Rentner räumt den Weg frei

17.11.2017, 17:34 Uhr
Rentner räumt den Weg frei

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Die Situation im April dieses Jahres stellte sich laut Anklageschrift wie folgt dar: Ein 33-jähriger Fleischermeister aus Bad Neustadt/Saale war mit seinem Auto in der Schuhstraße in Erlangen unterwegs und bog an der Kitzmann Brauerei in die Südliche Stadtmauerstraße ein. Erst dann bemerkte der ortsfremde Autofahrer, dass hier die Durchfahrt nur für Anlieger frei ist. Also wollte er zurückstoßen, um wieder auf die Schuhstraße zu gelangen. In diesem Moment bog auch das Auto des Rentners in die Südliche Stadtmauerstraße ein. Es sei zwar eng gewesen, aber er habe es geschafft, am Auto des 33-Jährigen vorbeizufahren ohne dieses zu berühren, behauptet der Angeklagte.

Das schildert der Bad Neustädter vor Gericht ganz anders: Der Angeklagte sei hinter ihm in die Straße eingefahren und habe angefangen zu hupen und Beleidigungen zu schreien. "Dabei hat er doch gesehen, dass ich schon zurücksetzen wollte." Schließlich sei der Rentner leicht auf das Auto des 33-Jährigen aufgefahren und habe dessen Auto nach vorne geschoben, bis er vorbei konnte. Als der Geschädigte ausstieg, um mit dem Angeklagten zu reden, sei dieser ihm noch über den Fuß und dann davon gefahren. Er sei verletzt gewesen, und die Reparatur seines Autos habe 600 Euro gekostet, so der Geschädigte.

Seine Freundin, die auf dem Beifahrersitz saß, bestätigt die Aussage des Bad Neustädters im Wesentlichen. Auf Bitten ihres Freundes hin fotografierte sie mit ihrem Handy das davonfahrende Auto des Angeklagten — so ließ sich dieser über das Kennzeichen ermitteln.

Als weitere, völlig unbeteiligte Zeugin, sagt eine 42-jährige Physiotherapeutin aus Erlangen aus. Sie kam zufällig zu Fuß am Ort des Geschehens vorbei. Auch sie schildert, das hintere Auto sei "in Zeitlupe auf das vordere aufgefahren und hat dieses nach vorne geschoben". Als der Fahrer des geschobenen Autos ausstieg, sei das andere vorbei- und weggefahren. Ob dabei der Fuß des Fahrers überrollt wurde, kann die Zeugin nicht sagen. Richter Gallasch bedankt sich ausdrücklich bei der Zeugin, dass sie nicht weg-, sondern hingeschaut habe und bereit war, vor Gericht auszusagen. "Das ist heute nicht mehr selbstverständlich."

Für den Richter ist die Sache eindeutig. Es stünde nun sogar eine Verurteilung wegen eines gefährlichen Eingriffes in den Straßenverkehr im Raum, nicht bloß eine Sachbeschädigung mit Nötigung und unerlaubtem Entfernen vom Unfallort wie im Strafbefehl, betont Gallasch. Dann käme sogar eine Führerscheinsperre in Betracht. Der Angeklagte beharrt zunächst weiterhin auf seiner Version, lässt sich aber schließlich von seinem Verteidiger überzeugen und zieht seinen Einspruch zurück.

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