Schul- und Vereinssport könnten sich ergänzen

11.10.2015, 09:00 Uhr
Schul- und Vereinssport könnten sich ergänzen

© Archivfoto: Ralf Rödel

„Wir wollen die Kinder schon im Kindergartenalter für den Fußball begeistern“, sagt Werner Paesold, Jugendleiter bei der SpVgg Etzelskirchen. „Mit vier Jahren kann man bei uns in der G-Jugend anfangen“. Und das funktioniert gut. Mit Elan sind die Kinder dabei, wenn in den Ferien das Training beginnt und parallel zum Schulstart der Spielbetrieb anläuft. Schwieriger sei es schon, die Begeisterung für das runde Leder über viele Jahre aufrechtzuerhalten und auch in der B- oder A-Jugend noch stabile Mannschaften zu bilden, weiß Paesold. Zum einen gebe es inzwischen viele alternative Sportangebote, von Basketball über Eishockey bis zu Schwimmen. Zum anderen spüre man deutlich, dass sich schulische Anforderungen und Breitensport ab einem bestimmten Alter nur noch schwer miteinander vereinbaren lassen: „In den 7. und 8. Klassen springen sehr viele ab“, sagt er.

Das bestätigen auch Alexandra Zeuß und Heike Wagener, die bei der TG Röttenbach Kinderturngruppen leiten. „Wir haben großen Zulauf von Kindern im Kindergartenalter — da führen wir sogar Wartelisten“, sagt Zeuß. Dass die Nachfrage im Laufe der Jahre abnehme, liegt für sie allerdings eher in der Natur der Sportart. Entweder entschieden sich die Kinder für Turnen als Leistungssport, oder sie probierten irgendwann etwas Neues aus. Die Möglichkeiten seien ja immens — allein schon innerhalb des Vereins. „Im November bieten wir zum Beispiel einmalig ein Vater-Kind-Turnen an, um neue Wege zu gehen“, sagt sie.

Mit dem Angebot des Vereins in die Schulen zu gehen, kann sich Alexandra Zeuß dagegen nicht vorstellen, obwohl die gebundene Ganztagsschule am Ort Interesse signalisiert habe. „Das schaffen wir zeitlich nicht“, sagt Zeuß. „Die ehrenamtlichen Übungsleiterinnen und Übungsleiter sind ja alle berufstätig.“

Willi Wahl, Vizepräsident Breitensport im Bayerischen Leichtathletik-Verband und 21 Jahre lang Jugendleiter beim TSV Neuhaus, sieht noch ein weiteres Hindernis für Vereins-Engagement in Ganztagsklassen. Er selbst hat in der Oberpfalz an einem solchen Projekt mitgewirkt. Doch die Erfahrung, die die Übungsleiter der Vereine dort machten, war alles andere als ermutigend. Es sei eben etwas anderes, Menschen zu trainieren, die aus eigenem Antrieb zum Verein kommen, als Schüler in Pflichtstunden zu motivieren, resümiert Wahl und bedauert, dass für den Sport als Ausgleich zum Schulstress zu wenig Zeit bleibt.

Bernd Lohneiß, Schulleiter des Gymnasiums Höchstadt, ist sich dieser Problematik bewusst. Und er versucht, an seiner Schule aktiv gegenzusteuern. Mit Sport-Wahlkursen, den Sport-Projektseminaren, der DFB-Junior-Coach-Ausbildung oder der „Bewegten Pause“ soll den Schülern wo irgend möglich Bewegung geboten werden. Und in der AG „Sport nach eins“ können Vereine sich und ihre Sportarten in der Schulturnhalle vorstellen und dabei Schüler für ihren Verein gewinnen. Mit dem TC Höchstadt hat sich hieraus bereits eine Kooperation entwickelt, die dem Gymnasium seit diesem Schuljahr den Titel „Stützpunktschule Volleyball“ und zwei neue Lehrerstunden vom Kultusministerium eingebracht hat. Als nächstes Projekt steht Tennis auf der Agenda.

Hervorgegangen ist diese Art der Zusammenarbeit zwischen Schulen und Vereinen aus dem „Bamberger Modell“, das Lohneiß selbst in den 1990er Jahren initiiert hatte. Damals wie heute ist der Schulleiter überzeugt: „Der Schulsport alleine reicht nicht aus.“

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