert. Auch hier ging es ohne Brüche ab.

Eines der größten Felder des Tages ging im Jedermannrennen der Erwachsenen auf die Strecke. Hier ging es ebenfalls um Stadtmeisterehren. Diesen Titel sicherte sich Tobias Schrage vom gastgebenden Verein. Bei den Frauen waren nur Auswärtige am Start, so dass sich die Ausrichter einen Pokal sparen konnten. Lieber hätten sie ihn jedoch vergeben.

Denn dank einiger Sponsoren gab es nicht nur kleine Geldprämien für Zwischensprints, sondern auch zahlreiche attraktive Sachpreise neben Urkunden und Medaillen.

Der krönende Höhepunkt des Renntags war dann der Auftritt der Elite, wo mit dem Team Heizomat (aus Motten bei Bad Kissingen) und dem Team Marinbikes (aus dem mittelfränkischen Herpersdorf) zwei Profi-Rennställe der KT (Kontinental)-Kategorie vorführten, wie Teamarbeit funktioniert. Nach einer etwas wilden Startphase kontrollierten die Grünen und die Blau-Weißen taktisch klug das Geschehen im Feld.

Beide waren mit je zwei Leuten in der sechsköpfigen Spitzengruppe vertreten, die sich etwa eine Stunde lang vorne untereinander die Punkte an den Sprintwertungen aufteilte. Allerdings etwas ungleich, denn Jan Wälzlein vom Team Heizomat schnappte sich allein 51 von 60 möglichen Punkten, womit er Wolfgang Brandlmeier (36) von den Marinbikes, immerhin gerade Bayerischer Kriteriumsmeister geworden, deutlich in die Schranken wies.

Nur ein Herzogenauracher war in diesem illustren Feld vertreten – und musste es früh verlassen: Alexander Beck zählt erst zur untersten Lizenzfahrer-Kategorie C. Nach nur acht von 60 Runden hatte ihn der Profi-Express überrundet. Und die Regeln sehen eben vor, dass so früh überrundete Fahrer aus dem Rennen genommen werden. Vor eigenem Publikum sicher keine schöne Erfahrung – aber das war ja nur spärlich erschienen.



 

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