Rückkehr zum G 9: Lehrkräfte sind erleichtert

1.5.2017, 05:46 Uhr
Rückkehr zum G 9: Lehrkräfte sind erleichtert

© Foto: Weigel / dpa

HÖCHSTADT — Aufatmen im Direktorat: Schulleiter Bernd Lohneiß hat nie ein Hehl daraus gemacht, dass er ein Befürworter des alten neunstufigen Gymnasiums ist. "Die meisten Jugendlichen brauchen einfach das eine Jahr mehr zur persönlichen Reife", hat er oft beobachtet. Nun endlich hat der Ministerrat der bayerischen Regierung das Bildungspaket "Für Bildung begeistern! Fördern, Fordern, Forschen" beschlossen, das auch das Konzept für das neue bayerische Gymnasium enthält. "Wir finden das sehr erfreulich, sehr positiv", betonen Lohneiß und Robert Tichi unisono — mit einem Lächeln im Gesicht.

Auch "2017er" betroffen

Im Klartext bedeutet die Reform, dass ab dem Schuljahr 2018/2019 das neunjährige Gymnasium ab den Jahrgangsstufen fünf und sechs bayernweit eingeführt wird. "Dadurch rutschen auch die Schüler in das neue alte G 9, die in diesem Herbst die fünfte Klasse besuchen", erläutert Lohneiß. Und was ändert sich genau? Das Wichtigste sei: "Alle Schüler können nach neun Jahren das Abitur machen." Gleichzeitig bleibt die Möglichkeit bestehen, weiterhin nach acht Jahren Abitur zu machen.

Hier müssen sich die Schüler der achten Klasse dann entscheiden, ob sie die elfte Klasse überspringen wollen. Wer das will, der erhält in der neunten und zehnten Klasse zusätzlichen Förderunterricht und wird so auf das vorgezogene Abitur vorbereitet. Lohneiß und Tichi finden diese Lösung sehr gut, da diese Kinder dann bis zur zehnten Jahrgangsstufe trotzdem in ihrem alten Klassenverband bleiben. Auch organisatorisch sei dies ganz gut zu regeln.

Rückkehr zum G 9: Lehrkräfte sind erleichtert

© Foto: Maria Däumler

"Im G 8 war nicht alles schlecht", sagen beide Lehrkräfte. Sehr bewährt hätten sich beispielsweise die Intensivierungsstunden in der Unterstufe in den Kernfächern Deutsch, Mathematik, Englisch und in der ersten Fremdsprache. Diese sollen voraussichtlich beibehalten werden. "Wir hoffen es jedenfalls." Genaueres allerdings wisse man noch nicht, die Eckpunkte müssten noch abgestimmt werden.

Was beide aber bedauern, ist die schon feststehende Tatsache, dass im neuen G 9 weiterhin in der sechsten Jahrgangsstufe die zweite Fremdsprache auf die Schüler wartet. "Für viele Kinder wäre es gut, wenn sie in der sechsten Klasse die Kenntnisse in Englisch vertiefen könnten, bevor gleich die nächste Sprache kommt", findet Lohneiß. "Das sagen inzwischen auch viele Fremdsprachenlehrer."

Ansonsten aber müsse am bestehenden Lehrplan für die fünfte und sechste Jahrgangsstufe nicht viel geändert werden, wissen die Pädagogen bereits. Die Lehrpläne für die siebte bis zehnte Klasse sollen bis September 2018 überarbeitet werden, jene für die Jahrgangsstufe elf bis 13 bis zum September 2019. Neu eingeführt werden soll Informatik als Pflichtfach, das wissen die beiden ebenfalls schon.

Positiv sei ferner, dass für die Unter- und Mittelstufe nahezu kein Nachmittagsunterricht mehr anfallen wird, damit hätten die Kinder wieder mehr Kapazitäten für außerschulische Aktivitäten wie Sport oder Musik. Anders als bei der abrupten Einführung des G 8 im Schuljahr 2004/5 bleibe also dieses Mal viel Zeit, die Lehrpläne anzupassen, auch dies sei positiv, so Lohneiß und Tichi.

Die Oberstufe soll nach ihrer Kenntnis weitgehend so bleiben wie im G 8, nur das P-Seminar soll in die elfte Jahrgangsstufe vorverlegt werden, die als Einführungsphase für die Oberstufe gilt. Am Ende der 13. Klasse müssen die Gymnasiasten — wie bisher im G 8 — Abitur in den Kernfächern Deutsch, Mathematik und einer Fremdsprache schreiben, zwei Kolloqiumsfächer seien frei wählbar.

Es gebe aber Überlegungen, dass man die naturwissenschaftlichen Fächer wie Biologie, Chemie, Physik wieder stärken möchte, die im G 8 etwas vernachlässigt wurden. Möglicherweise werde daher künftig das dritte Abi-Fach diesen Bereich abdecken.

Der Trend zur Rückkehr zum neunjährigen Gymnasium habe sich schon seit langem abgezeichnet, berichtet Bernd Lohneiß weiter. Immer mehr Eltern, Schüler und Lehrkräfte hätten das G 9 zurückgesehnt. Das Gymnasium Höchstadt sei ja eine von 47 bayerischen Pilotschulen, die die Mittelstufe Plus derzeit testen: Hier folgt auf die Jahrgangstufe neun die Jahrgangsstufe neun plus, also ein Jahr mehr — wie eben im alten G 9.

Das Plus für "Plus" stieg

Der Prozentsatz derjenigen, die sich für diese Schulform entschieden, "hat sich von Jahr zu Jahr gesteigert", erzählt Lohneiß. Zuletzt hätten sich über 85 Prozent der betroffenen Schüler für die Mittelstufe Plus angemeldet. "Das zeigt deutlich, dass die meisten Schüler die neun Jahre wollen", folgern die Lehrkräfte.

Im nächsten Schuljahr wollen gar nur noch 15 Mädchen und Jungs das bis jetzt geltende G 8 besuchen. Wie man diese eigentlich für eine ganze Klasse zu kleine Gruppe im anstehenden Schuljahr 2017/18 organisieren soll, will Bernd Lohneiß bei einem Besuch im Kultusministerium in München noch klären.

Doch trotz manchen Klärungsbedarfes aufgrund der Einführung des G 9 überwiegt bei allen die Freude — verbunden mit der großen Hoffnung, "dass einfach mal wieder Ruhe an der Schule einkehrt", sagen Lohneiß und Tichi — und sprechen damit wohl vielen Kollegen aus der Seele.

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