Stürmische Zeiten in den Rockies

26.3.2015, 08:56 Uhr
Stürmische Zeiten in den Rockies

© Foto: privat

Auch sportlich war es ein Lehrjahr für die mittlerweile 16-Jährige. Denn war ihr neues Team, die „Banff Bears“, in der vergangenen Saison mit einer Bilanz von 27:3 Siegen höchst erfolgreich, musste man dieses Jahr eine neue Mannschaft aufbauen. Diese 13 Mädchen, darunter eine Engländerin, eine Französin, eine Lettin, eine US-Amerikanerin und eben eine Fränkin, mussten sich erst finden.

„Am Ende sind wir wirklich deutlich besser geworden und haben auch einige Spiele gewonnen“, berichtet Naomi Kuhlow. Rund 60 Spiele hat das Team in dieser recht kurzen Zeit bestritten – so viel Erfahrung hätte sie in Deutschland niemals sammeln können, schon gar nicht in der Randsportart Frauen-Eishockey.

Viele Turniere waren darunter, teils mit langen Busfahrten verbunden. „Oft waren das Showcase-Turniere, bei denen sich die Scouts namhafter Teams nach Talenten umsahen“, so die Lonnerstadterin, die ihre Sportart beim Nachwuchs des Höchstadter EC erlernt hatte – immer mit einer großen Mehrheit von Jungs als Mitspielern und Gegnern.

Weil sie durchaus robust agiert, hatte sie sich in der Heimat einen Namen als Verteidigerin gemacht – und immerhin schon 19 Einsätze für die deutsche U15-Auswahl absolviert. Am Rande der Rocky Mountains, unweit der Olympiastadt Calgary, sollte sie auch bei den „Bears“ vor allem defensive Aufgaben übernehmen.

Doch ihre Trainerin Cathy Schols hatte bald andere Pläne. „Innerhalb einer Woche hat sie mich von einer Abwehrspielerin zur Stürmerin umfunktioniert“, erinnert sich Naomi Kuhlow. Fünf Jahre lang hat sich die Gymnasiastin ausschließlich um die Defensive gekümmert und von keinem Trainer die Chance bekommen, sich auch offensiv zu betätigen: „Ich wusste überhaupt nicht, wie ich mich als Stürmerin bewegen und verhalten muss.“

Nun ist sie bei den „Bären“ zur Angreiferin mutiert und ist durchaus nicht unzufrieden mit ihren Fortschritten in der ungewohnten Rolle. „Drei Tore habe ich schon geschossen“, freut sie sich.

Und, wie schon geschrieben, ist der Kader des Teams aus Banff eher klein. Da steht jede Akteurin fast ständig auf dem Eis, während die Konkurrenz oft mit vier kompletten Reihen aufläuft. „Anfangs war das schon ein Problem, aber wir haben uns dran gewöhnt, dass jede viel Eiszeit hat. Inzwischen finde ich das cool.“

Auch in Kanada ist die Saison fast schon vorbei, nur im Mai wartet noch ein Turnier in Vancouver. Dennoch wird zwei bis drei Mal die Woche trainiert – Eishockey genießt eben im Land der Ahornblätter einen ganz anderen Stellenwert als bei uns.

Anfang April geht es wieder zurück in die Kleinstadt in der Provinz Alberta. Doch schon jetzt gilt es für Naomi Kuhlow eine schwierige Entscheidung zu treffen: Hängt sie ein zweites Jahr in Banff an oder kehrt sie nach Franken zurück? „Das fällt mir wirklich nicht leicht“, gibt sie zu.

Denn in Kanada hat sie zwar ihren geliebten Sport fast rund um die Uhr und ein Team mit Mädchen in ihrem Alter, aber es spielen andere Aspekte ebenfalls eine Rolle – auch der finanzielle: „So ein Auslandsjahr ist ja ganz schön teuer.“

Und es lockt auch die Heimat. Von einer Freundin, die bei den Eishockeyfrauen des ESC Höchstadt spielt, hat sie gehört, dass die „Blue Lions“ eine gute Mannschaft hätten, bei denen es unter dem neuen Trainer Jürgen Turnwald aufwärts gehen soll.

In der Schule würde sie nach dem Jahr in Kanada in diesem Fall die zehnte Klasse wiederholen, weil sie befürchtet, zu viel Stoff verpasst zu haben. Aber noch sind die Würfel nicht gefallen: „Ich bin hin und her gerissen.“

Ganz ohne Eishockey geht es natürlich auch in den Ferien nicht ab: Am kommenden Freitag wird sie sich das dritte Finalspiel der Höchstadter Alligators gegen Lindau anschauen – und irgendwann in den nächsten Tagen auch beschließen, ob sie bei den neuen Freundinnen in Kanada bleibt oder zu den alten an der Aisch zurück kehrt.

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