Vor häuslicher Gewalt in Kneipe geflohen

20.6.2018, 07:00 Uhr
Vor häuslicher Gewalt in Kneipe geflohen

Am Ende geht alles ganz schnell. Als das Opfer nach mehreren Unterbrechungen und Such-Telefonaten nicht aufzufinden ist, beantragt Staatsanwältin Daniela Ruderich Untersuchungshaft für den 29-Jährigen A. (Name geändert). "Es besteht der dringende Verdacht, dass es mit Ihnen zu tun hat, dass die Zeugin nicht erscheint", sagt sie zum Angeklagten. Davor hat Richter Hagen Förster bereits mehrere Zeugen befragt, vorrangig auf der Suche nach der Geschädigten. A. sagt, die Beziehung sei beendet und er wissen nicht, wo sie sei.

Das Pärchen war mehrfach in Höchstadt aufgefallen mit Szenen häuslicher Gewalt. Zwei Vorfälle sind zur Anklage gelangt. Die Vorwürfe beziehen sich auf einen Nachmittag im Juni 2017. Laut Anklageschrift schlägt A. seine Lebensgefährtin bei einem Streit mit der flachen Hand ins Gesicht. Als sie daraufhin ins Bad flüchtet, folgt er ihr, reißt sie am Dutt und stößt ihren Kopf gegen den Spiegel. Es gelingt ihr noch schützend den Arm vors Gesicht zu nehmen. Trotzdem trägt sie blaue Flecken davon. Doch ihr gelingt die Flucht: Sie rettet sich in eine Kneipe gegenüber.

Der Wirt verwehrt A. den Eintritt und wird daraufhin von diesem beschimpft und beleidigt. Der Angeklagte kehrt in die Wohnung zurück und wirft schließlich noch eine Flasche samt Inhalt nach dem Nachbarn. Mehrere Anwohner und Passanten werden Zeugen der Auseinandersetzungen. Als die Polizei eintrifft, beleidigt A. die Beamten.

In Todesangst

Am Tag vor Heiligabend 2017 eskaliert die Gewalt erneut so, dass sie aktenkundig wird. Laut Anklage schlägt A. wieder mit der flachen Hand zu — auf Wange und Ohr. Dann würgt er seine Freundin mit beiden Händen, sodass sie Atemnot und Todesangst bekommt. Es folgen weitere Schläge auf den Kopf und den Oberkörper. Auch mindestens ein Fußtritt soll dabei gewesen sein. Diesmal hat das Opfer keine Chance zu fliehen, denn der 29-Jährige hat die Tür verschlossen. "Ich lasse dich erst raus, wenn du mir die Wahrheit sagst über deine Männergeschichten", soll A. gebrüllt haben. Es gelingt der Geschädigten, eine Freundin anzurufen, die dann um 2 Uhr nachts die Polizei verständigt. Erst als die Beamten eintreffen, öffnet der Angeklagte die Tür. Seine Lebensgefährtin hat Hämatome und Nasenbluten.

Vor Gericht schweigt A. zu den Vorwürfen. Ärztliche Gutachten dokumentieren eine langjährige Suchterkrankung und eine Psychose. Deshalb erwägt Richter Hagen Förster ein Gutachten zur Schuldfähigkeit. Nur: Auch das wird schwierig, wenn weder Opfer noch Geschädigter aussagen.

Die Befragung mehrerer Zeugen — darunter die Freundin, die in der Gewaltnacht die Einsatzkräfte alarmierte — bringt ans Licht, dass A. wohl mehr Kontakt zum Opfer hat, als er zunächst vorgibt. Er habe sie gebeten zu Gericht zu kommen, betont er. Die Zeugin sagt aus, sie habe seine Lebensgefährtin seit zwei Tagen nicht mehr gesehen, nachdem sie zu ihm wollte. Seither hatte die Freundin zwar telefonischen Kontakt mit der Geschädigten, doch am Verhandlungstag ist deren Handy aus. Recherchen in verschiedenen Krankenhäusern ergeben, dass sie dort nicht ist.

"Sie hatte furchtbare Angst vor Ihnen", sagt A. zu Richter Hagen Förster. Bei einem ersten Verhandlungstermin hatte die Geschädigte die Vorwürfe gegen ihren Lebensgefährten zurückgenommen, dann war der zweite Vorfall hinzugekommen, sodass beide Verfahren verknüpft wurden. Obwohl die Beziehung angeblich beendet ist, haben Zeugen sie in seine Höchstadter Wohnung gehen sehen. Das Gericht sieht deshalb die Gefahr, dass der Angeklagte Einfluss auf das Opfer nehmen könnte (Verdunklungsgefahr) und nimmt ihn in Haft.

Die Verhandlung wird am Montag, 2. Juli, um 13 Uhr am Amtsgericht Erlangen fortgesetzt.

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