Wie Kommune ohne „Strabs“ über die Runden kommt

19.1.2017, 17:15 Uhr
Wie Kommune ohne „Strabs“ über die Runden kommt

© Foto: Welker

Ob Straßenausbaubeitrag, wiederkehrende Beiträge oder nur Infrastrukturabgabe, nach dem Kommunalabgabegesetz erheben die Kommunen einmalige oder wiederkehrende Beiträge zur Finanzierung der Verbesserung oder Erneuerung von Ortsstraßen. In Herzogenaurach machen die Freien Wähler und eine Bürgerinitiative gegen die Straßenausbaubeitragssatzung (Strabs) mobil.

„Gute Straßen ohne Straßenausbaubeiträge“ erläuterte der Referent den Gästen. Tatsächlich gebe es auf den Straßen in Rednitzhembach kein einziges Schlagloch. Die Anlieger würden auch nicht zu Straßenausbaubeiträgen herangezogen.

Das ehemals hoch verschuldete Rednitzhembach mit seinen 42 Kilometer Ortsstraßen sei schuldenfrei und die Infrastrukturt saniert. Dies schaffte Jürgen Spahl nach seinen Worten mit seinem Gemeinderat, ohne die Bürger mit höheren Steuern und Gebühren zu belasten, weil er als Bürgermeister die Gemeinde nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen führe. Nicht nur in Herzogenaurach gehe die Beteiligung der Anlieger an den Kosten für die Erneuerung einer Straße in die Tausende. Seit 18 Jahren praktiziere Rednitzhembach die „bürgerschonende“ Variante.

Als Richtschnur dient den Kommunen meist eine Mustersatzung. Diese regelt, wie hoch der Anteil der Anwohner ist. Je nachdem, ob es sich um eine reine Anlieger- oder eine Erschließungsstraße handelt, sind es bis zu 80 Prozent der Kosten. Rednitzhembach umgeht jedoch diese Rechtsvorschrift. Das Gesetz greift nämlich nur bei Verbesserungen oder grundlegenden Sanierungen „in die Tiefe“, nicht bei Reparaturen. Das „System Rednitzhembach“ setze an, bevor die Straße zerstört sei, so Spahl. Sie werde frühzeitig abgefräst und neu asphaltiert.

Voraussetzung: Der Kanal ist in Ordnung und die Wasserführung passt. Wenn ein neuer Kanal nötig sei, gelte ohnehin das „Verursacher-Prinzip“ und die Kosten würden auf die Kanalisation umgelegt. Problematisch seien Schlaglöcher, weil durch sie Wasser in den Untergrund eindringe. Es gefriere und sprenge die Straße auf. Das starre System der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure, in Verbindung mit den technischen Regelwerken für den Straßenbau sei das Hauptproblem. In der Regel erklärten die Ingenieure den alten und nach heutigen Maßstäben zu dünnen Straßen-Unterbau für unzureichend und lehnten eine Haftung ab, wenn der Ausbau nicht gemäß aktuellen technischen Vorgaben erfolge.

Kein neuer Unterbau

Folge: Die Straße werde komplett aufgerissen, neu aufgebaut und die komplette Erneuerung sei deutlich teurer. Nach Auffassung von Spahl ist eine Straße nach 30 oder mehr Jahren so festgefahren und besser verdichtet als ein Neubau. „Da rührt sich nichts mehr und der dicke Unterbau ist nicht nötig“, erklärte Spahl.

So werden in Rednitzhembach die Straßen einfach abgefräst und in einem Zug neu asphaltiert. Falls notwendig werden noch Bordsteine gesetzt, um der Straße einen seitlichen Halt zu geben. Mit dieser Vorgehensweise werde auch die Verwaltung entlastet und spare Kosten, denn niemand müsse sich um Widersprüche oder Klagen dagegen kümmern.

Eine Herzogenauracherin hatte sich über den schlechten Zustand der Straße „An der Schütt“ und über klappernde Gullydeckel beklagt. Sie bekam aus dem Rathaus zur Antwort, dass die Straße eh komplett saniert werde. Diese Art der Straßensanierung sei für die Gemeinde immer noch günstiger als auch nur ein 20-prozentiger Eigenanteil (bei 80 Prozent Bürgerbeteiligung), wie Berechnungen der Verwaltung ergaben. Die Einsparung für die Gemeinde beziffert Spahl auf 30 Prozent.

Nulltarif statt Rechnung

Rednitzhembach habe bislang auf diese Weise über 15 Kilometer des örtlichen Straßennetzes überarbeiten lassen. Gegenüber den andernorts üblichen Straßen-Grundsanierungen mit Bürgerbeteiligung gemäß Strabs habe dies den Bürgern 10,5 Millionen Euro Kosten erspart. Für den Einzelnen heiße das: Nulltarif statt Rechnung.

Auf die Frage eines Zuhörers, was er denn bei einem schadhaften Kanal mache, erklärte Spahl: Die Kanäle würden alle fünf Jahre mit einer Kamera befahren. Sollten Schäden sichtbar sein, erhielten die schadhaften Stellen eine Inliner-Sanierung und es muss nicht aufgegraben werden. „Wir haben in den letzten 28 Jahren keinen einzigen Kanal ausgewechselt.“

Außerdem führen Straßenausbaubeiträge in vielen Gemeinden zu einer Spaltung, die über Jahre andauere. In diesem Zusammenhang kam aus dem Publikum die Forderung, dass alle Bürger zahlen müssten. Denn nicht nur Anlieger nutzen die Straßen. Die Sanierungskosten sollten über die Kfz-Steuer bezahlt werden.

Dass es in Rednitzhembach zu keinen Straßenschäden komme, dafür sorgen Bauhof und Bürger selbst, so Spahl. Die Mitarbeiter des Bauhofs kontrollieren regelmäßig die Straßen. Bürger können auf der Homepage Mängel und Auffälligkeiten melden. Denn gerade Risse und Löcher seien meist Ursachen für den Neubau einer Straße. Dazu komme noch, dass in den fünf Folgejahren die Straßen nicht mehr aufgerissen werden dürften, sei es wegen Leitungen oder Anschlüssen. Denn die allgegenwärtigen Flickenteppiche verursachten weitere Folgeschäden.

Auch in Herzogenaurach wurde die Inliner-Sanierung bereits praktiziert, die Straße ohne Kosten für die Anlieger neu asphaltiert. Auch Kanäle werden immer wieder erneuert, ohne dass Anlieger zahlen müssen. Denn Kanäle und deren Auswechslung werden über Gebühren finanziert. So werden die Anlieger beim reinen Überziehen mit einer neuen oberen Asphaltschicht nicht zur Kasse gebeten. Die Stadt zahlt aus dem Unterhaltsbudget.

Kaum eine Beitragsabrechnung halte einer Überprüfung stand, erklärte Detlef Neudecker, Sprecher der Bürgerinitiative Herzogenaurach gegen Straßenausbaubeiträge.

„Wir können etwas ändern“, warb er für die Petition. Denn Bürgermeister und Stadträte müssten wissen, dass die Bürger eine Änderung wollen. So müsse Druck auf Politiker und Stadtrat aufgebaut werden. „Es muss ein Umdenken stattfinden“, forderte der Stadtrat und Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Manfred Welker am Ende der Versammlung.

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