Starke Sprinter auf der Weide

12.8.2016, 14:59 Uhr
Starke Sprinter auf der Weide

© Fotos: Roland Huber

Apollo hat den Überblick. Aus über zwei Metern Höhe beäugt er seine Umgebung. Dort ist im Augenblick nicht viel los. Der stolze Straußenhahn kann es also ruhig angehen lassen. Ob er das tatsächlich tut, sieht Alexander Schüpferling auf den ersten Blick. Sucht das Straußenmännchen Streit, färben sich Schnabel und Schienbeine leuchtend rot. Dann sollte man Apollo besser nicht in die Quere kommen.

„Strauße verteidigen sich mit Tritten, und sie treten nach vorn“, erklärt Ivonne Schüpferling. „Der Fuß — eine einzige große Haupt- und eine Nebenzehe mit scharfen Krallen — träfe einen Menschen dann genau auf Brusthöhe. Das kann gefährlich werden“, so die Landwirtin.

Wenn die Vögel allerdings neugierig angelaufen kommen und vorwitzig ihre langen Hälse recken, versteht man sofort, warum das Paar die Strauße ins Herz geschlossen hat.

Angefangen hat alles vor gut drei Jahren, erinnern sich die Schüpferlings. „Wir wollten gerne einmal anderes Fleisch auf dem Teller haben als das selbst erzeugte Schweine- und Rindfleisch. Also dachten wir uns: Wir schaffen uns jetzt zwei Strauße an“. Doch so einfach war die Sache nicht. Wie sich schnell herausstellte, bedurfte es für die Straußenhaltung einer Genehmigung durch das Veterinäramt. Voraussetzung dafür war ein zweitägiger Kurs mit abschließendem Sachkundenachweis.

Also fuhren die Schüpferlings ins schwäbische Donaumoos. Dort, auf einer der größten Straußenfarmen Deutschlands, erfuhren sie aus erster Hand, welche Ansprüche die stattlichen Laufvögel stellen. Zurück im heimischen Mühlhausen krempelten sie die Ärmel auf. Rund ein Hektar Fläche wurde eingezäunt und als Rückzugsplatz ein offenes Straußenhaus gebaut. Nicht als Schutz vor Regen oder Kälte, wohl aber vor Wind. „Den mögen sie nämlich gar nicht“, hat Alexander Schüpferling beobachtet. Als alles fertig war, zogen die ersten Strauße ein.

Inzwischen tummeln sich neun im großen Gehege: Zuchtstrauß Apollo mit seinen Damen Anexa, Ampera und Athene sowie fünf knapp zweijährige Strauße, die bald den Weg ins Schlachthaus nach Sambach antreten sollen. Das Fleisch der muskulösen Vögel ist als Delikatesse begehrt, und bei Schüpferlings werden Steaks, Filet, Braten und Gulasch nach Absprache schlachtfrisch verkauft.

Zwanzig Kilo mageres Straußenfleisch liefert jeder Vogel im Durchschnitt — das ist wenig, wenn man bedenkt, dass ein erwachsenes Tier über 100 Kilogramm auf die Waage bringt. „Die Knochen machen einen hohen Anteil des Gewichts aus“, erklärt Alexander Schüpferling. Auch die enorm zähe Haut wiegt viel und hat als Straußenleder einen ausgezeichneten Ruf. Manche Kunden fragten auch Hals oder Innereien, aber auch Federn nach, ergänzt seine Frau.

Fett sucht man dagegen vergeblich. Das liegt zum einen am selbst produzierten Futter aus Mais, Getreideschrot und Grassilage, das sich die Strauße neben dem frischen Gras auf der großen Weide schmecken lassen. Dort haben sie auch reichlich Auslauf, denn Freilandhaltung ist für die lauffreudigen Strauße Vorschrift. Ein bis zwei Kilo Futter brauche ein erwachsener Strauß, sagt Alexander Schüpferling und erklärt eine Besonderheit der gefiederten Wüstenbewohner: „Strauße haben einen sogenannten Muskelmagen. Sie nehmen zusammen mit dem Futter kleine Steine auf, mit deren Hilfe sie die Nahrung im Magen zermahlen“.

Diese Art der Verdauung birgt auch eine der wenigen Gefahren, die den robusten Vögeln hierzulande drohen können. Verschluckt ein neugieriger Strauß einen zu großen Gegenstand, kann dieser nicht mehr zerkleinert werden. Es bildet sich ein „Magenwickel“, an dem die Tiere meist verenden.

Inzwischen wissen die Schüpferlings eine Menge über Straußenhaltung, aber „wir haben viel Lehrgeld bezahlen müssen“, so Ivonne Schüpferling. „Schließlich gibt es kaum Literatur.“ Auch Strauß-erfahrene Tierärzte findet man nicht überall. Die Mühlhausener Großvögel werden von einem Facharzt für Zoo- und Wildtiere betreut, der sich auch um die Bewohner des Nürnberger Tiergartens kümmert.

In Mühlhausen freut man sich jetzt im Sommer auf den Straußen-Nachwuchs. Eine der drei braun gefiederten Hennen sitzt jetzt tagsüber auf vier Eiern, nachts übernimmt das dunkel gefiederte Männchen. Doch Ivonne Schüpferling weiß, dass die Naturaufzucht in diesen Breitengraden nur selten gelingt. Aus den rund 1,5 Kilo schweren Eiern werden wohl keine Jungen schlüpfen. Deshalb hat sie 25 Küken aus einer Zucht bestellt. „Wir wollen ja expandieren“, unterstreicht ihr Mann. Schon bald soll der Nachwuchs eintreffen. „Wie kleine Igel“ sähen die Küken zunächst aus, mit braun-weiß meliertem Gefieder und ungefähr so groß wie eine Taube. Sind sie dann zu stattlichen Tieren herangewachsen, wollen die Schüpferlings das begehrte Straußenfleisch regelmäßig anbieten, am besten im 14-tägigen Turnus. „Dafür suchen wir noch einen Partner für die Vermarktung“, sagt Alexander Schüpferling. Doch bei aller Liebe für sein zweites Standbein macht sich der Landwirt keine Illusionen: „Die Straußenfarm — sie ist und bleibt eine Nische“.

www.facebook.com/Straussenfarm.Schuepferling
Mehr Fotos unter www.nordbayern.de/hoechstadt

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