Squash mit dem Parapsychologen

5.11.2012, 18:33 Uhr
Squash mit dem Parapsychologen

© Michael Müller

Schon vor der Haustür riecht es nach Räucherstäbchen. Innen hängen die Wände voller Bilder mit esoterischen Motiven, Mantras und Schauspielerinnen – teils eher leicht bekleidet. Auch CDs und Bücher prägen das Wohnzimmer als Dekorationsgegenstände.

Am Tisch sitzt der sogenannte Guru von Ailsbach, der lieber als „Lehrer“ bezeichnet wird. Er sieht sich auch nicht als Teil einer Sekte, sondern einer „spirituellen Vereinigung“. Und diese, so sagt der 53-Jährige, hat sich nicht ohne Grund in dem 300-Einwohner-Dorf angesiedelt. „Hier ist die Energie“, meint er. An seinem Haus träfen sich nicht von ungefähr „alle Katzen von Ailsbach“.

Seine Liebe zu Tieren ist es auch gewesen, die ihn auf den spirituellen Weg gebracht hat. Und verschiedene Schicksalsschläge in seinem Leben. Als Jugendlicher wird er in Erlangen operiert – eine „Nahtod-Erfahrung“ wie er sagt. Als dann später eine Scheidung hinzu kommt, es beruflich nicht gut läuft und er beim Squash einen Parapsychologen kennenlernt, beginnt der heute 53-Jährige, sich von der Welt zurückzuziehen. Er meditiert im Mondschein, geht viel in die Sauna, um sich zu reinigen und spricht mit den Menschen, denen er Tiefkühlkost verkauft, über spirituelle Dinge. Dann verliert er den Job. 1995 zieht er nach Ailsbach. Vier Jahre später lernt er im Supermarkt in Uehlfeld seine jetzige Lebensgefährtin kennen. „Wir haben uns in die Augen geschaut und es war klar.“ Sie bringt drei Kinder mit ins Haus, die später die Sekte verlassen und als Erwachsene in einem TV-Bericht schwere Vorwürfe erheben. Der Guru ist sich keiner Schuld bewusst. Der mittlere Sohn sei abgemagert gewesen durch seine chronische Krankheit – nicht aus Mangel an Medikamenten. Seine Mutter sei immer wieder mit ihm in Krankenhäusern gewesen.

„Ein harter Fall“

Die Mutter der jetzigen „Sektenkinder“ lernt der Guru vor Jahren bei der Mondschein-Meditation kennen. Ihr Mann, der damals noch als Software-Entwickler arbeitet, sträubt sich anfangs, mitzugehen nach Ailsbach. „Du warst ein harter Fall“, sagt der Guru heute und klopft ihm auf die Schulter, „du hattest dich schon fürs Leben zugemacht.“

Bekanntlich ist der 49-jährige Familienvater inzwischen nicht mehr berufstätig. Er will es auch nicht mehr sein, deswegen beantragt er kein Hartz IV – weil das „als System zurückführt in eine Vollzeit-Arbeit“, die er hinter sich gelassen hat. Dafür steht er jeden Morgen um 4.30 Uhr auf, bringt Lebensmittel und sonstige Einkäufe in Ailsbach vorbei und dann „macht er seine Arbeit oben“, wie der Guru sagt.

Die kleine Sektengruppe verschickt Emails an „Promis und Nicht-Promis“. In fünf Zeilen loben sie zum Beispiel Schauspielerinnen oder Sänger für ihre „Aura“ und bitten um Nennung des Geburtsdatums und der Uhrzeit. Wenn Antwort kommt, werden die Mails länger und erklären die Philosophie der Gruppe sowie ihr angeblich größtes Anliegen: Der Kampf gegen den Hunger in der Welt. Der Guru zeigt eine Postkarte der Sängerin Nicole. Sie ist um 3.59 Uhr geboren.

Und er erwartet noch mehr. „Nach der Obama-Wahl kommt die zweite große Welle.“ Viel mehr Menschen als bisher werden in Ailsbach „Hilfe suchen“. „Angelina Jolie wird kommen, Kevin Costner und Madonna auch“, da ist sich der Guru sicher. Eine Schauspielerin aus Würzburg ist bereits seit 1996 in Ailsbach. Auch sie hat sich entschieden, mit dem Guru zu leben.

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