So wird Plastikmüll aus dem Meer zum Kassenschlager

6.10.2018, 06:00 Uhr
So wird Plastikmüll aus dem Meer zum Kassenschlager

© adidas

Die Zahlen gehen steil bergauf. Ende 2016 kam der "UltraBoost Uncaged Parley" auf den Markt. Er unterscheidet sich optisch kaum von den anderen Freizeit-Sneakern, die adidas verkauft – bis auf die Herkunft der Materialien, die das Unternehmen als "revolutionär" beschreibt. Das Obermaterial besteht aus Garnen und Fasern, die aus vollständig recycelten Plastikabfällen produziert werden.

Angeregt hat das Projekt die Meeresschutzorganisation Parley for the Oceans (Verhandlung für die Ozeane), die auch adidas angehört. Projektentwickler, Künstler und Wissenschaftler arbeiten hier zusammen für den Schutz der Ozeane.

Ein Paar Schuhe verhindert elf Plastikflaschen im Meer

Jedes Paar Parley-Schuhe verhindert, dass elf Plastikflaschen in den Ozean gelangen. 2017 hat adidas eine Million Paar verkauft. Aber wie kommt das Meeresplastik in die weitere Verarbeitung? Beim ersten Schuh hat die Parley Partnerorganisation Sea Shepherd die Netze, aus denen das Obermaterial für die Schuhe gefertigt wird, bei einer Expedition eingeholt, bei der sie ein illegales Fischerboot verfolgte (wir berichteten). Ein weltweites Netzwerk von Freiwilligen sammelt das menschengemachte Treibgut an Stränden ein, auch Leerfahrten von Speditionen sollen genutzt werden.

"Um die steigende Nachfrage nach Parley Ocean Plastic bedienen zu können, schaffen wir derzeit die operativen Strukturen für die gezielte Beschaffung nachhaltiger Materialien", lässt adidas-Sprecher Oliver Brüggen auf Anfrage wissen. Neben Schuhen gehören zu den Ozean-Klamotten auch Schwimm- und Outdoor-Artikel, die seit Anfang dieses Jahres auf dem Markt sind.

Diese Plastikmüll-Produkte sind geplant

"2018 werden wir den Anteil von Parley Ocean Plastic in unseren wichtigsten Kategorien ausbauen", schreibt Brüggen. "Im Mittelpunkt stehen dabei Laufschuhe und Fußballbekleidung." Rekordmeister Bayern München zum Beispiel setzt beim Champions-League-Trikot für die Saison 2018/19 auf Umweltschutz und schließt sich mit dem Herzogenauracher Ausrüster adidas der Initiative "Parley for the Oceans" an. Die Deutsche Umwelthilfe allerdings sieht das kritisch. "Die Recyclingtrikots des FC Bayern München sind Greenwashing und sollen von den eigenen Plastikmüllbergen im Stadionbetrieb ablenken", meint Thomas Fischer, Leiter Kreislaufwirtschaft.

"Zudem greift der Ansatz zu kurz, die Meere durch das Abfischen von Abfall säubern zu wollen. Tag für Tag landet mehr Abfall in den Weltmeeren als wir überhaupt in der Lage sind abzufischen", so Fischer. "Deshalb sollten Abfälle zuallererst vermieden werden. Denn Abfälle, die nicht entstehen, können auch nicht die Umwelt verschmutzen." Der FC Bayern unternehme dahingehend zu wenig.

Ausrüster adidas ist schon etwas weiter. Er ist im April 2016 in fast allen Geschäften auf Papiertüten umgestiegen. 70 Millionen Plastiktüten weniger gebe es deshalb jährlich auf der Welt, gibt der Konzern an.

'Run for the Oceans' mit tausenden Teilnehmern

Die Planungen für den Verzicht auf Plastiktüten begann 2015, als das Unternehmen seine Partnerschaft mit Parley for the Oceans angekündigt hatte. Als Gründungsmitglied unterstützt der Konzern die Aufklärungs- und Kommunikationsbemühungen von Parley for the Oceans. Neben dem Verzicht auf Plastiktüten hat adidas konkrete Maßnahmen zur Reduzierung des Einsatzes von neuem Kunststoff ergriffen: Seit 31. Dezember 2015 werden keine Mikroplastikteilchen in Körperpflegeprodukten verwendet. In der Konzernzentrale verzichtet man zudem seit dem dritten Quartal 2015 auf Getränke in Plastikflaschen.

Darüber hinaus soll durch Sport das Bewusstsein für den Zustand der Ozeane weiter geschärft werden: Zum zweiten Mal hat adidas diesen Sommer seine "globale Community" zur Anmeldung für einen ‚Run for the Oceans‘ aufgerufen. Auch in Herzogenaurach drehten 2500 Mitarbeiter, Privatleute — und ein Lokalredakteur dieser Zeitung — Runden. Der Konzern zahlte dabei pro Teilnehmer 10 Euro an das "Parley Ocean Plastic Programm".

 

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