Stallduft und Büroluft

11.2.2015, 12:55 Uhr
Stallduft und Büroluft

© Foto: Edgar Pfrogner

Beim „Arbeitseinsatz“ im Klassenzimmer der 8b legt Malermeisterin Angelika Herrmann-Drebinger selbst mit Hand an. Unterricht nach Maß: Einen Schulvormittag lang verschönern die Achtklässler die Rückwand ihres Klassenzimmers. Mit geübter Hand fährt die Profi-Malerin in gelbweiß eine fast Halbmeter große rote Blüte nach, die zuvor Loreen aus der 8a in Dispersionsfarbe an der Wand verewigt hatte.

Von oben auf der Malerleiter ruft Celina: „Wollen wir hier ein Grün nehmen?“ Diplomatische Antwort der Herzogenauracher Handwerkerin: „Braun wäre schöner“. Und so wird es dann gemacht.

Auch die Jungs Lukas und Daniel gehören zur Malertruppe. Das sei auf jeden Fall besser als normaler Unterricht, verkünden sie unisono. Als Wunschberufe nannten sie aber Industriemechaniker und Techniker.

Das ist auch der Eindruck von Angelika Herrmann-Drebinger. Trotz aller Bemühungen ging ihr Betrieb im Vorjahr bei der Suche nach einem Malerlehrling leer aus.

Die Idee für eine Berufsorientierungswoche hatten vor sieben Jahren zwei Lehrerinnen. „Die Schüler sollen fit gemacht werden für den Bewerbungsprozess.“ Deshalb hatte Barbara Lumbe „viele Firmen angefragt“, ob ein Vertreter in die Schule kommen könnte.

Schreiner Werner Eger, Seniorchef der gleichnamigen Mausdorfer Firma, ist einer von ihnen. „Ich habe meine Lehre vor 56 Jahren begonnen“, erinnert er sich. Tägliche Radfahrten zur Arbeitsstelle in Fürth waren für ihn ganz selbstverständlich.

Welche Fallstricke es heutzutage bei Berufsorientierung und Bewerbung geben kann, führten die ehrenamtlichen Zonta-Helferinnen Susanne Schiele, Barbara Hajduck und Eva Kaindl in Übungen vor. Aus einem mitgebrachten Kleiderhaufen — vom sexy Top mit Spaghetti-Trägern bis zur Löcher-Jeans und „High Heels“ — sollten Schüler die für den Vorstellungstermin passende Garderobe auswählen. Sie zeigten sich dabei nach Aussage ihrer Trainerinnen erstaunlich stilsicher.

Beim Nachmittagstermin auf dem Haundorfer Bauernhof von Christian Nagel musste Kleidung nur eines sein — warm. Aber auch ohne Winter-Parka kam die 13-jährige Rebbecca am Steuer eines Rückewagens ins Schwitzen. Unter genauer Anleitung des Landwirtes hievte sie mit dem Greifarm des Rückewagens vom Traktor aus Drei-Meter-Baumstämme auf die Ladefläche. „Mir zitterten die Hände“, verriet sie danach aufgeregt ihren Klassenkameradinnen.

Frisch geboren

Die andere Hälfte der 16-köpfigen Schülergruppe besuchte derweil im Stall das noch namenlose, erst vier Stunden zuvor geborene Kälbchen. Luigifazio traute sich sogar, das noch feuchte, teilweise Blut verschmierte Kälbchen zu streicheln.

Egal ob Bauer, Bäcker, Bauarbeiter oder Bademeister — die Schüler erleben diese Woche ein breites Spektrum an Berufen. Ergänzt wird diese Berufsorientierung noch von einer Technikrallye für 80 Sechst- und Siebtklässler. An einzelnen Stationen erproben sie ihre Fähigkeiten beim Löten, Bohren, Sägen oder Stanzen.

Die Berufsorientierungswoche wurde auch durch zwei Spenden unterstützt: einen überdimensionierten 1500-Euro-Scheck überreichte Ralf Nadler vom örtlichen Rotary Club. Uwe Breithaupt vom Schulbeirat überreichte 500 Euro vom Lions Club.

Alles für den guten Zweck: Schüler für einen (Handwerks)Beruf zu interessieren. Die passende Erkenntnis steuerte Bürgermeister German Hacker bei: „Handwerk hat goldenen Boden.“

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