Windrad in Höchstadt: Einsatz für Umwelt sorgt für Konflikte

9.6.2017, 14:00 Uhr
Windrad in Höchstadt: Einsatz für Umwelt sorgt für Konflikte

© Foto: Iannicelli

Der Wind bläst kräftig und das zwei Meter hohe weiße Windrad auf dem Dach des Einfamilienhauses am Wachenrother Weg dreht sich unermüdlich. Darüber könnte Eigentümer Johann Schulz eigentlich glücklich sein, doch die kleine Energieanlage macht dem Rentner und seiner Frau keine Freude mehr. Die Auseinandersetzung darum füllt inzwischen zwei dicke Aktenordner.

Bei der Gewerbeausstellung in der Fortuna 2012 und ein Jahr später auf dem Höchstadter Marktplatz habe man ein Kleinwindrad der Firma CET Lonnerstadt gesehen und der Entschluss sei gereift, so eine Anlage aufs Dach zu bauen, erinnert sich der 70-Jährige am Wohnzimmertisch.

Zwar sei so eine Energieanlage laut Artikel 57, Absatz 1, Nummer 3b der Bayerischen Bauordnung (BayBO) bis zu einer Höhe von zehn Metern verfahrensfrei, dennoch habe er vorsichtshalber beim örtlichen Bauamt nachgefragt, "ob wir so ein Rad aufs Dach bauen können", so Schulz. Der damalige Amtsleiter sah keine Hindernisse, wollte aber vorsichtshalber beim Landratsamt nachfragen. "Und damit ging der Ärger los."

Bei einem Termin bei der Behörde machte die zuständige Sachbearbeiterin klar, dass die Anlage nicht genehmigt werde — trotz Art. 57 der BayBO. Der einstige Postbeamte konnte nicht recht nachvollziehen, weshalb das so sein sollte. "Ich ließ mich vom Juristen des Haus- und Grundbesitzervereines mehrmals beraten und auch der konnte keine Gründe finden, die gegen das Windrad am Dach sprechen würden." Dies habe er dem Landratsamt mitgeteilt. Und im Frühjahr 2014 habe man eine Kleinwindanlage, Leistung ein Kilowatt, auf dem Hausdach montieren lassen — für rund 3000 Euro. "Den Strom nutzen wir selbst, was übrig bleibt, wird eingespeist", so Schulz. "Uns hat es einfach gefallen, was für die Umwelt zu tun."

Das Windrad arbeite auch ganz leise. "Wir schlafen direkt darunter, wir hören nichts", erzählt Rosi Schulz. "Höchstens mal nachts ein ganz leichtes Brummen", aber das höre man auch von den fünf großen Windkraftanlagen, die zwei Kilometer entfernt im Birkacher Wald stehen.

Dennoch fühlt sich ein Nachbar gestört durch das kleine Windrad – und zwar durch die "Windschattenbewegungen", wie der Klageschrift des Erlanger Amtsgerichts zu entnehmen ist, das der Nachbar in Gang setzte. "Der bewegte Schatten ist nur gegen Abend, wenn die Sonne tief steht, für maximal eine halbe Stunde auf seiner Hauswand zu sehen — und auch nur, wenn die Sonne scheint und gleichzeitig der Wind bläst", erläutert dazu Johann Schulz. Bei einem Ortstermin habe die Richterin eine gütliche Einigung vorgeschlagen: Man solle eine Zeitschaltuhr einbauen, die das Windrad kurz vor Sonnenuntergang immer abschalte. "Wir haben zugestimmt", so Schulz. Der Nachbar aber nicht.

Inzwischen hat das Bauamt des Kreises angeordnet, dass das kleine Windrad "vollständig beseitigt" werden muss. Als Grund wird angeführt, dass die Anlage "aufgrund der relativ kleinen Baugrundstücke geeignet" sei, "der Eigenart des allgemeinen Wohngebietes zu widersprechen". Es seien "Störungen der Wohnruhe aufgrund der kleinteiligen Bebauung nicht auszuschließen".

Zudem sei zwar die Errichtung einer Kleinwindanlage verfahrensfrei, "jedoch entbindet die Genehmigungsfreiheit nicht davon, dass man sich an den geltenden Bebauungsplan halten muss", erläutert der Jurist des Landkreises Martin Hartnagel. Und dieser sehe am Wachenrother Weg keine Windräder vor. Wenn man das möchte, dann könne die Gemeinde ja den Bebauungsplan ändern. Hartnagel weiter: "Wir müssen uns an objektive Kriterien halten" und verweist auch auf ein Schreiben der obersten Baubehörde. "Das Ministerium sieht es genauso wie wir." Ferner gebe es einschlägige Gerichtsurteile zum Thema.

Heißt das, dass Kleinwindanlagen in einem Wohngebiet grundsätzlich nicht installiert werden dürfen – trotz Artikel 57 der BayBO? "Nein, so pauschal kann man das nicht sagen. Das muss man immer im Einzelfall bewerten", betont der Jurist. "In einem Gewerbegebiet oder einem Mischgebiet würde die Errichtung einer Kleinwindanlage sicherlich eher zugelassen werden." Im Zweifelsfalle sollten Bürger, die beabsichtigen, ein Kleinwindrad zu installieren, lieber gleich beim Landratsamt nachfragen, rät er.

Für Lothar Seifert, Geschäftsführer der Firma CET Technology, die die Kleinwindräder vertreibt und die Anlage in Höchstadt gebaut hat, ist die Entscheidung des Kreisbauamtes dennoch nicht verständlich: "Ich habe schon sieben Kleinwindanlagen im Landkreis aufgebaut und nur bei dieser in Höchstadt gibt es solche Probleme." Er habe auch schon viele Bebauungspläne gesehen, aber noch keinen einzigen, in dem explizit drin stehe, dass so ein kleines Windrad gebaut werden darf.

Das jahrelange Hin und Her hat das Ehepaar Schulz inzwischen zermürbt: "Wir lassen unser Windrad jetzt abbauen, weil wir endlich wieder Ruhe und Frieden haben wollen", sagen die beiden. Heute rückt daher die Firma CET an und demontiert das Windrad.

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